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Vor rund zwanzig Jahren sah ich in einem Spezialitäten-Kino "Othello" von und mit Orson Welles; die Spezialität daran war der Vortrag eines Filmstudenten über spezielle Eff Aspekte diese Films, und er - dem Anschein nach war er männlichen Geschlechts, obwohl er nach heutigen Maßstäben sonstwelchen Genders hätte sein mögen wollen - er also verkündete als Fazit seines Ausflugs in die Theorie der theoretischen Bildtheorie, daß man Orson Welles mit Fug und Recht als Meister der Diagonale bezeichnen könne.

Das mag können, wer will, mich interessieren am Film aber Diagonalen, Parallelen, Dreiecke, Hyperbeln und Paralypsen am allerwenigsten; das mögen Filmstudenten unter sich ausmachen. Vom Film habe ich keine Ahnung, und erst recht nicht von der dazugehörigen Technik. Deshalb beschränke ich mich auf die erzählte Geschichte und ggf. eindrucksvolle und eventuell aussageträchtige Bilder. Mister Welles, er konnte es nicht lassen, hat auch da wieder ungewöhnliche Kameraperspektiven finden müssen, ohne aber die Kraft der Originalschauplätze an verschiedenen Orten Nordafrikas zu entkräften. So bleibt Shakespeares Othello mit teils tollen Bildern in der Interpretation von undsoweiter.

Ich kam darauf, weil es seit vier Jahrzehnten (in Deutschland) Filmhochschulen gibt, die gelegentlich einen Könner (Könnerin, jaja) hervorgebracht haben, welche aber ohnehin ihren Weg gemacht hätten, weil sie das Talent, das Interesse und die Besessenheit schon mitgebracht hatten. Ganz wie die alten Meister, die durch ständiges Filmgucken und learning by doing zu Vorbildern der Filmstudenten avancierten, ohne je ein Seminar irgendeiner Fakultät besucht zu haben. Denn das Talent bricht sich Bahn, den Untalentierten bleibt seelenlose Technik, weshalb sie so gerne banale Aussagefilme machen.

Freunde empfahlen mir Blue Velvet, ich quälte mich durch Langeweile in Spielfilmlänge. Dabei hat David Lynch noch das Verdienst, durch die Verwendung aufregender Musik im Soundtrack von "Lost Highway" die Band Rammstein in den USA einem breiterem Publikum bekannt gemacht zu haben. Rammstein äußerte sich positiv über Lynch, aber das ist deren Sache. Mir sind Aussagen so wertvoll wie Diagonalen durch die Befindlichkeiten diverser Nachkriegsgenerationen.

Bombenanschlag auf ein Polizeirevier im türkischen Gaziantep, ein Polizist stirbt. Dazu SpOn: "Erst vor gut einer Woche hatte Bundeskanzlerin Merkel die Stadt besucht."

Neulich hatte ich wieder einen dieser bescheuerten Träume, die man sich nur zu erzählen traut, wenn eine Dicki-Maske für Anonymität sorgt, echt! Da bat mich so eine Zuckerbiene, mit der ich traumweise zusammenlebte, Karten für das Pussy Riot-Konzert zu besorgen.

"Willst du nicht lieber zu den 'drei Schlunzen' gehen?" fragte ich. Sie: "Ich dachte Pussy Riot seien für dich 'Die drei Schlunzen', du Anchovi". Bevor mir der Traum eine geharnischte Erwiderung erlaubte, stand ich schon an der Abendkasse vom 'Aladin Sane' und war unsicher, ob ich nun Karten für Freitag - Die drei Schlunzen - oder Sonntag - Pussy Riot - kaufen sollte. "Was ist," sagte der Kassenmann, "willst du rein oder nicht; 33,45 hier und heute." Salman Rushdie's Russian Mission las ich auf dem Anschlag und rief "Da ist das Geld" und eilte hinein.

Erstmal hatte ich die Mission pissen, aber auf "Herren" waren die Kabinentüren ausgehängt, unterm Pissoir winselte jemand "strull mich voll, mach mich nass" und überall fickten schwule Jungs mit Sonnenstudiobräune und martialischem Haarschnitt, die mich Schwanzlutscher und Arschficker nannten, sobald sie mich erblickten. Deshalb probierte ich "Damen" und sah und hörte niemand außer ein bißchen Heterogestöhn aus der Nachbarkabine. Erleichtert kehrte ich in den Saal zurück, bewunderte das Ordnungspersonal in seinen schicken schwarzen Uniformen mit dem durchgestrichenen Hakenkreuz, und ließ mir einen Gay Piranha mixen. Dann fing auch schon der Auftritt an.

Salman Rushdie hat (jedenfalls für meinen Geschmack) ein paar gute Sachen geschrieben, aber inzwischen ist er ne fette Sau geworden, das war mein erster Eindruck. Dann bemerkte ich, daß er ein Roboter 'Made in Japan' ist, davon abgesehen wie eine dieser schlechten Nachbildungen von Madame Tussaud's aussieht und in deutscher Sprache singt. Als Einstieg einen Tanzknaller von 1976, aber mit derart renitentem Text, daß ich fluchte: "Ai Wei Wei, wenn jetzt alle diese hochdissidenten Künstler auf Russlandkurs gehen, dann wird die Koalition der Willigen den Legionen von Willigen empfehlen, Russlands flotten Vladi zum neuen Hitler zu krönen, und dann..."

Die schiere Wucht des Songs, der jetzt "In Russland" heißt, ließ mich nicht zuende fluchen. "Putin hat das Volk versklavt!" legte der Rushdie-Robot los, "doch es ist nicht länger brav!" Hört hört. "Männer Frauen einerlei, hört mich an und kommt herbei: Pornographie-ie ma-acht freeei-freeei-freeeeeei: in Russland!"

Kaum hatte ich den ersten Buh-Ruf getan, schleiften mich zwei der Flüchtlinge, die man auf Ein-Euro-Basis in diese schicken schwarzen Uniformen mit dem durchgestrichenen Hakenkreuz gesteckt hatte, ins Kellergeschoß. Wer ich sei, fragten sie in fremder Zunge. "Je suis Dicki!". - "Ali, buma ye," sagten beide zu einem dritten, einem brat with a baseball bat, und ich beeilte mich mit dem Erwachen. - Das war knapp.

Zum x-ten Male sehe ich die Reklame einer bekannten Imbißkette, in der ein junger Mann, der aussieht wie zigtausend andere, sagt: "Wie sind nicht irgendwer" und in einen Burger beißt, der aussieht wie hunderttausend andere und fortfährt: "und wir essen nicht irgendwas". Weshalb sollte er nicht in den Chor einstimmen, der da ruft: "Wir sind bunt! Wir leben Vielfalt!". Der moderne Spießer hat Zivilcourage bis in die Haarspitzen, solange er nach Millionen zählt.

Wenn der 8. März der Weltfrauentag ist, dann sind wohl die übrigen Tage des Jahres Weltmännertage? - Gott weiß, ich möchte keine dieser Frauen und keiner dieser Männer sein.

 

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