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Vorgestern waren wir Papst, gestern waren wir Charlie, irgendwie sind wir immer noch Merkel irgendwo, und jetzt sollen wir Orlando sein? Also ich bin immer noch Dicki, und nach dem planlos wirkenden ersten Spiel Belgiens bei der Europameisterschaft 2016, das ambitioniert wirkte, aber auch seelenlos, bin ich der Meinung, wir sollten einfach mal für fünf glorreiche Minuten Italien sein: schnelles, direktes Spiel, wenn sich die Möglichkeit bot, Ball halten, wenn es keine Anspielmöglichkeit nach vorne gab, jederzeit Anspannung und Leidenschaft - Fußball muß gelebt werden, dann haben auch die Zuschauer etwas davon. Ah, bella Italia! - Und im Endspiel wird die deutsche Mannschaft Europameister, weil sie einfach noch ein bißchen mehr drauf hat. Aber wir werden sehen.

Italien schießt Belgien 2:0 ab, das hätte heute für meinen persönlichen Autokorso genügt, nur bin ich leider kein Automobilist, da muß ein Jubelschrei beim Siegtor Italiens genügen. Paßt gut zu meinem gestrigen Einfall einer Antifa-Hymne, die rhythmisch von einem "Du-ce Du-ce Du-ce"-Chor getragen wird. Wie auch immer, wenn wir überhaupt irgendetwas sind, dann deutsch. Wenn nicht, dann einfach gar nichts. Nur Nullen, die auf eine führende Eins warten, damit sie etwas wert zu sein scheinen. Insofern könnten meinetwegen auch die Färöer-Inseln die Europameisterschaft gewinnen. Oder die Lofoten. Die Hebriden. Die Leoniden. Ist doch wurscht. Hauptsache Authenzität.

oder schlicht Coogan's Bluff im Orignal. Coogan (Clint Eastwoods erster Film unter der Regie von Don Siegel) ist Sherrif oder Deputy oder überhaupt irgendwie Polizist in Arizona und jagt mit seinem Dienstjeep nach einem Indianer, der auf einem Hügel mit Gewehr im Anschlag auf den Verfolger wartet. Ah, ein Western! rufen die Vorschnellen; nee! ein New York-Film zischen die Vorlauten. Jedenfalls:

Der Indianer schießt beim ersten Versuch daneben, Clint, der mit seinem Jeep durch ein Zwischending aus Wüste und Prärie angeholpert kam, dreht ein paar scharfe Kurven und flitzt im Schutz der so entstandenen Staubwolke zum Hügel. Bevor der Indianer die Frage, wo das Bleichgesicht geblieben ist, zuende gestellt hat, wird er schon entwaffnet und in Handschellen gepackt. Ab gehts zu
Clints Freundin, die Rothaut wird auf der Veranda angekettet, bekommt die erbetene Zigarette nicht, und muß sich die Liebesgeräusche aus dem Haus anhören.

Damit ist klar: Clint ist als Polizist eine große Nummer, er ist ein Frauenheld , und er ist ohne Mitleid. Weil er auch die Dienstvorschriften nicht immer beachtet, ist sein Chef froh, ihn nach New York ("Hab ich doch gesagt!" - "Schscht!") zu schicken, um einen John Ringerman abzuholen, der irgendwann irgendwas irgendwie in Arizona angestellt hat und dort vor Gericht erscheinen
soll. Und nun geht es los: Der Held vom Lande in der großen Stadt (mit vielen kleinen Episoden, die wir hier überspringen). Der zuständige Kriminalbeamte erklärt Clint, daß Ringerman auf der Krankenstation liegt und nicht transportfähig ist. Außerdem sind da noch viele nette kleine Formular mit Anträgen auszufüllen, dann muß noch irgendwer Offizielles zustimmen und dann, und erst dann und nur dann, kann Clint seinen Mann mitnehmen.

Das ist einfach zuviel für Clint, zuviel Komplikation, zuviel Bürokratie und zuviel Stadtneurotiker. Also holt er Ringerman auf eigene Faust ab, wird ausgetrickst und bekommt eins über die Rübe. Abgang Clint in die Ohnmacht, Abgang Ringerman in ein Versteck. Die Schmach läßt Clint nicht ruhen, und nach dem Anschiß vom zuständigen Kriminalbeamten macht er sich allein auf die Suche.
Der Zufall führt ihn zur Bewährungshelferin Ringermans, mit der er ein Abenteuer versucht, aber auf Neurosen stößt, dafür findet er Unterlagen über R.s Freundin und R.s Mutter. Bei letzterer dominiert Mutterliebe über Gesetzestreue, aber unfreiwillig verrät sie doch etwas und keift danach Clint an: "Sie mit ihrem Angeberhut!"

Halt, jetzt habe ich meinen Lieblingsspruch übersprungen. Über R.s Freundin sagt sie: "Oh, that's Linny Raven. She's a certified Ding-Dong." Schön, also weiter. Mit Linny klappt das Abenteuer, doch anschließend schleppt sie ihn in eine Billiardkneipe, wo R.s Kumpane stecken. Und Clint darf sich mit Queue und Kugeln mal so richtig einer gegen fünfzehn austoben. Die Polizei rückt an, bevor der Kampf entschieden ist, und Clint rückt ab. Der zuständige
Kriminalbeamte findet am Ort des Geschehens Clints Angeberhut und ist erstmals beeindruckt, der Polizist vom Lande hat jedenfalls Schneid.

Dann erfahren wir endlich den Grund für den Mangel an Mitgefühl: "Mitleid ist rot, rot wie Blut." Und Clint erzählt von einer Mitleidsregung eines Freundes (Ha! er selbst natürlich), die ihm eine schwere Schußverletzung einbrachte. Und dann läßt er sich von Linny zum Versteck führen, irgendwo in einem Parkgelände in New York, es gibt eine tolle Jagd auf Motorrädern über schmale Parkwege, bis Clint den andern umschmeißt und verdrischt und fesselt. Der zuständige Kriminalbeamte, rechtzeitig am Ort der Festnahme, erklärt Clint noch einmal die Prozedur mit dem Warten, den Formularen und der Genehmigung, und diesmal hat Clint kapiert.

Am Ende des Films steigt er mit Ringerman in den Helikopter auf dem Dach des PanAm-Gebäudes, steckt sich eine Zigarette ins Gesicht - und bietet Ringerman auch eine an. Schöne Schlußpointe für einen Film mit großer Action (für 1967), voller lebendiger Nebenhandlungen und nicht einmal zwei Sekunden Stummfilm, in
denen Don Siegel klarmacht, daß er lesbische Liebe verabscheut. Wenn man diese Einstellungen, die Rauch-, die Essens-, die Indianer-, die Verbrecher- und die Mann/Frau-Szenen rausschneidet, kann man auch einem politisch korrektem Publikum sagen: Großes Kino. Nur leider sehr kurz.

Vorhin, im Kulturcafé, beim Tagesmenü, du weißt schon, alles vegan, da quatscht mich so ein Alter an, voll überlegen, echt Herrenmensch, ey, voll der Nazi: "Ich hab gelesen, es gibt jetzt auch vegane Kleidung." Und dabei so freundlich getan.

"Ey Alter," sag ich, "die gibt das schon lange, und das haben wir uns erkämpft." - "Dann gibt das wohl bald auch vegane Smartphones?" Da bin ich ausgetickt: "Wenn die vegane Revolution erst siegreich ist, dann wirst du schon sehn, Alter. Und mit den Vegetariern, diesen Verrätern, werden wir auch aufräumen!"

Der machte immer noch auf freundlich: "Sind ihre Eltern Vegetarier?" - Sag mal, woher kann der das wissen, ist der bei der Polizei oder so?

Jahr um Jahr komme ich während der Fahrradsaison mehrmals an einem Dutzend neuer Einfamilienhäuser vorbei (die inzwischen nicht mehr ganz so neu sind) und dem gegenüberliegenden Abenteuerspielplatz, einst etepetete, heute vom Gammel bedroht. Dort waren nie Kinder zu sehen, so daß ich Jahr um Jahr fragte, weshalb nie Kinder auf diesem Spielplatz sind. Endlich weiß ich es: diese Kinder sind kleine Bestien, die nur in strengem Arrest gehalten werden dürfen, aber gelegentlich doch ausbüxen. Deshalb gibt es eingangs der Siedlung jetzt ein Hinweisschild für Ortsunkundige: Achtung, Kinder!

Eine Beamtin des LKA ist im Umfeld der Roten Flora in Hamburg enttarnt worden. Daß es Undercover-Leute bei den Linken gibt, ist nicht neu, und das Geheule über die Verbindungen des Verfassungsschutz zur NSU hat mir deshalb nur ein grimmiges "Wartet's ab, Kinder, es gibt noch ein böses Erwachen" entlockt. Es gibt heute keine radikale oder gar terroristische Gruppe mehr, in der nicht auch Geheimdienste mitmischen. Sie wollen nur nicht publik werden lassen, wie weit sie die Leine lassen, an der sie diese Gruppen führen oder mindestens beeinflussen. Die wissen genau, daß Fanatiker die nützlichsten Idioten sind.

Die enttarnte Beamtin hatte nicht nur spioniert, sondern eine Antifa-Jugendgruppe in Hamburg mitaufgebaut (naja, denn isse doch ne Linke, oder, hat doch alles richtig gemacht, hm?). Jetzt fragt sich, wo das LKA oder sonstige staatliche Organisationen noch überall bei den zornigen Linken mitmischen. Aber nicht das hat die Kommentatorin der taz thematisiert, sondern erstens ihre Feindbilder gepflegt, und zweitens eine erstaunliche Moral offenbart: Jugendliche sind unerfahren und schöpfen nicht so schnell Verdacht, sie sind politisch nicht so gefestigt, sondern leichter zu beeindrucken und zu manipulieren. Es ist höchst verwerflich, sie zu benutzen, weil es noch skrupelloser ist, als jahrelang Erwachsene zu betrügen oder sich ihnen auf der Straße entgegenzustellen.

Ein sehr zweischneidiges Schwert, denn wenn die Beamntin jahrelang unerkannt in Kreisen der Antifa tätig sein konnte, dann war sie doch - rein äußerlich betrachtet - politisch korrekt im Sinne der Antifa und hat diese so leicht manipulierbaren Jugendlichen eben im Sinne der Antifa manipuliert. Das will ihr ausgerechnet eine Linke zum Vorwurf machen? Und wenn sie jahrelang unerkannt bei den Radikalen aktiv sein konnte, wie leicht ist dann deren "richtige" Gesinnung nachzumachen und ihnen glaubhaft vorzuspielen. Mit anderen Worten: geistloses Plappern der "richtigen" Parolen genügt als Eintrittskarte zu diesen hochmoralischen, hochkorrekten und hochaggressiven Kreisen.

Der Artikel schließt mit den Sätzen: Die Polizei kämpft dagegen, dass Leute in ihrer Freizeit versuchen zu verhindern, dass Nazis Flüchtlingsheime anzünden. Klar, das tut die Polizei immer, wenn sie Nazidemos beschützt oder linke Demos blockiert. Im Fall von Astrid O. war es nur hinterhältiger. Und die Tränendrüse spritzt Liter um Liter. Ich amüsiere mich prächtig bei solch bereitwillig publizierter Dummheit.

 

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