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Von Zeit zu Zeit bei der Agentur für Arbeit, ehedem Arbeitsamt, vorbeizuschauen, kann interessant und aufschlußreich sein, selbst wenn diese Besuche - wie meiner kürzlich - nicht freiwillig sind. Gleich neben der Tür zum Empfang (eigentlich Anmeldung, es ist nun einmal kein Hotel) wirbt ein Plakat für die überarbeitete Jobbörse im Internet mit dem Hinweis "endlich benutzerfreundlich". Tatsächlich ist Etliches verbessert und hinzugefügt worden, aber in der Zeit vor Florian Gersters großspurigen Umbaumaßnahmen konnte man sich durch Oberbgriffe zu Tätigkeitsfeldern und schließlich Berufen durchklicken (oder direkt die Kennzahl des Berufs eingeben, wenn man die herausgefunden hatte) und Einblick in die Stellenangebote nehmen. Heute gibt es nur noch eine - verdammt lange - Liste von Berufen, die man nicht durchstöbern kann, weil selbst Arbeitslose maximal 24 Stunden am Tag Zeit haben. Und wenn man nicht frisch aus dem Studium kommt, hat man nach divrsen Maßnahmen und Tätigkeiten keinen eindeutig benennbaren Beruf.

Einerseits werden Arbeiter und Angestellte zur Flexibilität aufgefordert, zwischen Entlassung und Neueinstellung fortgebildet und umgeschult, ferner haben Berufsbezeichnungen heute nur noch eine Halbwertzeit von wenigen Jahren, andererseits kommt die Jobbörse mit diesem starren Berufekonzept daher. "Benutzerfreundlich" würde ich das nicht nennen. Aber mag sein, daß die Arbeitsberater nun zufriedener sind, denn deren Unzufriedenheit ist unwillkommen: sie werden als Ausführende der antisozialen Maßnahmen dringend benötigt. Mir scheint es zumindest nicht plausibel, daß die Unzufriedenheit von Arbeitslosen an höherer Stelle mehr als Zynismus und unangemessenen Zorn hervorruft.

Es gibt aber nicht nur eine Jobbörse, sondern auch eine Lernbörse, wo ich, wie es der Zufall wollte, in ein interaktives Bewerbungstraining hineinklickte. Der erste Eindruck: viel allgemeines Gerede, wenig Verbindliches, dafür jedoch Ermutigung: man solle sich nur intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemühen, dann werde man früher oder später schon Erfolg haben. Stelle ich die Anzahl der offenen Stellen der Anzahl Arbeitssuchender gegenüber, kann ich solchen Optimismus nicht teilen, im Gegenteil. Aber so ist das heute, du bist selbst schuld. Wenn Gangster dich mit jemandem verwechseln und dich gefesselt auf die Bahnstrecke Hamburg-Hannover legen - dann bist du schuld.

Erstaunlich, daß die Arbeitsagentur ihren Kunden soviel Börse bietet, nicht? Da kommt man direkt ins Philosophieren. Statt Gelder auszuzahlen könnte die Agentur doch Anteilscheine an börsennotierten Unternehmen ausgeben. Wieviel Geld der Arbeitslose dann im Monat wirklich hat, liegt an seinem spekulativen Geschick, nach dem Motto: freie Bahn dem Tüchtigen. Wer arbeiten gehen muß für seinen Lebensunterhalt (was das Risiko der Arbeitslosigkeit beinhaltet) - ist selber schuld.
 

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