Im Wien des fin de siècle brütete der alte Theodor Herzl den Herzlinismus - nein, das hätte ziemlich mies geklungen - brütete er, sagen wir, Wunschträume aus, auf deren Grundlage sich bald eine zionistische Bewegung unter den europäischen Juden bildete. Sie stellten zwar nur eine Minderheit dar, aber ihr Glaube war stark: sie waren das auserwählte Volk Gottes (wie Talmud und Bibel bestätigten), sie wollten es weiterhin - oder wieder - sein, und sie erhoben Anspruch auf das Land ihrer Ur-Ur- (halt, soviele "Ur"s kann ich nicht schreiben, nicht einmal ausrechnen) äh, auf das 'gelobte Land' ihrer Vorfahren im weitesten Sinne, die vor bald 2000 Jahren von dort vertrieben worden waren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründeten sie die ersten Siedlungen, und noch bevor in Deutschland Hitler 1933 zum Reichskanzler gewählt wurde, gab es in Palästina ein Netz von Siedlungen europäischer Juden, die (die Juden, nicht die Siedlungen) von einem eigenen Staat träumten - auf arabischem Grund und Boden.
Die Zionisten - verstärkt durch zigtausende Flüchtlinge aus den von Nazi-Deutschland kontrollierten Gebieten - nutzten die Gunst der Stunde und leiteten ihr Recht, auf arabischem Land ihren eigenen Staat zu gründen, aus der Verfolgung und dem organisierten Massenmord von Juden durch das Naziregime ab. Obwohl damit Abkommen gebrochen wurden und Krieg unweigerlich folgen mußte, rief Ben Gurion 1948 den Staat Israel aus ("Israel" heißt "Gott führt Krieg"). So wenigstens erinnere ich mich aufgrund zahlreicher Dokumentationen unterschiedlicher Herkunft, nicht zuletzt der Autobiographie von Teddy Kollek ("Mein Leben für Jerusalem"), der über Jahrzehnte Bürgermeister des israelischen Teils von Jerusalem war und in den 20ern als junger Zionist von Österreich nach Palästina auswanderte.
Doch was lese ich heute in meiner Zeitung: Die Verantwortung für den Holocaust, für die Schoah ist Teil deutscher Identität. Und daraus folgt, dass wir unverbrüchlich zu den Israelis stehen. Nun ist es zwar irgendwie naturgegeben, daß Männer stehen, doch was für ein Bild bekommt der unpolitische Leser hier außerdem vorgesetzt? Die beiden Sätze legen den Schluß nahe, das III. Reich habe gegen Israel Krieg geführt, oder zumindest, daß Israel von den Überlebenden der "Endlösung" gegründet wurde und seitdem alle Juden in der Welt repräsentiert (da sollte man die Juden in aller Welt mal zu befragen, besonders jene, die sich durch die Politik Israels beschmutzt und bedroht fühlen). Die Geschichtsbücher müssen dringend überarbeitet werden.
Bittere Ironie: als Adolf Eichmann, ab 1942 Organisationschef der Transporte von Juden in die Vernichtungslager, 1961 in Jerusalem der Prozeß gemacht wurde, gab er zu Protokoll, daß er sich in den Juden sehr geirrt habe. Es sei eine starke und edle Rasse, der die Zukunft gehöre. Er bot ihr - bzw. dem Staat Israel - tatsächlich seine Dienste an! Wenn es zu seinem Wortschatz gehört hätte, würde er mit Sicherheit auch das Wort 'unverbrüchlich' verwendet haben. Es gehört zur Persönlichkeitsstruktur derTäter, daß sie sich mit derselben Rigorosität unterordnen, mit der sie Macht ausüben.
Die Zionisten - verstärkt durch zigtausende Flüchtlinge aus den von Nazi-Deutschland kontrollierten Gebieten - nutzten die Gunst der Stunde und leiteten ihr Recht, auf arabischem Land ihren eigenen Staat zu gründen, aus der Verfolgung und dem organisierten Massenmord von Juden durch das Naziregime ab. Obwohl damit Abkommen gebrochen wurden und Krieg unweigerlich folgen mußte, rief Ben Gurion 1948 den Staat Israel aus ("Israel" heißt "Gott führt Krieg"). So wenigstens erinnere ich mich aufgrund zahlreicher Dokumentationen unterschiedlicher Herkunft, nicht zuletzt der Autobiographie von Teddy Kollek ("Mein Leben für Jerusalem"), der über Jahrzehnte Bürgermeister des israelischen Teils von Jerusalem war und in den 20ern als junger Zionist von Österreich nach Palästina auswanderte.
Doch was lese ich heute in meiner Zeitung: Die Verantwortung für den Holocaust, für die Schoah ist Teil deutscher Identität. Und daraus folgt, dass wir unverbrüchlich zu den Israelis stehen. Nun ist es zwar irgendwie naturgegeben, daß Männer stehen, doch was für ein Bild bekommt der unpolitische Leser hier außerdem vorgesetzt? Die beiden Sätze legen den Schluß nahe, das III. Reich habe gegen Israel Krieg geführt, oder zumindest, daß Israel von den Überlebenden der "Endlösung" gegründet wurde und seitdem alle Juden in der Welt repräsentiert (da sollte man die Juden in aller Welt mal zu befragen, besonders jene, die sich durch die Politik Israels beschmutzt und bedroht fühlen). Die Geschichtsbücher müssen dringend überarbeitet werden.
Bittere Ironie: als Adolf Eichmann, ab 1942 Organisationschef der Transporte von Juden in die Vernichtungslager, 1961 in Jerusalem der Prozeß gemacht wurde, gab er zu Protokoll, daß er sich in den Juden sehr geirrt habe. Es sei eine starke und edle Rasse, der die Zukunft gehöre. Er bot ihr - bzw. dem Staat Israel - tatsächlich seine Dienste an! Wenn es zu seinem Wortschatz gehört hätte, würde er mit Sicherheit auch das Wort 'unverbrüchlich' verwendet haben. Es gehört zur Persönlichkeitsstruktur derTäter, daß sie sich mit derselben Rigorosität unterordnen, mit der sie Macht ausüben.
Dicki - am Fr, 04. Februar 2005, 0:26 - Rubrik: deutsche kenneweiss