1968
aus aller Welt
ballaballa
Beobachtungen in der Natur
charmsing
deutsche kenneweiss
Dicki TV
Dickimerone
Dickis Reisen
die kleine Anekdote
dirty old town
Empfehlung
Erwins Welt
Eugen
in eigener Sache
Java
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 

Musik und so weiter

Heute ist wieder so ein Abend, an dem alle Geschichten miteinander verbunden sind; und während ich beginne, eine davon zu erzählen, drängen sich andere dazwischen und es wird ein endloser Sermon ohne Mittelpunkt und Struktur. Aber für alles gibt es ein paar einfache Grundregeln, und denen des Fußballspiels ("Der Ball ist rund", "Das Spiel dauert 90 Minuten") entsprechen jene des Erzählens ("Beginne mit dem Anfang, und höre auf, wenn du ans Ende gelangt bist"); versuchen wir es also. Am Anfang ist das Singlesalbum meiner Schwester - ich habe es noch -, in welches mit dickem Filzstift geschrieben steht: I love Ringo. Mit Stecknadeln an die Tapete gepinnt hingen in ihrem Zimmer Kinks, Animals, und vor allem Beatles, sämtlich aus der "Bravo" ausgeschnitten (und Lex Barker im Old-Shatterhand-Gewand als nach und nach vervollständigter "Starschnitt"), später schwärmte sie für Bee Gees und vor allem für Michel Polnareff, allerdings vermute ich, daß die Musik nur durch die Musiker für sie von erhöhtem Interesse war.

Mich interessierten die Beatles als Personen gar nicht (das kam erst viel später, als Punk für mich wurde, was Beat für meine Geschwister gewesen ist), aber ihre Musik habe ich wieder und wieder gehört: drei Singles von 1964 (die meinem Bruder geschenkt worden waren) und das Seargent Pepper Album (das meiner Schwester gehörte), dazu kam noch, was aus den allwöchentlich verfolgten Hitparaden tönte, kurz, ich hatte eine unbewußte, aber sehr genaue Vorstellung von Sound und Musik der Beatles, und dann hörte ich "Within You, Withou You" auf Seargent Pepper, interessant, aber sehr fremdartig und überhaupt nicht Beatles - kein Wunder, George Harrison hatte es mit befreundeten indischen Musikern zusammen aufgenommen. - Oh, ich bin tatsächlich bei George angekommmen, ich dachte schon, daß ich es nicht schaffen würde.

Jeder und vor allem Jede, welche einen der Fab Four anschwärmte, hatte recht, Ringo z.B. war niedlich, komisch und weckte Muttergefühle; George hingegen war einfach süß, ohne daß er hätte bemuttert werden müssen (John und Paul sowieso nicht), er schien immer in sich selbst zu ruhen; ziemlich bemerkenswert für den Jüngsten in einer jungen Band, man bedenke, daß John gerade 24 wurde, als die Beatlemania um die Welt ging (George war noch 16, als die Band ihr erstes Engagement in Hamburg hatte, anno 1961). Zeit, zum Thema zu kommen: Martin Scorcese hat einen Dokumentarfilm über George Harrison gedreht (oder eher zusammengestellt, selbst beigesteuert hat er eine Reihe von Interviews, mit Geordes Brüdern, mit Paul und Ringo, mit George Martin, Eric Clapton und vielen Freunden und Bekannten), den man sich ansehen muß, ich kann und will diesen Film nicht nacherzählen, nur so viel sei gesagt, daß dieses Werk George Harrison gerecht wird, und das beginnt schon mit dem Titel: living in the material world.

Denn dieser Junge aus Liverpool, working class wie John, Paul und Ringo, war im katholischen Glauben erzogen, fühlte sich darin aber nicht zuhause. Als er Ravi Shankar, den indischen Sitarspieler, kennenlernte, wurde er mit Aussagen konfrontiert, die ihm sofort einleuchteten: du kannst nicht glauben, wenn du nicht eine Glaubenserfahrung gemacht hast. George war tief gläubig und hatte bereits Erfahrungen gemacht, aber nicht im Rahmen der Kirche, also begann er, sich mit Buddhismus und Meditation zu beschäftigen, und zwar nicht als Selbstsuche, sondern um unmittelbar mit dem Jenseitigen in Kontakt zu treten. Sagen wir es mal so: George Harrison war ein liebevoller Mensch - liebevoll, nicht liebestoll). Der Film zeichnet in Musik und Lebensweg diese Entwicklung in all ihrer Widersprüchlichkeit nach, denn auch der spirituellste Mensch steckt in einem menschlichen Körper mit diesseitigen Bedürfnissen und Sehnsüchten. Genug, du solltest dir diesen Film über einen ungewöhnlichen Menschen und wirklichen Christen ansehen, es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, musikalisch, historisch, menschlich, spirituell. und du elebst dort nebenbei den Maharishi ("Sexy Sadie"), einen Scharlatan, der aber auch richtige Dinge sagt, denn die Welt ist nicht in schwarz und weiß unterteilt, sondern voller Schattierungen, und auch das bedeutet "living in the material world".

Zum Schluß noch eine der vielen Nebengeschichten: als die - noch unbekannten - Beatles in Hamburg gastierten, wurde zunächst Klaus Voormann, dann durch ihn Astrid Kirchherr auf die vier Jungs aufmerksam ([Nachtrag] Papperlapapp - damals spielten Pete Best Schlagzeug und Stuart Sutcliffe Bass, Ringo war nur Wunschbeatle, es waren also fünf Beatles und noch nicht die Idealbesetzung): wegen der Musik, ihres Live-Auftritts, und vor allem, weil sie unübersehbar Persönlichkeit hatten. Ähnlich geschah es Ende der 70er in Manchester, dokumentiert in einem Film von 2007 über Manchester zwischen 1976 und 1980, in dessen Mittelpunkt Joy Division steht. Noch bevor die Band einem breiten Publikum bekannt war, hatten sich Künstler für sie begeistert; wegen der Power ihrer Musik, ihres Auftritts und ihrer Persönlichkeit. Weshalb? Menschen suchen Menschen, nicht Mittelmaß.

Nietzsches Übermensch ist entstanden und schwingt sich zur Herrschaft auf, die Umwertung aller Werte ist längst im Gange und zerfrißt unsere Zivilisation - ohne daß dabei ein gutes Neues entstünde; das hatte Nietzsche sich vielleicht doch ein wenig anders vorgestellt. Aber: der Kapitalismus entpuppt sich als lupenreiner Nihilismus; nichts hat mehr einen Wert außer dem Geldwert - für den Übermenschen, die Menschmaschine, und der bzw. die bestimmt, wo es langgeht, ob in Fukushima, Bagdad oder Stuttgart (und überall dort, wo der Mensch nur eine potenzielle Betriebsstörung ist).

Kraftwerk, Punk, der frühe HipHop, Grunge sind verschiedene Reaktionen aus verschiedensten Motiven, allen gemeinsam ist die künstlerische Verarbeitung des Unbehagens. DEVO war als avantgardistisches Gesamtkunstwerk angelegt, ohne Avantgarde zu sein, dafür war ihre Musik, trotz aller Merkwürdigkeiten, zu oldfashioned. Entstanden sind sie im Prinzip so: "We were surrounded by fat women in curlers and Hippies on Quaaludes - and - a lot of just decay and indulgence - and - ridiculous beliefs and values - and - systems of behaviour that we didn't feel part of or didn't agree with." [Gerald Casale 1981] In einem jüngeren Interview spricht er von "stupid consumptionate [?] nihilistic capitalism", und bringt es damit auf den Punkt.

DEVO inszenierte sich als Roboterband, die mit allen Klischees der Rockmusik inklusive Bühnenposen gewaschen ist, galt aber zunächst als Punkband und veröffentlichte auf Stiff Records 76/77 drei Singles mit rauhen Gitarren- und Synthesizersounds. Brian Eno produzierte ihre erste LP und polierte ihren Sound auf Hochglanz. Und dann kamen all die neuen Bands aus England mit düsterem, oft bedrohlichem Klang; The Pop Group, Killing Joke, Joy Division und all die anderen Neutöner. DEVO, das ist wichtig, war auch ein brand; immer prangte der Bandname auf ihrer Bühnenkleidung. Sie wurden mal Faschisten, mal Clowns genannt, hatten mit "Whip it" 1983 einen Hit (der den Motivationsfaschismus aufs Korn nahm, ohne daß es jemand merkte), und verschwanden vom Markt (Live-Auftritte hatten sie dank einer großen Fangemeinde dauernd). Wessen Interesse stark genug ist, um schlechte Bildqualität zu ertragen, findet mit "devo france 1978 youtube" Ausschnitte eines typischen Live-Auftritts.

