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(1977 veröffentlicht) ist in Deutschland unter dem Titel "Also sprach Bellavista" ein kleiner Hit gewesen, allerdings erst Mitte der 80er, nachdem der Jahrhundertroman (bah! klingt das abgegriffen, doch hier stimmt es einmal) "Der Name der Rose" ein großes Interesse an zeitgenössischer italienischer Literatur geweckt hatte. Luciano De Crescenzo hat mit Witz aus dem Alltag der Neapolitaner eine eigene Philosophie abgeleitet, die ich aber weit weniger ernst nehme als die vielen schönen Anekdoten, die ironischen Jubelarien auf das Leben in Neapel.

Angeblich ernähren sich seit Generationen 1 Million Neapolitaner von 1000 bezahlten Stellen. Der Hausmeister bezahlt von seinem Gehalt einen Ersatzhausmeister, der wieder einen Vizeersatzhausmeister unterhält. Einer, der von einem Bautischler beschäftigt wird, der momentan arbeitslos ist, bezeichnet sich als Unterarbeitslosen. Es gibt die abenteuerlichsten Berufe, Dienstleistungen und Gaunereien. Wo immer eine Diskussion anhebt, oder noch besser ein Streit, eilen Neugierige hinzu und zollen dem besseren Redner Beifall. Es gibt eine fortwährende Anteilnahme in allen Lebenslagen.

Die Kunst der Komödie

"Signora, Sie müssen noch eine Fahrkarte lösen."
"Warum muß ich noch eine Fahrkarte lösen?"
"Für den Jungen."
"Für welchen Jungen denn?"
"Den da, der neben Ihnen steht."
"Und den nennen Sie einen Jungen. Sehen Sie denn nicht, daß das ein Kleinkind ist, noch nicht einmal neun Jahre alt!"
"Von mir aus nennen Sie es auch Kleinkind, aber da dieses Kleinkind über einen Meter groß ist, braucht es eine Fahrkarte, wenn es mit dem Bus fahren will."
"Über einen Meter, über einen Meter, das ist doch wohl ein Scherz! Der ist doch keine siebzig Zentimeter groß!"
"Signora, ich merke schon, Sie sind heute morgen aufgestanden und haben sich gesagt, denen zeig ich's mal. Der Junge, das Kleinkind oder wie immer Sie es nennen wollen, überragt mit dem Kopf diese Eisenstange hier, und die ist einen Meter hoch, also braucht er eine Fahrkarte."
"Jesus Maria, in was für Situationen man kommt! Sehen Sie denn nicht, daß der Junge sich auf die Zehenspitzen gestellt hat und daß er daher größer wirkt?" erwidert die Signora und drückt dabei ihrem Sohn mit einer Hand so lange den Kopf unter die Eisenstange, bis er darunter bleibt. "So duck dich doch, Cicci!"
"Genug jetzt, Signora. Was haben Sie sich bloß vorgestellt! Sollen wir hier noch ewig herumpalavern! Entweder zahlt der Junge jetzt seine Fahrkarte, oder er steigt aus, ist das klar?"
"Und Sie würden so ein Kleinkind einfach allein auf die Straße setzen?"
"Ist das vielleicht mein Kind! Dann steigen Sie doch mit aus!"
"Ich? Ich habe doch meine Fahrkarte gekauft."
Während der ganzen Diskussion hat sich der Bus keinen Meter fortbewegt. Er steht mit offenen Türen da, bis geklärt ist, ob der Junge nun eine Fahrkarte lösen muß oder nicht.
"In welchem Land befinden wir uns eigentlich", protestiert ein Herr mit deutlich norditalienischem Akzent. "Fahren Sie nun endlich ab oder nicht?" fragt er den Fahrer. "Und Sie, Signora, Sie können sich wohl vorstellen, daß es auch noch Leute gibt, die arbeiten? Wir können doch nicht alle solange warten, bis Sie sich entschließen, fünfzig Lire für eine Fahrkarte herauszurücken. Wissen Sie was, hier haben Sie fünfzig Lire, und jetzt kaufen Sie endlich eine Fahrkarte für Ihren Sohn!"
"Ja wo sind wir denn, was nimmt sich denn der heraus!" schreit nun die Signora und deutet auf den Mailänder. "Der will mir die Fahrkarte zahlen", sagt sie, an alle Anwesenden gewandt. "Wenn das vielleicht nicht aufdringlich ist! Wenn ich will, kann ich ihm hundert Fahrscheine kaufen!" Und an den Herrn gewandt, fährt sie fort: "Sie können von Glück sagen, daß mein Mann nicht dabei ist und ich hier als arme Frau allein gegen alle diese Männer aufkommen muß, sonst weiß ich wirklich nicht, wo diese fünfzig Lire gelandet wären! Jesus Maria und Heilige Anna, was man wegen so eienr lumpigen Fahrkarte durchmachen muß!"
"Also gut, Signora", schreit der Fahrer von seinem Fahrersitz aus. "Sie bekommen jetzt recht, aber beim ersten Polizisten, den ich sehe, halte ich an, und dann werden wir ja sehen, ob Sie aus dem Bus aussteigen oder nicht!"
Daraufhin schließt der Fahrer die Türen und will gerade abfahren, als ein Sturm des Protestes unter fast sämtlichen Fahrgästen losbricht.
"Halt, halt!"
"Was ist denn jetzt noch los!" fragt der Fahrer.
"Wir sind doch nur eingestiegen, um zuzuhören."


Ääh, Regie, wo sind wir? Ah - ah ja, danke. Also, Italienische Reise, Folge 26. MAZ ab!
 

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