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Die Schildbürger wundern sich: da haben sie den städtischen Kliniken die Etats - nach streng betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten - gekürzt, und nun benötigen die Häuser Jahr für Jahr Millionenzuschüsse. Da stimmt doch etwas nicht, so kann das nicht weitergehen.

Die Schildbürger stellen fest, daß sich das Angebot der Kliniken überschneidet. Als ganz normaler Patient kann man beinahe überallhin, als beispielsweise Herzpatient in dieses, aber auch in jenes Haus. Wenn man da nun zentralisierte, also hier die Herzen, dort die Lungen, da die Brüche, dahin wiederum die Infektionen. So ließen sich 700 der über 4000 Stellen in den Kliniken einsparen, was im Laufe von 10 oder - noch besser - 20 Jahren eine ganz erkleckliche Summe ergäbe.

Die Schildbürger freuen sich über das viele Geld und richten munter eine Gesellschaft "Gesundheit Nord" ein, welche die nötigen Maßnahmen planen und durchsetzen soll. Das geht nicht ohne Geschäftsführer, und da dessen Tage mit dem Schmieden von Plänen, dem Treffen von Entscheidungen und der Teilnahme an Konferenzen mehr als ausgefüllt sein werden, geht es auch nicht ohne Angestellte, die die Arbeit machen. Geschäftsführer und Angestellte benötigen Büros, und die Büros müssen eingerichtet werden.

Die Schildbürger bezahlen die fälligen Rechnungen und Gehälter, und sie reiben sich die Hände: sooo viel ist von dem eingesparten Geld noch übrig! Da klopfen sie sich gegenseitig auf die Schultern und beglückwünschen sich zu ihrer Geschäftstüchtigkeit.

Die Schildbürger benötigen einen neuen Geschäftsführer für die Klinik Ost, und die "Gesundheit Nord" macht sich für Herrn L. stark, der schon eine Weile in der bundesrepublikanischen Klinikszene unterwegs ist. Herr L. überzeugt durch saubere Fingernägel und Entschlußfreudigkeit. Er bezahlt prompt eine Reihe von Gutachten, über deren Bestellung und Notwendigkeit es keine Unterlagen gibt; nicht einmal die Lieferung ist verzeichnet. Und Herr L. bestellt für rund 6 Millionen moderne Nachtschränke, die nicht in die Krankenzimmer passen und für deren TV und Internet erst noch Anschlüsse verlegt werden müssen, die sich aber, so Herr L., über zusätzlich eingespeiste Werbung refinanzieren lassen. Die Schildbürger sind begeistert. Zusätzliche Werbeberieselung wird die überwiegend zur Psychiarie gehörenden Patienten der Klinik Ost schneller gesunden lassen. Wo er schon einmal bei Entschlüssen ist, handelt Herr L. gleich noch mit einem Freund die Übernahme von dessen Reha-Klinik aus und bezahlt sofort "Vorableistungen".

Unterdessen wollen die 700 zur Einsparung vorgesehenen Angestellten sich nicht einsparen lassen, man stelle sich diesen Egoismus vor! Der Geschäftsführer der "Gesundheit Nord" ist empört und löst seinen Vertrag. Damit hat Herr L. seinen Fürsprecher verloren und bekommt zum Ausgleich die Staatsanwaltschaft. Er war bereits rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt ("da wollte mir jemand übel"), was die Schildbürger aber nicht wußten und auch nicht wissen wollten ("einen leitenden Angestellten frgt man nicht nach seinem Strafregister"). Jetzt wird untersucht, ob und in welchem Umfang er in die eigene Tasche gewirtschaftet hat.

Die Schildbürger wundern sich: das eingesparte Geld will und will sich nicht materialisieren, obwohl davon schon Millionn ausgegeben worden sind. Da hilft nur eins: energisch weitersparen. Schildbürger können schließlich rechnen, so ist das nicht.

Ach so, die Patienten. Die werden sich eben nach der Decke strecken müssen.
huflaikhan meinte am 26. Aug, 23:29:
Stimmt das oder ist es wahr?

Diese Verschwendung von Gemeingut ist wohl üblich geworden. Gefällt mir gar nicht und ist längst kein Einzelfall. Ein Anschlag gegen alle! 
Dicki antwortete am 27. Aug, 19:15:
Leider nur zu wahr, und in vielen Variationen in ganz Deutschland auf dem Vormarsch. Bei uns daheim aber schon sehr routiniert, nach beinahe 10 Jahren großer Koaliton. 
 

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