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Wenn die studierten Linken im gehobenen Alter in ihren gemütlichen Wohnungen von der Zeitungslektüre aufblicken un durchs Fenster in die rauhe Wirklichkeit ihres Gartens schauen, mag sie wohl Abenteuerlust befallen. Dann malen sie sich aus, wie es wäre, einer dieser Unterprivilegierten im täglichen Kampf des Lebens zu sein, und schon beschleichen sie wunderliche Gedanken.

"Wenn ich nicht als Schlepper arbeite, als was dann?" beginnt deshalb eine wohlvertraute Litanei, in der Sujet und Protagonisten nach Bedarf eingesetzt werden, die aber immer darauf hinausläuft, daß Armut und Not keine andere Wahl lassen, als kriminell zu werden. Der imaginäre Schlepper in dieser Geschichte ist ein arbeitsloser Fischer, der die aussichtslosen Alternativen zu seinem Gewerbe mit gelegentlicher Todesfolge aufzählt. Dann allerdings wären bereits hunderttausende im Hartz IV-System gefangener Deutscher zu Verbrechern geworden, und was würden die Linken wohl sagen, wären sie von diesen Hoffnungslosen überfallen und ausgeraubt worden.

Beginnen wir aber mit dem Anfang und stellen fest, daß die Sprachregelung "Flüchtling" politisch, religiös oder rassistisch Verfolgte in einen Topf wirft mit Menschen, die drei- bis achttausend Euro für eine Schiffspassage übers Mittelmeer zur illegalen Einwanderung hinblättern können. Als weißem wohlhabenden Europäer (statistisch gesehen hat jeder Deutsche ein Vermögen von rund hunderttausend Euro) stehen mir jährlich nicht einmal viertausend Euro zur Verfügung, auf dem Papier knapp vierhundert monatlich. Das reicht zum Leben, und sonst nichts. Neue Kleidung? Ein Problem. Medizinische Versorgung? Verdammt teuer. Urlaub? Ausgeschlossen. Restaurant, Kneipe, Theater, Kino, Konzert, Bücher, Disco - vergiß es. Diese Gruppe Flüchtlinge stammt wohl nicht aus den Reihen der Arbeitslosen, der ihres Landes Beraubten, der vom Krieg um Hab und Gut gebrachten. (Wer diese Leute sind und weshalb sie den Schleppern das nötige Geld bezahlen können, ist eine andere Geschichte)

Der Transfer über das Mittelmeer ist kein Transfair, sondern ein Riesengeschäft. Zweihunderttausend Passagiere im vergangenen Jahr bei durchschnittlich fünftausend Euro Fahrpreis ergibt eine flotte Milliarde Einnahmen. So etwas wird vom organisierten Verbrechen kontrolliert, daß sich Schutz bei Politik und Behörden kaufen kann und nur zuverlässig Kriminelle beschäftigt; der arbeitslose Fischer der Geschichte müßte also erst den Nachweis antreten, daß er fürs Gewerbe taugt. Für das kommende Jahr werden bis zu einer Million Passagiere erwartet und damit ein Geschäftsvolumen von fünf Milliarden Euro, wer fragt bei soviel Geld auf Seiten der Schlepperorganisationen noch wegen ein paar tausend ertrunkener Menschen.

Besagte Linke aber lehnen sich, nach dem sie Geschichten wie die erwähnte der Veröffentlichung zugeführt haben, zufrieden zurück, trinken vielleicht einen Transfairkaffee und suchen im "Kapital" von 1867 nach der Stelle, die so gut auf die Bankgeschäfte von 2015 paßt. Abends bekommen sie eine Mail, daß wieder eine Veranstaltung Ewiggestriger geplant sei und empören sich noch ein bißchen vor dem Schlafengehen. Am nächsten Tag, mit etwas Glück, erwartet sie ein neues Abenteuer.

Oder ein Zeitungsartikel, der das Vordringen von Hooligans in deutschen Stadien beklagt, die alle Fortschritte, welche die Fankultur den antirassistischen Ultras verdankt, rückgängig machen wollen und die ebendiese Ultras auch tätlich angreifen. Da ist die Welt dann wieder in Ordnung, denn man hat wohl gehört und gelesen von jenem youtube-Video, in dem zu sehen ist, wie zehn Ultras auf einen einzigen Hooligan eindreschen und war ein wenig verunsichert. Aber wenn die Hooligans so gefährlich sind...
 

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