Heute, sagt Gerald Casale, haben sie nicht mehr die Absicht zu schockieren, in dem Sinne wie sie damals schockiert haben [?]. "Because now we are the houseband on the Titanic, we're your friends, we're gonna play there for you till we all go down together". Das ist mir sehr sympathisch - wenn DEVO nur musikalisch interessanter wäre.

a.k.a. Hot Love Drama

bietet crabapples an.

1973 liefen im Cinema Ostertor mehrere Musikfilme, und Joachim und ich haben sie uns angesehen: "Cream live at the Royal Albert Hall", "Emerson, Lake & Palmer in Concert", und selbstverständlich "Woodstock". Die Leute vom neuen Plattenladen "Ear" verteilten vor dem Kino Handzettel, auf denen das Dreifachalbum für einen Sonderpreis avisiert wurde (wovon Joachim Gebrauch machte; ich war mal wieder pleite). In den Wochen und Monaten darauf haben wir unsere Helden nachgemacht, haben geträllert, gestöhnt, gesungen, gecrooned, geschrien, geächzt und gepfiffen was die Lungen und Stimmbänder hergaben, haben über Grimassen und Gestik geredet und gelacht, und hörten außerdem wie die Besessenen Slade und Roxy Music, vielleicht noch Stevie Wonder. Was ich aber verdrängt hatte, war die Tristesse, die den Auftritt Jimi Hendrix' in dem Woodstock-Film umgab.

Gestern, endlich im Besitz einer Kopie ("Director's Cut", 3:44 h), sagte ich mir, wenn der Nachmittag verregnet sein sollte, sehe ich mir das Spektakel noch einmal an. Der Regen blieb aus ("no rain! no rain! no rain!"), es wurde Abend, ich hatte Lust auf den Film, und los ging's. Im Unterschied zur früheren Fassung waren Jefferson Airplane mit der großen Grace Slick zu sehen und hören (Grace nur als Begleitstimme bzw. Zuhörerin - Brothers wurde wie immer groß, Sisters kleingeschrieben, außer bei Joan Baez und der kreischenden Janis Joplin), und es gab mehr Jimi Hendrix, was mich freute, denn er hat pausenlos gespielt, von einem Song in den nächsten hinüberimprovisiert, sehr beeindruckend. Virtuosität sagt mir nichts, wenn sie die Musik benutzt, statt sich ihr unterzuordnen; "Voodoo Chile" (unter anderem) ist ein schönes Gegenbeispiel.

Ich sah also diesen Auftritt, den Abschluß des Festivals, statt der Zigtausend vor der Bühne maximal Zehntausend ausgeharrt habende Enthusiasten, im Hintergrund Schlamm und Müll; zunächst Voodoo Chile, überleitend in Star Spangled Banner, dazu dann die Bilder des verlassenen Geländes, Bilder vom Einsammeln des Mülls (Essensreste, Stoffetzen, Pappen, Verpackungen), ein Mann mit Krücken und sein Kumpel, in dem Unrat Melonenviertel essend, eine humpelde Frau mit bandagiertem Fuß, auf einen Helfer gestützt; Hendrix improvisiert, Müll, Müll, Müll und verlassenens Gelände: und der so müde aussehende Gitarrenheld; müde nicht nur von einer kurzen Nacht; die ganze Tristesse der Szene stürzte auf mich ein, der Spaß ist vorbei, die Revolution ist vorbei, bevor sie begonnen hat; wir machen Atemübungen, baden nackt, kiffen und drücken, wir sind - im Gegensatz zum offiziellen Amerika - die spirituelle Creme und erteilen der Welt eine Lektion: und bald wird sie genauso fucked up sein wie wir, nur daß weder wir noch sie es zu diesem Zeitpunkt wissen. Der Film ist am Ende ungewollt prophetisch.

Das hatte ich damals gespürt, unbewußt, und natürlich sofort verdrängt, das war zu heftig. Vergessen konnte ich es nicht, jetzt ist es alles wieder präsent, da weder Naivität noch Unsicherheit mich zum Zwangsoptimismus drängen können, von dem "3 Days of Peace und Music" so programmatisch erfüllt ist - bis zum geschilderten Ende.

When the music's over - turn out the light.

(Times like these)

Ich
bin die Einbahnstraße
die Straße, die von dir fährt
und dich nach Hause führt

Ich
bin die Straßenlaterne
die Lampe, die blendend sticht
ein einsames Licht

Die Zeit ist reif um wieder und wieder zu leben
Die Zeit ist da zu geben und wieder zu geben
Die Zeit ist reif um wieder und wieder zu lieben
Die Zeit ist da die Zeit bis zur Ewigkeit

Ich
bin die Morgendämmerung
das taufrische Firmament
heut nacht die Sterne zu sehn

Ich
ich bin unentschieden
bleibe ich oder suche mein Glück
und lasse alles zurück

Die Zeit ist reif um wieder und wieder zu leben
Die Zeit ist da zu geben und wieder zu geben
Die Zeit ist reif um wieder und wieder zu lieben
Die Zeit ist da die Zeit bis zur Ewigkeit

In dieser Art geboren bin ich, der wahre Dicki, ich könnte niemand anders sein, und schon deshalb bin ich bei Lady Gaga und "Born this way" absolut positiv gestimmt. Home Box Office (HBO) haben die Monster Ball Tour im Madison Square Garden dokumentiert, es beginnt mit einer kleinen Spielszene; Lady Gaga kauft sich einen Kaffee, umarmt Bekannte und Unbekannte auf der Straße, jemand ruft: "Oh my God! Oh my God!" und schon eilen aufgeregte Menschen von jung bis alt in den Saal und - dann läuft da diese etwas unspannende Musik, zwischen den Songs erhaschen wir Einblicke in die hektischen Umkleideaktionen, Dutzende von Helfern und Tänzern, die Lady schlüpft von diesem in jenes Kostüm, ein Aufwand wie in einem Schauspielhaus und ja, es ist Schauspiel mit Musik, kurz: Oper. Im Publikum nur freudige Gesichter, man springt, man tanzt, man singt; ein offenbar befreiendes Erlebnis. So will es die Lady, und wenn sie eine Botschaft hat, dann ist es "Born this way". Wer nach einem energetischen Auftritt von nahezu zwei Stunden noch immer nicht überzeugt ist, muß im Abspann die letzte (?) Probe des Chorsatzes ertragen: Probe heißt hier nicht, wir probieren mal, ob wir die Töne treffen, sondern es geht sotto voce in die Vollen, und wahrhaftig, die Lady hat Musik im Blut. Stefania Germanotta hat Soul, sie hat den Gospel, und es ist ein Gottesdienst, inbrünstig zelebriert und wirklich, ich glaube es, sie ist "Born this way". - 'cause god makes no mistakes.

Oh, mach es magnetisiert
Oh, heut nacht, heut naa-a-a-acht
Oh, du hast die Haare schön
heut nacht, heu-eut na-acht
- atomisch

vielleicht weil sie diese selbst nicht ohne fremde Hilfe verstehen. Da gab es in den 80ern dieses Teil mit dem Maler um 1700-irgendwas, wo im Hintergrund irgendwelche Dinge zu sehen waren, aus denen man sich später den verborgenen Teil der Geschichte zusammenreimen können sollte; über jenes Werk waren die Kritiker des Lobes voll, wohingegen ich mich fragte, was da eigentlich passiert: ich hab das nämlich damals nicht verstanden und würde es heute immer noch nicht verstehen. Aber das ist eben Kunst.

Kunst ist auch Als das Meer verschwand; eine im grunde simple Geschichte, in der die Gegenwart von der Vergangenheit belastet ist und es kein happy end gibt. Die Geschichte berührt einen sogar, obwohl man im Film dauernd den Faden verliert, denn der ist voller Absicht so geschnitten (der Film), daß man oft nicht weiß, durch wessen Augen man die Szene sieht und zu welcher Zeit die Szene spielt: ein Durcheinander von Rück- und Vorblenden, das praktisch jedem auf die Nerven geht, außer den Kritikern, die mal wieder ganz begeistert waren. Solche Filme gewinnen auf so beachteten und stilprägenden Filmfestivals wie in Toronto oder San Sebastian, wo die Creme du Critque unter sich ist, tolle Preise zum Angeben.

Also wirklich - das ist doch Käse, wenn nicht gar kalter Kaffee. Filmkunst läßt ihr Publikum nicht im mit bedeutungsschwangerem Kamerawinkel aufgenommenen Regen stehen, sondern reicht ihm die Hand, lädt es ein und nimmt es mit auf die Reise, selbst in einem so unkonventionellen Werk wie "Die fabelhafte Welt der Amelie", denn dieser Film ist in der Erzählung klar gestaltet, in seinen Mitteln brillant: da klatscht das Publikum vor Vergnügen in die Hände, und selbst den Kritikern wird warm ums Kritikerherz. Nächstes Mal loben sie dann wieder einen dieser schwerverständlichen Streifen in den Himmel, den kein Schwein sehen will (den Streifen), aber dieses Mal hat sie das Leben erweicht.

