1968
aus aller Welt
ballaballa
Beobachtungen in der Natur
charmsing
deutsche kenneweiss
Dicki TV
Dickimerone
Dickis Reisen
die kleine Anekdote
dirty old town
Empfehlung
Erwins Welt
Eugen
in eigener Sache
Java
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 
Für mich bedeutet Tunte eine Frau von männlichem Geschlecht zu sein. Das bin ich selbst, und ich sehe mich nicht als Transvestit. Transsexuelle kann ich schon gar nicht verstehen. Probleme mit der eigenen Identität löst man nicht durch Operationen, sondern indem man sich selbst findet. Meine Eltern waren nicht gerade begeistert, als ich die Rollenklischees "Junge" und "Mädchen" hinter mir ließ - aber sie haben mich auch in meiner, naja, Zwitterhaftigkeit respektiert. Dafür bin ich ihnen ewig dankbar. Mehr will ich über mich gar nicht erzählen, sonst ginge das noch Stunden so weiter.

Interessant ist außerdem vielleicht, daß ich Daniel in einer Couming-Out-Gruppe kennengelernt habe. Er hat mich in den Film "Ich bin meine eigene Frau" über Charlotte von Mahlsdorf mitgeschleppt, und das war eine Offenbarung für mich. Diese alte, würdevolle Tunte, die immer darum kämpfen mußte, leben zu können, wie es ihr gemäß war; als Jugendlicher im Dritten Reich, als Erwachsener in der DDR. Dagegen habe ich es wirklich leicht gehabt. Jedenfalls sind Daniel und ich seit damals Freunde und ziehen gerne mal zusammen los. Meistens gabelt er im Lauf des Abends jemand fürs Bett auf und das stört mich nicht, soll er machen. Ich bin da allerdings wählerischer.

An jenem Abend - wir hatten mal wieder keinen Bock auf die schwule Sub - sitzt da genau mein Typ am Tresen: Schütteres Haar, eine ganzen Rutsch älter als ich, Bauchansatz, waches Gesicht, gepflegte Erscheinung, aber nicht geleckt. Neben ihm so eine Pfundsbraut im Leopardenlook. Ich hab Daniel ein Zeichen gemacht und er hat die Frau in ein Gespräch verwickelt, Gerda heißt die. Und ich mich an den Mann - Martin - rangemacht. Als erstes frag ich ihn, ob ich mich auf den Platz neben ihm setzen darf? und seh ihn dabei sehr direkt an, damit er gleich weiß, worum es geht. Er hat ne Art Verbeugung gemacht, gelächelt und gesagt: "Das ist mal ne schöne Überraschung, zumal in dieser Spelunke!"

Erstmal war Martin so richtig affektiert und ich hab ihn gefragt, ob er Schauspieler sei und ne Rolle einstudiere, sonst müßte ich sein Gebaren für Anbiederung halten und das gefiele mir nicht. Er ist ein kleines bißchen blaß geworden - ich hab sofort begriffen, daß er mich wollte - und dann war er wieder normal. Nee, stimmt nicht, spröde und befangen war er, richtig verunsichert. Aber von einem ganz freundlichen Wesen durchdrungen, und damit hat er mich für sich eingenommen. Es war auch sehr eindeutig, wie er mich angesehen hat: völlig verknallt in H.M.S. Tunte Werner.

Daniel und Gerda haben uns beobachtet, zumindest in dem Moment, als ich mal zu ihnen rüberschaute; das konnte Martin nicht sehen, weil er so halb mit dem Rücken zu ihnen saß. Daniel wußte Bescheid, Gerda vermutlich auch, und ich hätte fast laut losgelacht, als die Beiden zusammen rausgegangen sind, ganz Pärchen. In dem Moment ist etwas von Martin abgefallen, als hätte er sich vorher beobachtet gefühlt. Endlich wirkte er locker auf mich, und er sah mich schmachtend an. "Du weißt daß ich nen Schwanz hab, oder?" hab ich gefragt, um alle Mißverständnisse auszuschließen, man hat ja so manches erlebt. Er, wortwörtlich: "Der ist bei mir in guten Händen." Dabei hat er mich ganz offen und arglos angesehen, kein Iota Schmierigkeit in seinem Blick.

Der Rest ist Privatsache. Es war jedenfalls ganz wunderbar. Als wir beim Frühstück saßen, druckste er ein bißchen herum und fragte mich: "War das jetzt nur ein Abenteuer für dich?" Vor Erleichterung habe ich gelacht und gesagt. "Hoffentlich nicht." Dann haben wir uns an den Händen gehalten und lange geschwiegen.
pathologe meinte am 4. Apr, 15:25:
...
Jetzt muss Daniel aber auch zu Wort kommen! 
Dicki antwortete am 4. Apr, 22:06:
Na klar. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma