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So war auch heute Fest des heiligen Josephs; er ist der Patron aller Frittaruolen, d.h. Gebacknesmacher, versteht sich Gebacknes im gröbsten Sinne. Weil nun immerfort starke Flammen unter schwarzem und siedendem Öl hervorschlagen, so gehört auch alle Feuerqual in ihr Fach; deswegen hatten sie gestern abend vor den Häusern mit Gemälden zum besten aufgeputzt: Seelen im Fegfeuer, Jüngste Gerichte glühten und flammten umher. Große Pfannen standen vor der Türe auf leicht gebauten Herden.Ein Gesell wirkte den Teig, ein anderer formte, zog ihn zu Kringlen und warf sie in die siedende Fettigkeit. An der Pfanne stand ein dritter, mit einem kleinen Bratspieße, er holte die Kringlen, wie sie gar wurden, heraus, schob sie einem vierten auf ein ander Spießchen, der sie den Umstehenden anbot; die beiden letzten waren junge Burschen mit blonden und lockenreichen Perücken, welches hier Engel bedeutet. Noch einige Figuren vollendeten die Gruppe, reichten Wein den Beschäftigten, tranken selber und schrieen, die Ware zu loben; auch die Engel, die Köche, alle schrieen. Das Volk drängte sich herzu; denn alles Gebackene wird diesen Abend wohlfeiler gegeben und sogar einTeil der Einnahme den Armen. Und soweit ich weiß, gehörte es damals auch unter Wohlhabenden zum guten Ton, zu geben und zu helfen, sofern es nicht Geizkragen und Neureiche waren. Der Kapitalismus als Ergebnis der bürgerlichen Revolution hat dies vollig weggewischt, weshalb aufgeklärte Gesellschaften die soziale Verpflichtung des Eigentums in íhren Verfassungen festschrieben.

Doch was ist nun? Goethe will nach Sizilien reisen, es ist bereits beschlossene Sache. Ich bin einverstanden, denn das erspart uns weitere Wagnisse am Vesuv, aber wenn ich es recht bedenke, gibt es auf Sizilien den Ätna. Hoffentlich hält der sich bedeckt. Soeben besuchte mich ein Marchese Berio, ein junger Mann, der viel zu wissen scheint. Er wollte den Verfasser des "Werther" doch auch kennen lernen. Überhaupt ist hier großer Drang und Lust nach Bildung und Wissen. Sie sind nur zu glücklich, um auf den rechten Weg zu kommen. Hätte ich nur mehr Zeit, so wollt' ich ihnen gern meine Zeit geben. Diese vier Wochen -- was waren die gegen das ungeheure Leben! Nun gehabt euch wohl! Reisen lern' ich wohl auf dieser Reise, ob ich leben lerne, weiß ich nicht. Die Menschen, die es zu verstehen scheinen, sind in Art und Wesen zu sehr von mir verschieden, als daß ich auf dieses Talent sollte Anspruch machen können.

Nun sag' ich noch allen Freunden in Weimar und Gotha ein treues Lebewohl! Eure Liebe begleitet mich, denn ich möchte ihrer wohl immer bedürfen. Heute nacht träumte ich mich wieder in meinen Geschäften. Es ist denn doch, als wenn ich mein Fasanenschiff nirgends als bei euch ausladen könnte. Möge es nur erst recht stattlich geladen sein! Und zurück bleiben zwei Vulkanführer, die nun schlichteren Gemütern als dem Goethe wieder ihr Vesuv-Latein erzählen können, und eine Prinzessin - von der wir hoffentlich noch mehr erfahren werden.
 

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