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Weshalb eigentlich Komödie - weil Burt Lancaster den Elmer Gantry mit seinem typischen Strahlegebiß versieht? Eher schon Schelmenroman. Jedenfalls: Elmer Gantry ist ein mäßig erfolgreicher Handlun Handelsreisender, der sich aber nie unterkriegen läßt. Im Kreis seiner (Zech)Kollegen erzählt er schmutzige Witze, in der Kirche ist er sangesfreudig, bibelfest und tugendhaft, für sich selbst hat er immer eine Flasche Schnaps in Reichweite. Es ist die Zeit der Prohibition in den USA.

Bei jeder Gelegenheit kommt er auf die Liebe zu sprechen und fragt: Was ist die Liebe? Sie ist der Morgen- und der Abendstern. Am liebsten sagt er das zu Frauen. Auf seinem Weg über die Dörfer und durch die Drugstores, Hotels und Kneipen verschlägt es ihn eines Tages in die Zeltmission von "Sister Sharon Falconer" (die eigentlich Katie Jones und im wirklichen Leben Jean Simmons heißt). Er ist wie vom Donner gerührt, von einer Himmelserscheining wenn man so will. Er nutzt allen Charme, alle Tricks und alle Unverschämtheit, um an sie heran- und mit ihr ins Gespräch zu kommen. Als er das geschafft hat und merkt, daß Prahlerei bei ihr nicht ankommt, gesteht er seine Erfolglosigkeit. Und schlägt ihr vor, darüber in der nächsten Andacht zu reden. Sie verlangt allerdings, daß er Rauchen und Trinken aufgibt. Für diese Frau? Immer! Denn was ist die Liebe? Sie ist der Morgen- und der Abendstern.

Er ist nicht nur gern unter Menschen, er braucht auch ein Publikum, um es in Laune zu bringen. Und dann geht es mit ihm durch, er hält der Gemeinde eine Predigt, daß es nur so raucht, rückt dem Teufel im Publikum mit dem Höllenfeuer seiner Beredsamkeit zu Leibe und wird zu einer festen Einrichtung in der Zeltmission. Denn was ist die Liebe? Sie ist der Morgen- und der Abendstern. Allmählich übernimmt er die Organisation des Betriebes (jawohl, Betrieb, denn Gott schafft zwar die Gaben der Natur, aber kein Geld herbei; das muß von der Zuhörerschaft durch Spenden eingetrieben werden) und hilft Sister Falconer mehrmals aus Schwierigkeiten, zuletzt setzt er bei einer lokalen Rundfunkstation Sendezeit für sich durch (mit Erpressung und Überredung, schadet nicht, ist doch für die Sache Gottes).

Sister Falconer, von Beginn an beeindruckt von seiner - durchaus charmanten - Dreistigkeit und nicht viel später in ihn verliebt - ohne es zu wissen - verfällt ihm schließlich, und beide schwelgen im Glück einer frischen Liebe. Und was ist die Liebe? Richtig, der Morgen- und der Abendstern. Gantry, nun vollends von der Leine (oder von der Rolle?), organisiert einen Mob gegen Spelunken und Bordelle. Pech nur, daß er in vollem Missionseifer gleich im ersten Puff auf seine erste Liebe stößt, eine Pfarrerstochter, die er verführt und sitzengelassen hatte, worauf sie von ihrem Vater verstoßen wurde. Die beiden erkennen sich, er sieht sie überrascht an, sie lacht ihn hemmungslos aus. Wie hatte er damals zu ihr gesagt? Die Liebe ist der Morgen- und der Abendstern.

Dann beginnt ihr Rachefeldzug. Sie lockt ihn in eine Falle, läßt ihn in einer keineswegs anrüchigen, aber doch kompromittierenden Situation fotografieren, erpresst ihn mittels der Bilder und schafft dann noch Leute in die Zeltmission, die mit matschigem Gemüse und Eiern schmeißen. Er eilt ihr nach und bittet sie, noch völlig verdreckt, sie möge ihm verzeihen. Ja, wo ist da die Komödie? Es kommt noch besser, also schlimmer. Während der nächsten Andacht läuft ein Tauber zu Sister Falconer und bittet um Hilfe. Und wird geheilt! Gantry glaubt es nicht, die Gemeinde schon. Nun eilen auch die Blinden und die Lahmen zur Sister, doch es bricht ein Feuer aus. Die Sister, von ihrer göttlichen Sendung überzeugt, ruft der panischen Menge zu, Gott werde für alle sorgen, alles werde gut. Und dann kommt sie in den Flammen um.

Also doch keine Komödie? Am nächsten Morgen, vor den rauchenden Trümmern, bitten die Leute Gantry um Trost und Verzeihung. Der alte Schlehmil blickt zum Himmel, ruft Sistter Falconer an, und behauptet dann, sie hätte allen verziehen, ja, sie liebe alle. Und was ist die Liebe? Eben, der Morgen- und der Abendstern. Und jenem gleich bewegt er sich zum Horizont. Komödie oder nicht, auf jeden Fall großes Star-Kino.
 

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