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"Heute ist so schönes Wetter, was sitzen wir hier drinnen?!" maulte der ungläubige Thomas. Schlapp und schwitzend auf unseren Plätzen hängend, gaben wir ihm recht. Erwin, Doris' Pitbull, hechelte sich in der Hitze dumm und dämlich. Vielleicht hyperventilierte er bereits.

Also nichts wie raus. Statt dem vorgesehenen Thema 'Lichtarbeit' einfach in der Sonne sitzen. Das 'wo' und 'wie' war noch zu klären. - "Lasst uns doch nacktbaden gehn," schlug Malaysia keck vor. - "Das ist mir zu intim," protestierte ich sofort, und das ist es wirklich. Beispielsweise meide ich Pinkelrinnen und Pissoirs; wird man nicht in ein idiotisches Gespräch verwickelt, starrt einem der Nebenmann auf den Schniedel, oder beides. Und ich kann dieses scheinunschuldige Nacktgetue nicht ab. Soll Malaysia sich was Besseres einfallen lassen, um endlich mit dem ungläubigen Thomas handgemein werden zu können.

Erwin, der gewissermaßen immer nackt herumläuft, war es egal, aber Doris unterstützte mich gegen Malaysias Tirade über "die Verklemmtheit der Männer", während Thomas sich feige (oder weise?) näherer Äußerungen enthielt. - "Weshalb gehen wir nicht in den Bürgerpack und picknicken dort?" schlug ich vor. - "Au ja!" Doris begeisterte sich. "Aber besser noch in den Stadtwald, zu dieser kleinen Anhöhe am See." Damit waren Alle einverstanden. Wir packten energetisiertes Wasser und Tofupäckchen ein und quetschten uns in Doris' 'Smart'. "Platz ist in der kleinsten Hütte", wie der Dichter sagt, und Erwin klebte sozusagen unter der Decke.

Wir lagerten uns in den Halbschatten, mit Blick auf den kleinen See, den Judentempel hinter uns auf dem Hügel. Als wir bequem im Gras saßen, seufte Doris: "Fehlt nur noch ein Lagerfeuer." Und schon kramten wir Erinnerungen an Ausflüge, Camping und Zeltlager hervor. Als das Gespräch einige Zeit bei Spezialunterwäsche für kalte Camping-Nächte verweilte, nahm ich Erwin zu einem kleinen Spaziergang mit. Vom Unisee klang Badelärm herüber, Erwin schnüffelte in Karnickellöchern und ich sog die würzige Waldluft ein. Wir umrundeten den See und erreichten das Lager gerade, als der ungläubige Thomas eine Schauergeschichte zu erzählen begann.

Als Junge war er mit anderen Kindern in einem Zeltlager in der holsteinischen Schweiz. Die Busfahrt dorthin dauerte lang, und so sprang er bei der Ankunft gleich in den Wald, um sich zu erleichtern. Während der Strahl in Gräser und Farne rauschte, schaute er geistesabwesend in die Bäume. Ein Pieken lenkte seinen Blick auf den Pillermann: dort saß eine große Mücke und nahm sich ihr Teil. Er verscheuchte sie, pinkelte zuende und gesellte sich zurück zur Gruppe, die sich zum eigentlichen Zeltlager aufmachte. Sie bezogen ihre Mannschaftszelte, sahen sich um, aßen im Speisezelt zu Abend, und die ganze Zeit rumorte es in Thomas' Hose.

Als er später auf dem Plumpsklo die Hosen herunterließ, sah er die Bescherung: alles angeschwollen von dem Mückenstich. Und die - juckende! - Schwellung hielt noch Tage an. - "Ich habe mich die ganze Zeit richtig krank gefühlt," schloß Thomas erinnerungsselig. Doris, die Pidel meines Wissens ohnehin für verschwollene Gnuppel hält, rümpfte ein ums andere Mal die Nase, und Malaysia, mit gewissen körperlichen Realitäten konfrontiert, wirkte Thomas nicht mehr ganz so zugeneigt. Erwin schmiegte sich mitfühlend an den ungläubigen Thomas.

"Haben auch andere Kinder im Wald gepinkelt, als du da standest?" fragte ich. - "Ja, sicher." - "Dann denk doch mal darüber nach, weshalb die Mücke sich ausgerechnet auf deinen Schwanz gesetzt hat." - "Genau," sagte Malaysia, "sie hat dich ausgewählt, damit du diese Erfahrung machen kannst."

"Und wenn dem so ist," fragte der ungläubige Thomas, "welche Erfahrung sollte das dann sein?"

"Leid." - "Und Schmerz." - "Und Jucken," ergänzte ich. Erwin reagierte sehr menschlich; er hatte das Bedürfnis, sich zu kratzen.
 

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