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Zu Padua lebte einmal ein Mann von Adel, der Diomeo Pochiara hieß und nicht nur von leidlichem Äußeren, sondern auch im Materiellen gutsituiert war. Obwohl im besten Heiratsalter, interessierten ihn die Frauen nicht allzusehr, und es kamen Gerüchte auf, er habe mehr Verkehr mit gewissen Herren als sich zieme. Sobald er davon hörte, beschloss er zur Wahrung seines Rufes als geachteten Bürgers der Stadt und Sohn einer angesehenen Familie, endlich doch eine Frau zum Weib zu nehmen. Von jeher kannte er die Tochter eines Kaufmanns in der Nachbarschaft, mit der er oft zwanglos geplaudert und deren Verstand und Tugend er schätzen gelernt hatte, und da sie obendrein von einiger Schönheit war, begann er, sie zu freien. Lucia, so ihr Name, die ihn heimlich längst zum Manne wünschte, hatte wohl von den Gerüchten gehört, doch nichts darauf gegeben, da sie ihn als Freund ehrte. Da er nun um ihre Hand anhielt, zögerte sie keine Sekunde, und weil auch ihre Familie die Verbindung begrüßte, wurde bald Hochzeit gefeiert.

Man kan ihre Enttäuschung nur erahnen, als in der Hochzeitsnacht ihr Gatte lieb- und einfallslos die Ehe vollzog und sich im weiteren Verlauf des gemeinsamen Lebens rar zu machen wußte. Und wer kann ihre Scham ermessen, als sie sich immer wieder vorwarf, ihre Unerfahrenheit in diesen Dingen habe ihn dazu bewogen, auf gewisse Freuden lieber zu verzichten, als weitere Mißgeschicke erleiden zu müssen. Sonst aber hatte sie keinen Grund zur Klage, denn Diomeo war ihr in allem anderen ein wahrer Freund, und wäre nicht dieser Mangel an Erfüllung, man hätte ihre Ehe glücklich nennen müssen.

So gingen Wochen und Monate ins Land, bis die zuvor erwähnten Gerüchte wieder auflebten. Da begann Lucia allerdings die Wahrheit zu erkennen und besprach sich mit einer Freundin, deren Gatte ihr mehr Aufmerksamkeit widmete als Diomeo seiner Lucia. So erfuhr sie nicht nur einiges an Neuem über den Umgang mit Männern in bestimmten Lagen, sondern begriff auch, daß keinewegs ihr vermeintliches Unvermögen Schuld an ihres Gatten Abstinenz sein konnte. Wie nun, sprach sie bei sich, stelle ich es an, daß mein Gatte wirklich ist, was er bisher nur äußerlich war, nämlich mein Gatte? Und sie griff zu einer List.

Vorsichtig Erkundigungen einziehend, gelangte sie bald an einen Herrn, der Diomeo Gram zu sein genügend Grund hatte, und machte ihn zu ihrem Komplizen, womit sie für sich nur ihren Ruf riskierte, denn dieser Herr war mehr an des Knaben Wunderhorn interessiert als an anderen Schätzen der Natur. Sie richtete es eines Tages so ein, daß Diomeo sie mit dem besagten Herrn in scheinbar eindeutiger Beschäftigung überraschte. Der Gatte zürnte dem Herrn und jagte ihn aus der Tür, hernach aber schimpfte er seine Frau aus: "Weib!" rief er, "wie kannst du mir diese Untreue antun! Wehe, wenn die Stadt davon erfährt!"

"Was redest ausgerechnet du von Untreue, Mann," erwiderte sie kühl. "Anstatt die nie versiegenden Schätze meiner Schatulle zu bergen, vermeinst du nach Art der Alchimisten aus Unrat Gold machen zu können, pflügst fremde Äcker, die unfruchtbar sind, und läßt das Feld, das doch dein Eigen ist, veröden. Soll ich denn einer Pflanze gleich an mangelnder Bewässerung eingehen, weil du die Wasser deiner Gießkanne andernorts verströmst? Und wisse dies: nicht nur, daß dich betreffende Gerüchte neuerlich in Umlauf sind und dir zur Schande gereichen, man wird auch deiner lachen, wenn man hört, daß ich dir Hörner aufgesetzt. Ach, womit habe ich es verdient, meine eigene Ehre aufs Spiel setzen zu müssen, um zu erlangen, was mein Gatte mir reichlich geben könnte, das sage mir einmal."

Diomeo mochten ihre Worte noch so sehr mißfallen, er konnte sich der Wahrheit ihrer Klage nicht verschließen. Nach einer Nacht, die er wachend auf seiner Seite des Bettes, sie aber in der Gewißheit, recht getan zu haben und es nun an ihm sei, Ehe und Ehre wiederherzustellen, schlafend auf der ihrigen verbracht, sprach er zu ihr: "Es ist nun einmal so, daß ich am Biber mehr den Schwanz begehre als den Pelz. Wohl tut es mir leid, daß du, um deinen Teil am Leben zu bekommen, deine Ehre aufs Spiel zu setzen gezwungen bist, zumal ich keinen Menschen lieber an meiner Seite weiß, als dich, Lucia. Doch sind mir Frauen leiblich gar zu fremd, als daß sie mich begeistern könnten." - "Ei, das ist töricht, Diomeo!" rief sie darauf, "ja, glaubst du denn, mir seien Männer leiblich weniger fremd? Doch weiß auch ich keine Menschenseele lieber bei mir als dich, geliebter Mann. So überwinde dich, um unser beider Glückes Willen!"

Entschlossen, die Gelegenheit beim Schopf zu packen, und da sie wußte, wie man dem Gockel seinen Hals langzieht, griff sie beherzt des Übels Wurzel und presste ihr den Saft aus. Zu seiner Überraschung wurde Diomeo nun bewußt, daß ihm die Nähe dieser Einen, nämlich seiner Lucia, auch bei Handgreiflichkeiten lieb und teuer war, und deshalb bat er sie, nachdem er sich verschnauft, ihn den Pelz ausbürsten lehren. Und da dies gut gelang, so lehrten sie einander manches weitere und wiederholten fleissig das Gelernte. Dann schien Lucia der Zeitpunkt gekommen, Diomeo über ihren angeblichen Fehltritt aufzuklären, und es war an ihm, sich über die Maßen wegen seines Mangels an liebevollem Vertrauen zu schämen. Indes ihr beider Glück nun vollkommen war, versuchte Diomeo niemals wieder, aus Unrat Gold zu machen, es sei denn, er hätte jemals einen Herren mehr geliebt als seine Lucia, was aber nie geschah.
 

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