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Als ich las, der Mörder des 84-jährigen Priesters in Frankreich sei mit einer Fußfessel ausgestattet gewesen und dennoch der Polizei durch die Finger geschlüpft, dachte ich spontan: das gibt's doch gar nicht, da hat doch einer dran gedreht. Dann fiel mir aber die damals geheimgehaltene Geschichte ein, die heute in öffentlich zugänglich gemachten Akten nachgelesen werden kann; daß nämlich das FBI 1977 in letzter Sekunde ein Attentat auf Präsident Carter verhindern konnte. Ein blinder Scharfschütze, der statt Sehvermögen ein spektakulär gutes Gehör hatte, wurde von Agenten der Behörde erschossen, kurz bevor er den Finger am Abzug krümmen konnte. Im Nachhinein fragt man sich, was ihm die Fähigkeit, noch auf dreihundert Meter Entfernung einzelne Stimmen in einer Menge identifizieren zu können, bei einer per Mikrophon über Lautsprecher gehaltenen Rede hätte nutzen können, doch es steht so in den Akten, also war es so. Der Attentäter hatte wohl einen starken Glauben an sich. - Doch, die Geschichte ist wahr!

Allmachtphantasien

Es sagte Goethe einst zu Schiller
Fritz spiel auf meiner Flöte Triller
doch Schiller Goethe Antwort gab
du gehst zu Lotte ich ins Grab

worauf der Goethe ganz verdrießlich
zu Schiller sagt ich spieß dich
auf meine Flöte auf geschwind
und Lotte mache ich ein Kind

Wie Doktor Faust dem Plagiat widerstand

Es sagte Einstein einst zu Faust
daß du die Relativität nicht klaust
die Theorie ist meine
darum ist sie nicht deine

Darauf sagt' Faust zu Einstein
es müßt' mein Herz aus Stein sein
die Relativität ist kein Plaisier
drum lasse ich sie gerne dir


Ein Missverständnis

Es sagte Beethoven zu Bach
hör, mein Gehör läßt nach
ich bin so taub als wär ich blind
oh zeig mir wo die Höhen sind

Bach sprach darauf zu Beethoven
bevor du blind wirst sollt'st du schwofen
mit Gastwirt Meiers drallem Gör
greif zu und schenk ihr dein Gehör

Projektbesprechung in der Kampagnenagentur.
Chefin: "Orlandomäßig, wie teasern wir das?"
Projektleiter: "Wie immer wollen wir maximale Identifikation. Unser Favorit ist 'Wir sind alle schwul' in Anlehnung an 'Wir sind Charlie' etc."
Chefin: "Erstens bin ich nicht schwul, und zweitens ist wohl die Bevölkerung gendermäßig noch nicht so weit, sich damit zu identifizieren."
Projektleiter: "Okay. Wir haben alternativ 'Wir sind alle schwul-lesbisch' ..."
Chefin: "Das kann doch niemand aussprechen!"
Projektleiter: "oder 'Wir sind alle lesbisch-schwul'".
Chefin: "Das kann doch überhaupt niemand aussprechen!"
Projektleiter: "Aber wegen der Identifikation..."
Chefin: "Nee, das funktioniert nicht. Habt ihr sonst noch was in petto?"
Projektleiter: "Ja, da gab es noch zwei Ansätze. Der eine ist 'Du bist gemeint' ..."
Chefin: "Ah, schon besser!"
Projektleiter: "und 'Wir sind Orlando'", auch wegen der Doppeldeutigkeit."
Chefin: "Na bitte, das ist es. 'Wir sind Orlando', das zieht. Noch irgendwas mit Regenbogenfahnen, um es abzurunden. Und stopft den Idioten das Maul, die von 'unschuldigen Opfern' faseln - das klingt nach verkappten Schwulenhassern, meine Fresse nochmal. Ich hab ja gleich gesagt, der Typ war dort Stammkunde und wurde wegen seines Jähzorns ausgegrenzt, mehr ist da nicht dran. Nicht übertreiben, wißt ihr doch. Die Lüge muß glaubwürdig sein, sonst glaubt das niemand. 'Wir sind Orlando', da steigen auch die Linken drauf ein, sehr gut, das machen wir. Fragt doch mal bei Lady Gaga an, ob die nicht einen passenden Song hat, so wie Alejandro, ihr wißt schon, (grummelt) Ale-Ale-jandro."
Projektleiter: "Ale-jandro, alle Orlando, klar, Gaga fragen. Jawoll, Gaga, geht in Ordnung."

Vorgestern waren wir Papst, gestern waren wir Charlie, irgendwie sind wir immer noch Merkel irgendwo, und jetzt sollen wir Orlando sein? Also ich bin immer noch Dicki, und nach dem planlos wirkenden ersten Spiel Belgiens bei der Europameisterschaft 2016, das ambitioniert wirkte, aber auch seelenlos, bin ich der Meinung, wir sollten einfach mal für fünf glorreiche Minuten Italien sein: schnelles, direktes Spiel, wenn sich die Möglichkeit bot, Ball halten, wenn es keine Anspielmöglichkeit nach vorne gab, jederzeit Anspannung und Leidenschaft - Fußball muß gelebt werden, dann haben auch die Zuschauer etwas davon. Ah, bella Italia! - Und im Endspiel wird die deutsche Mannschaft Europameister, weil sie einfach noch ein bißchen mehr drauf hat. Aber wir werden sehen.

Italien schießt Belgien 2:0 ab, das hätte heute für meinen persönlichen Autokorso genügt, nur bin ich leider kein Automobilist, da muß ein Jubelschrei beim Siegtor Italiens genügen. Paßt gut zu meinem gestrigen Einfall einer Antifa-Hymne, die rhythmisch von einem "Du-ce Du-ce Du-ce"-Chor getragen wird. Wie auch immer, wenn wir überhaupt irgendetwas sind, dann deutsch. Wenn nicht, dann einfach gar nichts. Nur Nullen, die auf eine führende Eins warten, damit sie etwas wert zu sein scheinen. Insofern könnten meinetwegen auch die Färöer-Inseln die Europameisterschaft gewinnen. Oder die Lofoten. Die Hebriden. Die Leoniden. Ist doch wurscht. Hauptsache Authenzität.

oder schlicht Coogan's Bluff im Orignal. Coogan (Clint Eastwoods erster Film unter der Regie von Don Siegel) ist Sherrif oder Deputy oder überhaupt irgendwie Polizist in Arizona und jagt mit seinem Dienstjeep nach einem Indianer, der auf einem Hügel mit Gewehr im Anschlag auf den Verfolger wartet. Ah, ein Western! rufen die Vorschnellen; nee! ein New York-Film zischen die Vorlauten. Jedenfalls:

Der Indianer schießt beim ersten Versuch daneben, Clint, der mit seinem Jeep durch ein Zwischending aus Wüste und Prärie angeholpert kam, dreht ein paar scharfe Kurven und flitzt im Schutz der so entstandenen Staubwolke zum Hügel. Bevor der Indianer die Frage, wo das Bleichgesicht geblieben ist, zuende gestellt hat, wird er schon entwaffnet und in Handschellen gepackt. Ab gehts zu
Clints Freundin, die Rothaut wird auf der Veranda angekettet, bekommt die erbetene Zigarette nicht, und muß sich die Liebesgeräusche aus dem Haus anhören.

Damit ist klar: Clint ist als Polizist eine große Nummer, er ist ein Frauenheld , und er ist ohne Mitleid. Weil er auch die Dienstvorschriften nicht immer beachtet, ist sein Chef froh, ihn nach New York ("Hab ich doch gesagt!" - "Schscht!") zu schicken, um einen John Ringerman abzuholen, der irgendwann irgendwas irgendwie in Arizona angestellt hat und dort vor Gericht erscheinen
soll. Und nun geht es los: Der Held vom Lande in der großen Stadt (mit vielen kleinen Episoden, die wir hier überspringen). Der zuständige Kriminalbeamte erklärt Clint, daß Ringerman auf der Krankenstation liegt und nicht transportfähig ist. Außerdem sind da noch viele nette kleine Formular mit Anträgen auszufüllen, dann muß noch irgendwer Offizielles zustimmen und dann, und erst dann und nur dann, kann Clint seinen Mann mitnehmen.

Das ist einfach zuviel für Clint, zuviel Komplikation, zuviel Bürokratie und zuviel Stadtneurotiker. Also holt er Ringerman auf eigene Faust ab, wird ausgetrickst und bekommt eins über die Rübe. Abgang Clint in die Ohnmacht, Abgang Ringerman in ein Versteck. Die Schmach läßt Clint nicht ruhen, und nach dem Anschiß vom zuständigen Kriminalbeamten macht er sich allein auf die Suche.
Der Zufall führt ihn zur Bewährungshelferin Ringermans, mit der er ein Abenteuer versucht, aber auf Neurosen stößt, dafür findet er Unterlagen über R.s Freundin und R.s Mutter. Bei letzterer dominiert Mutterliebe über Gesetzestreue, aber unfreiwillig verrät sie doch etwas und keift danach Clint an: "Sie mit ihrem Angeberhut!"

Halt, jetzt habe ich meinen Lieblingsspruch übersprungen. Über R.s Freundin sagt sie: "Oh, that's Linny Raven. She's a certified Ding-Dong." Schön, also weiter. Mit Linny klappt das Abenteuer, doch anschließend schleppt sie ihn in eine Billiardkneipe, wo R.s Kumpane stecken. Und Clint darf sich mit Queue und Kugeln mal so richtig einer gegen fünfzehn austoben. Die Polizei rückt an, bevor der Kampf entschieden ist, und Clint rückt ab. Der zuständige
Kriminalbeamte findet am Ort des Geschehens Clints Angeberhut und ist erstmals beeindruckt, der Polizist vom Lande hat jedenfalls Schneid.

Dann erfahren wir endlich den Grund für den Mangel an Mitgefühl: "Mitleid ist rot, rot wie Blut." Und Clint erzählt von einer Mitleidsregung eines Freundes (Ha! er selbst natürlich), die ihm eine schwere Schußverletzung einbrachte. Und dann läßt er sich von Linny zum Versteck führen, irgendwo in einem Parkgelände in New York, es gibt eine tolle Jagd auf Motorrädern über schmale Parkwege, bis Clint den andern umschmeißt und verdrischt und fesselt. Der zuständige Kriminalbeamte, rechtzeitig am Ort der Festnahme, erklärt Clint noch einmal die Prozedur mit dem Warten, den Formularen und der Genehmigung, und diesmal hat Clint kapiert.

Am Ende des Films steigt er mit Ringerman in den Helikopter auf dem Dach des PanAm-Gebäudes, steckt sich eine Zigarette ins Gesicht - und bietet Ringerman auch eine an. Schöne Schlußpointe für einen Film mit großer Action (für 1967), voller lebendiger Nebenhandlungen und nicht einmal zwei Sekunden Stummfilm, in
denen Don Siegel klarmacht, daß er lesbische Liebe verabscheut. Wenn man diese Einstellungen, die Rauch-, die Essens-, die Indianer-, die Verbrecher- und die Mann/Frau-Szenen rausschneidet, kann man auch einem politisch korrektem Publikum sagen: Großes Kino. Nur leider sehr kurz.

 

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