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Wenn es stimmt, daß die Bürger Geiseln ihrer Regierungen sind, und ferner zutrifft, daß die Irren die Gesunden kurieren wollen, welche Ordnung ist dann die freiheitlichste?

ach) Demokratie
bäh) Feudalismus
tze) Absolutismus
doo) Sozialismus
eyy) Diktatur
fft) Militarismus
*g*) Minimalismus
hah) Nihilismus
iii) Gottesstaat

Wenn du heute mit Leuten über Fernsehserien von damals redest, egal welche, "Bonanza" oder "Invasion von der Wega" oder "Immer wenn er Pillen nahm", immer sagt irgendwer: "Hab ich auf DVD, kann ich dir leihen", so ganz Besitzerstolz.

Einzig für "Mit Schirm, Charme und Melone" habe ich mal selbst Geld ausgegeben. Alles andere kann ich mir leihen, zum Beispiel "Großstadtrevier". Ein paar Folgen hatte ich mir damals angesehen, wegen der hübschen Polizistin. Kaum ausgesprochen, rief schon einer: "Hab ich auf DVD, kann ich dir leihen." Ein anderer seufzte: "Mareike Carriere", der hatte sich aus demselben Grund die Serie reingetan wie ich. Die hübsche Polizistin, lassen wir es dabei, dann erspare ich mir 2 Mb lästern.

Von Wikipedia ist zu erfahren, daß Mareike Carriere nicht nur bei Film und Fernsehen eine ansehnliche Karriere hingelegt hat, sondern die Pariser Sorbonne als vollwertige Dolmetscherin verließ. Kein Scheiß, Alter! Und später hat sie noch mehr studiert und arbeitet inzwischen auch als Atmungs- und Veränderungscoach. "Guten Tag Frau Carriere, ich heiße Dicki und möchte mich verändern." - "Wer möchten Sie denn sein, Jan Fedder? Oder Arthur Brauss?" - "Oder so." - "Vielleicht sollten Sie erstmal an Ihrer Atmung arbeiten."

Aber Insiderwitz beiseite. "Großstadtrevier" will uns die alltägliche Polizeiarbeit nahebringen, wogegen ich nichts habe, ich finde das sogar interessant. Uninteressant sind leider die Drehbücher. Über dem Bemühen, bestimmte Situationen exemplarisch abzuhandeln, wurde leider die Authenzität der Personen vergessen, so daß das Geschehen oft konstruiert wirkt und das Verhalten nicht folgerichtig ist; als Milieustudie taugen die Folgen nicht.

Und dann dieser gußeiserne Humor. Da guckt man besser "Adelheid und ihre Mörder" - schon der Name Müller-Graf-Kleditzsch ist gold! - und amüsiert sich. "Großstadtrevier" könnte auch "Ohne Witz, Charme und Kanone" heißen. Dabei fällt mir ein: anfangs der 70er, oder waren das späte 60er, gab es "Mit Tennisschläger und Kanonen." - "Hab ich auf DVD, kann ich dir leihen." Also, was man sich alles ansehen muß!

Ich geh gern in den Supermarkt
denn da gibts super Sachen
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Endlich habe ich einen Film mit Zsazsa Gabor gesehen. Jedenfalls in dem Bewußtsein, daß Zsazsa Gabor mitspielt. Und wie! Aber der Reihe nach.

John Huston hat tolle File gemacht; man erinnert sich hoffentlich an "Der Malteser Falke" (Hammet), "Der Schatz der Sierra Madre" (Traven) und "Moby Dick" (Melville), nicht zu vergessen "Die Büchse der Pandora" (ja, wie hieß noch der Autor dieser Mike-Hammer-Reißer?). Aber auch bei "Moulin Rouge" von 1952 hat er Regie geführt und am Drehbuch mitgewirkt.

Tricktechnik war früher Matte Painting, Mehrfachbelichtung, Spiegel und alles, was einfach umzusetzen war und Phantasie erforderte; in "Moulin Rouge" genügte es, den Darsteller des Malers Henri Toulouse-Lautrec auf die Knie zu stellen oder seine Gegenüber auf Plattformen, um die verkürzten Beine glaubhaft zu machen. In "Moulin Rouge" geht es mehr nebenbei um die Kunst, obwohl diese in durchdachten Montagen durchaus zu ihrem Recht kommt; im Mittelpunkt stehen die zwei unglücklichen Lieben von Toulouse-Lautrec und seine Sehnsucht nach Liebe, die aus Enttäuschung in Trunksucht mündet.

Und was ist mit Zsazsa Gabor? Ganz einfach. Sie verkörpert im Film die Sängerin/Tänzerin Jane Avril mit schwülstigen Gesten und ebensolchem Gesang. Das mag der historischen Person entsprechen, aber ich habe den Verdacht, daß Zsazsa Gabor vor allem sich selbst spielt. Und ihr Spiel ist die Stanze für alle Travestiekünstler und alles Schwuchtelgehabe in Reinkultur. In Zukunft werde ich keiner Tunte mehr begegnen können, ohne die Gabor vor mir zu sehen. Nur - inwieweit ist sie das Original, inwieweit ist sie schwulen Zeitgenossen von damals nachempfunden?

Tatsache ist, daß ich sie mit ihren gefühlten hunderttausend Ehen immer schon als schwulen Kitsch empfunden habe, sogar noch bevor ich überhaupt wußte, was das bedeutet. Sagen wir, es ist unecht, aber amüsant, solange die betreffende Person weiß, daß es gespielt ist. Wenn es gut gespielt ist. Dann ziehe ich den Hut - und biete ihr einen Cognac an, als Dicki Toloose-Lautrec.

Immer wieder werde ich aufgefordert, doch mal über dies und das und auch jenes zu schreiben. Neulich fand jemand die Zusammenstellung von Gurkenmaske, Bierdeckel und Funkmaat eines Dicki würdig. "Schreib doch selbst," sagte ich, "ist doch deine Idee." Denkste. - "Aber bei dir ist das immer so komisch!" - "Dann frag doch Herrn Twiggs, der kann das auch, ist aber jünger." - "Das ist dann aber nicht der wahre Dicki!"

Da gehen mir immer die Argumente aus und ich frage mich, weshalb ich überhaupt solch irrwitzige Diskussionen zulasse. Wer nicht selbst schreiben kann, soll die Schnauze halten und dankbar sein für alles, was er zu lesen bekommt. Wenn ich richtig ins Schäumen geraten bin, stelle ich mir knallharte Diskriminierung vor, und zwar als eine Tyrannei der Schreibenden über die Lesenden, oder, auf den Punkt gebracht: der Künstler über die Konsumenten.

Dann bebe ich vor Bitterkeit, doch plötzlich öffnet sich die Wundertüte des Lebens und beschenkt mich mit einem Erlebnis, das mich milde stimmt und auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben verweist. Zum Beispiel heute morgen:

Im Halbschlaf hörte ich Geräusche. Da redete doch jemand? Versuchsweise hob ich die Augenlider ein wenig an, es dunkelte noch. Wo kam denn nur das Reden her - es klang entfernt und doch nah. Wie Radio aus headphones, die man nicht aufgesetzt hat. Oder wie Handygebrabbel. - Einbrecher?! Vom Halbschlaf stürzte ich in den Wachzustand. Einbrecher mit annem mobile phone kann doch aber irgendwie nicht sein.

Mein Laptop! Den hatte ich über Nacht nicht ausgeschaltet und nun lief da vermutlich irgendein Programm. Oder nee. Was sagte die Stimme denn eigentlich. Ich lauschte. Lauschte auf vertraut klingende Worte, konnte aber nichts verstehen.

Dann wußte ich es: eine Amsel auf dem Balkon. Die ihr Lied nicht hinausschmettert, sondern verhalten singt. Ich sank zurück in die Kissen, hörte ihr zu und schlief beruhigt ein.

 

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