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Der Knabe hatte fest die Hand des Vaters gehalten, als sie das Museum betraten.Er war so aufgeregt: die Bilder und Statuen im Original zu sehen, die er aus den Büchern seiner Eltern kannte; an der Erwachsenenwelt teilhaben zu dürfen, für reif genug befunden zu sein!

Der Vater gesellte sich zu einer Gruppe Menschen unterschiedlichen Alters und sagte dem Kanben, daß jemand vom Museum mit ihnen allen herumgehen und die Kunstwerke erklären werde. Der Knabe freute sich darauf, fragte sich aber auch, ob er das schon verstehen würde. Eine freundliche Frau erschien, jünger als seine Mutter, blinzelte ihm zu und nahm die ganze Gruppe unter vielen Worten mit sich, in die Räumlichkeiten des Gebäudes hinein.

Der Knabe dachte sofort, daß sie in einem Kaufhaus seien und wollte dem Vater schon sagen, daß sie sich in der Tür geirrt hätten, doch die freundliche junge Frau ließ mehrmals das Wort "Kunst" verlauten und keiner der Erwachsenen schien sich im geringsten zu wundern. Stühle gab es, Tische, ein Bett, einen Kühlschrank, Schaukelpferde, Fußbälle, Schnüre, Spiegel und anderes Gerät, und vor jedem Teil verharrten sie und lauschten den Worten der freundlcihen jungen Frau.

Dann standen sie im Halbkreis um eine Stehlampe. "Diese Installation beeindruckt durch ihre Lampenartigkeit", sagte die freundliche junge Frau mit merklichem Stolz. "Sie hinterfragt die Lichhaftigkeit des Seins, lotet den Wechsel zwischen Hell und Dunkel in nicht dagewesener Präzision der Beobachtung aus." - "Aber Papi, das ist doch eine Stehlampe", sagte der Knabe, und die Erwachsenen lachten. Oh, die Unvernunft der Kinder! Die freundliche junge Frau schenkte ihm ein Bonbon. "Das ist hier ein bißchen langweilig für dich, nicht?" fragte sie.

Als die Gruppe weiterging, trat der Knabe entschlossen zur Stehlampe hin und drückte den Schalter, aber das Licht ging nicht an. Es mußte ein Irrtum sein. Hieß denn "Kunst", daß Geräte, die nicht funktionierten, in ein Museum gestellt wurden? Und wo waren jetzt all die interessanten Bilder und Statuen? Ein Ahnung zukünftiger Konflikte beschlich den Knaben und drückte ihm den Magen zusammen. Als er zur Gruppe aufschloß, achtete er sorgfältig darauf, nur die dunklen Stellen des Fußbodens zu betreten. Die Anspannung rechtfertigte sein Unwohlsein.
 

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