[was ist denn bloß im Synchronstudio passiert: dü mulang heißt es immer wieder, als ob das Lokal, in dem Amelie arbeitet "du Moulin" hieße, dabei kann jeder, der lesen kann, lesen, daß es "Deux Moulins" heißt, also dö statt dü. Man muß sich Filme immer im Original angucken, auch wenn man kein Wort versteht. Ich hab jedenfalls kein Wort verstanden, aber es war ein Genuß]

And I'm not gonna take it anymore! "Ihr könnt mich alle am Arsch lecken. Ich lasse mir das nicht länger gefallen!" heißt es in der deutsch synchronisierten Fassung von Network, was nicht exakt dieselbe Aussage ist, immerhin geht es darum, daß das Fernsehpublikum endlich wütend werden soll: "Ich will daß ihr jetzt aufsteht, zum Fenster geht, es öffnet und hinausschreit: I'm mad as hell" usw. Womit eine Rebellion beginnen soll, in der die Menschen sich wieder um ihre Nachbarn und die Gesellschaft kümmern, statt sich hinter dem Fernseher einzuigeln - also der Welt wieder mit Interesse zu begegnen. "Ihr könnt mich alle am Arsch lecken" ist das genaue Gegenteil.

Bei der Aufführung im März 1977 blieb der Film für viele deutsche Zuschauer eine Zeitlang rätselhaft, weil die Rundfunkhohheit in Deutschland ausschließlich in öffentlich-rechtlicher Hand war. Sender, die sich aus Werbeeinnahmen finanzierten, gab es (noch) nicht. Die Aussage des Films wurde damals eher als eine Warnung vor den Konsequenzen des Kommerzfernsehens empfunden. (Quelle) "Kommerzfernsehen" ist jedoch das eigentliche Fernsehen. Es geht darum, möglichst viele Zuschauer für eine Sendung anzulocken, damit die Sendezeit für eingeschobene Werbung desto teurer verkauft werden kann. Das heißt, es gibt Fernsehsendungen nur, um vom Marketingbemühen der Wirtschaft zu profitieren. Dies Bemühen hat wiederum dann die beste Wirkung, wenn Menschen von kleinauf das Fernsehen als gegeben hinnehmen und ihm positiv gegenüber stehen.

You are television incarnate, Diana," he tells her, "indifferent to suffering, insensitive to joy. All of life is reduced to the common rubble of banality." So beginnt die Schlußabrechnung des alternden, verliebten Ex-Nachrichtenleiters mit seiner erfolgssüchtigen, kaltschnäuzigen Geliebten, die eine Generation jünger ist. Alles was sie berühre, zerstöre sie, und er zählt die verschiedenen Personen auf, die im Verlauf der Geschichte in den Sog der aus Gier betriebenen Entwirklichung gezogen und deformiert wurden. - Ein immer noch aktueller Film, obwohl wir von dem Niveau des darin kritisierten Fernsehens nur noch träumen können, so gold war das gegen den heutigen Dreck. "Schaltet den Ferseher ab, tut es jetzt, schaltet ihn mitten im Satz ab, den ich spreche." Ist das Rebellion? "Bullshit". Es kommt aus dem Fernseher, also wird es wohl Unterhaltung sein. (Hast du das gesehen, wie der es allen gegeben hat? Das guck ich nächste Woche wieder an.)

Gut gefällt mir, daß die Aufnahmen der aus den Fenstern hinausschreienden Menschen dem Beginn einer Gefängnisrevolte (wie sie in Filmen dargestellt wird) verdammt ähnlich sehen.

Heute las ich in der Zeitung, daß die Öffnungszeiten der (verbliebenen) Polizeireviere weiter eingeschränkt werden. Niemand in der Öffentlichkeit erwartet hingegen, daß die Profiteure des einseitigen Sparens beim Bürger auch mal ein Scherflein beitragen; die Banker, Manager, Anwälte, Experten und Politiker, über die Geschichten lanciert werden - in Presse, Funk und Fernsehen - die arg an Periodika wie Das goldene Blatt erinnern: Hofberichterstattung. Propaganda. organisierte Lüge. Marketing. Schluß damit. I'm mad as hell.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma