Ein Herbstnachmittag im Bürgerpark. Zwei Wochen hatte ich darauf gewartet, daß die Sonne von einem wolkenlosen Himmel schien und endlich, am 30. Oktober 1993, war es soweit, und besser als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich hätte meine Kamera blind in die Gegend halten können und es wäre jedes Bild eine Augenweide geworden - solch ein Tag war das. Eine leichte Unschärfe verlieh den farbenprächtigen Photographien den Charakter von Gemälden.
Von diesen zeitlosen Zeitdokumenten angetörnt betrachtete ich weitere Aufnahmen aus einer Zeit, als ich keine materiellen Sorgen hatte, der Bürgerpark (ein wirklicher Park!) 200 Meter Luftlinie nahe war, die Freunde noch Menschenalter von der resignierten Tristesse ihres jetzigen Midlife entfernt schienen, meine beste Freundin schon mehr als zehn Jahre - trotz fester Arbeitsstelle! - in Armut lebte und die Republik das Ende der "geistig-moralischen Wende" der Ära Kohl herbeisehnte.
Ich erinnerte mich an Spaziergänge durch das Weidedamm-Viertel, als dort noch Schrebergärten waren statt steriler Neubauten; einmal im Schneetreiben, per Walkman "20 Intermezzi" auf den Ohren; ging durch die kleine Wildnis, wo ich meinen ersten Eichelhäher zu Gesicht bekam ("Markwart!" hatte ich gerufen und der Vogel hatte sich angesprochen gefühlt); dachte an einen Freund, einen Teddybär von Mann, der zu krank war, um mir ein Freund sein zu können; genoß in Gedanken die Ruhe und die Schönheit meiner damaligen Wohngegend; besuchte noch einmal die Läden in der Nachbarschaft und den Markt; bedachte sehnsuchtsvoll die Unbeschwertheit meines Lebens in jenen Tagen.
Ich war Mitte 30, aber es kommt mir vor, als sei ich noch ein Kind gewesen. Gewiß, das bin ich auch heute noch, doch die Geborgenheit in der Welt, die mir in der Erinnerung vorherrschend scheint, ist dahin, soweit es das Vertrauen in die Menschheit betrifft. Unsere Zivilisation ist krank und war es damals auch schon längst. Aber ich lebte in einer Art Oase. Die Probleme unserer Zeit hatten mein Leben noch nicht erreicht. Oder sagen wir so: ich hatte sie noch nicht begriffen.
Von diesen zeitlosen Zeitdokumenten angetörnt betrachtete ich weitere Aufnahmen aus einer Zeit, als ich keine materiellen Sorgen hatte, der Bürgerpark (ein wirklicher Park!) 200 Meter Luftlinie nahe war, die Freunde noch Menschenalter von der resignierten Tristesse ihres jetzigen Midlife entfernt schienen, meine beste Freundin schon mehr als zehn Jahre - trotz fester Arbeitsstelle! - in Armut lebte und die Republik das Ende der "geistig-moralischen Wende" der Ära Kohl herbeisehnte.
Ich erinnerte mich an Spaziergänge durch das Weidedamm-Viertel, als dort noch Schrebergärten waren statt steriler Neubauten; einmal im Schneetreiben, per Walkman "20 Intermezzi" auf den Ohren; ging durch die kleine Wildnis, wo ich meinen ersten Eichelhäher zu Gesicht bekam ("Markwart!" hatte ich gerufen und der Vogel hatte sich angesprochen gefühlt); dachte an einen Freund, einen Teddybär von Mann, der zu krank war, um mir ein Freund sein zu können; genoß in Gedanken die Ruhe und die Schönheit meiner damaligen Wohngegend; besuchte noch einmal die Läden in der Nachbarschaft und den Markt; bedachte sehnsuchtsvoll die Unbeschwertheit meines Lebens in jenen Tagen.
Ich war Mitte 30, aber es kommt mir vor, als sei ich noch ein Kind gewesen. Gewiß, das bin ich auch heute noch, doch die Geborgenheit in der Welt, die mir in der Erinnerung vorherrschend scheint, ist dahin, soweit es das Vertrauen in die Menschheit betrifft. Unsere Zivilisation ist krank und war es damals auch schon längst. Aber ich lebte in einer Art Oase. Die Probleme unserer Zeit hatten mein Leben noch nicht erreicht. Oder sagen wir so: ich hatte sie noch nicht begriffen.
Dicki - am Do, 26. August 2004, 0:32 - Rubrik: in eigener Sache