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in eigener Sache

Hat zehn Tage gedauert: WindowsXP, Virus, Provider. Endlich alle Hürden genommen, vor wenigen Minuten die letzte, Überschrift: der geheimnisvolle Verbindungsassistent.

Gestern abend, als auch noch meine Stereo-Anlage herumsponn, war ich kurz, aber ganz kurz davor, sämtliche Geräte kaputtzuhauen und vom Balkon zu schmeißen. Ging gerade noch gut. Einziges Opfer ist meine Computermaus (leichte Verstümmelungen).

Also, da bin ich wieder. Uff.

In dieser Woche - während meiner Qualifizierungsmaßnahme - erinnert mich einiges an die ersten Arbeitstage bei einer "Agentur für digitale Kommunikation" (wer sich unter Kommunikation ein Gespräch vorstellt, ist ein sympathischer, aber kein moderner Mensch). Vormittags Java-Programmierung, nachmittags "installiere dies und das", klickerklacker, "richte die und die Verbindungen ein", Tabelle hier, Layout dort, Programmierung, klickerklacker. Damals in der Agentur neue Kollegen, neues Betriebssystem, neue Entwicklungsumgebung, Einweisung: klickerklacker klickerklacker.

Lernen bedeutet verstehen, lehren verständlich machen, klickerklacker ist gar nichts. Da braucht man sich erst gar nicht zuhause hinsetzen, um den Stoff nachzuvollziehen; das klickerklacker kann sich kein Mensch merken, und wer es dennoch geschafft hat, kann trotzdem nicht behaupten, es verstanden zu haben.

Auf beiden Seiten - Dozent und Schüler, Erfahrener und Neuling - ist und war jede Menge guter Wille vorhanden. Offenbar gibt es ein Kommunikationsproblem. Morgen werde ich dasGespräch suchen. Das hilft meistens.

Wir sind wieder wer: Papst, Deutschland, Kanzlerin. Man weiß gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht. Wer könnte in diesem Durcheinander noch einen klaren Kopf bewahren? Also lasset uns trinken - das Glas halbvoll geschonken, um es gänzlich zu leeren. Prost Neujahr!

hat mir das Jahr 2005 zwei tolle Sachen beschert: erstens bin ich Deutschland, zweitens bin ich - und das ist jetzt echt der Hammer! - Kanzlerin. Außerdem bin ich selbstverständlich der wahre Dicki, es liegt also eine - na, Ämterhäufung kann man schlecht sagen - Identitätshäufung vor. Wenn ich es recht bedenke, interessiert mich das Deutschland nach vorn bringen ganz und gar und überhaupt nicht, Deutschland zu sein ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Alsdann: danke für die Blumen, auch für die Ernennung, in der ich schlußendlich leider keine Erhebung sehen kann; ich bleibe was ich bin, nämlich der wahre Dicki, und schwebe erhaben über ... ach, ihr wißt schon, was ich meine.

Als ich heute zum Krankenhaus kam und ein paar Meter an dem Gebäude entlang zum Eingang schritt, hörte ich gedämpfte Schreie: "Aaaah! Ah! Aaaah! HILw! HILw! Aaaah! Ah!" Wurde da etwa eine Frau ohne Narkose operiert? Oder passierte sonst etwas Schlimmes? Aber nein, dies ist ein Krankenhaus. Da hat eine Frau starke Schmerzen, aber das Personal wird sich um sie kümmern.

Unterdessen hatte ich die Eingangshalle durchquert und einen Fahrstuhl bestiegen. Im dritten Stock wandte ich mich zur Chirurgie, betrat den Flur - und hörte wieder die Schreie:" Ah! Aaaah! Aaaah! Ah! Aaaah!" Die waren zuvor wohl durch ein auf Kippe geöffnetes Fenster bis zum Weg hinabgedrungen. Irritiert, beunruhigt, kopfschüttelnd betrat ich das mir bereits bekannte Dreierzimmer. Das Bett in der Mitte fehlte, der Raum wirkte irgendwie unordentlich. Die Frau bei der Tür grüßte, meine Mutter saß auf ihrem Bett am Fenster. Zur Begrüßung sprudelte sie gleich los: "Oh, das war so schrecklich, Gott sei Dank daß die jetzt raus ist. Das war nicht mehr auszuhalten." Und dann liefen ihr Tränen übers Gesicht.

Unter Mithilfe der Zimmergenossin erfuhr ich die Geschichte: Gegen Mittag hatten sie eine Neue aufs Zimmer bekommen, die "völlig idiotische" Fragen stellte, und zwar immer wieder und immer dieselben, so daß sowohl meine Mutter als auch ihre Zimmergenossin mehrmals und für längere Zeit das Zimmer verließen. Zum Abendbrot fanden sie sich wieder ein. "Ich hatte mich schon an den Tisch gesetzt, statt im Bett zu essen, da ging das wieder los und ich bin mit meinem Essen auf den Flur gegangen, ich konnte das nicht mehr ertragen."

Die Neue kriegte sich aber nicht ein, im Gegenteil, sie räumte den Nachttisch der Zimmergenossin ab, riß ein Telefon zu Boden und begann zu schreien, so daß die Stationsschwestern herbeieilten und sie aus dem Zimmer entfernten. - Meine Mutter versuchte, nun wieder gefasst, sich an die Fragen zu erinnern. Wohnen Sie auch hier? Haben Sie sich auch hier eingemietet? Kennen Sie auch Frau Soundso? In dieser Art. Ich vergaß, mich nach dem ungefähren Alter der Frau zu erkundigen; vielleicht, weil mir ein bestimmtes Bild wie eine Gewißheit vor Augen stand.

Eine Frau um die Fünfzig. Die Erschütterung, die ein Unfall, ein gebrochener Knochen mit sich bringt. Die plötzliche Unselbständigkeit. Desorientierung und zunehmende Angst in der fremden Umgebung. Die Unmöglichkeit, das Fremde zu verarbeiten, es mit der vertrauten Welt in Einklang zu bringen. Das schmale Band, das Wirklichkeit und Scheinwelt noch zusammenhält, zerreißt. Engel, Steine, Gurus oder was auch immer - fortgewischt. Schmerzend fremde Wirklichkeit. Panik. Zusammenbruch des Ich.

Heute in meiner Qualifizierungsmaßnahme:
Bevor es an das eigentliche Lernen geht, müssen wir zunächst Kommunizieren und Lernen lernen. In Teams erarbeiten wir uns mittels brainstorming etc. das Wesentliche zu den Themen Lernen, Stress und Kommunikation, präsentieren die Ergebnisse, und gucken einen Film (aus der Reihe "Alpha" des BR), in welchem uns Experten über Kommunikation auf der Sach- und der Beziehungsebene aufklären. Experten, die als selbständige Managementberater eigene Institute unterhalten, beispielsweise ein "Institut für gehirngerechtes Arbeiten"(dessen Leiterin seit 1970 hier und da wirkt). Ein anderer Experte (dunkelblauer Anzug, weißer Kragen, leuchtendblaue Weste, grellgelber Schlips), ebenfalls Institutsbetreiber, schildert aus seinen Seminaren: "Wo sehen Sie mich, frage ich an der Stelle, und eine beliebte Antwort ist 'zwei Meter vor mir'. Das ist falsch, sage ich dann, Sie sehen mich in Ihrem Gehirn." Das erläutert er mit weiteren Sätzen, während er sich vorbeugt und die Kamera fixiert, als wolle er hinenkriechen - in den Zuschauer. Spontaner Ekel schüttelt mich. Seine Körpersprache teilt mir mit, daß er Macht über mich haben will, und ich weiß, daß er gewohnt ist, Menschen zu manipulieren. Wenigstens dauert diese vorgebliche Wissenschaftssendung nur eine halbe Stunde.

Wir hören danach etwas über "Transaktionsanalyse", erfahren vom "Vier-Ohren-Modell", grausige Sprechblasen wie "kommunikative Kompetenz" und "effektives Kommunizieren" werden uns entgegengeschleudert. Seltsam, denke ich, daß alle Erklärungen und Erläuterungen des Dozenten sich fast ausschließlich an maschinelle Vorgänge anlehnen. Wo bleibe ich, wo meine Mitmenschen in dieser Art von Kommunikation, der business-bezogenen? Hat der Dozent, haben diese Experten ein mechanistisches Weltbild? Weshalb ist in den "Kommunikationsmodellen" nicht von Überzeugen, Erklären und Verstehen die Rede, als von Leistungen, die die am Gespräch beteiligten Personen aufzubringen haben? Weil, so meine Antwort, es in der Konsequenz nicht um Verständigung geht, sondern um Aufschwatzen, Aufdrängen und Manipulieren. Zu diesen Zwecken werden "Gesprächstechniken" und "Körpersprache" trainiert. Es geht um "effiziente Kommunikation", es geht um Macht. Hat ein gesunder Mensch das nötig?

Bekanntlich sind wir Deutschland, aber irgendwie ist Deutschland nicht allzu deutsch. Zu Beginn meiner Qualifizierungsmaßnahme wurde ein Auszug aus "Das neue IT-Weiterbildungssystem (APO-IT)" verteilt. APO steht darin für arbeitsprozeßorientiert und führt zum ersten Stirnrunzeln. Im Folgenden spielt Kompetenz eine große Rolle und ein schubladengenaues Einteilen von praktischer Tätigkeit in 29 Berufsbezeichnungen "auf"der Spezialistenebene". In Zukunft - zunächst bundesweit, angestrebt ist europaweite Anerkennung - ist nur diejenige Person für einen dieser Berufe qualifiziert, die ein entsprechendes Zertifikat vorweisen kann, was man hierzulande bestens kennt: nicht das Können ist wichtig, sondern ein Stück Papier

In einer Liste sind dann die Berufe aufgeführt, z.B. "Software Developer", "Database Developer", "User Interface Developer", "Technical Writer" oder auch "Industrial Systems Technician", kurzum, alles sehr bedeutungsvoll und hip. Da wir aber irgendwo doch noch Deutschland sind, steht in Klammern eine quasi-deutsche Bezeichnung dahinter, also "Softwareentwickler/in", "Datenbankentwickler/in", "Nutzerschnittstellenentwickler/in", "Dokumentationsentwicklerin/in" oder auch "Industriesystemtechniker/in". Man sieht, es wird viel entwickelt und alles ist in. Besonders gut gefällt mir dabei "Knowledge Management System Developer" (i.e. "Wissensmanagementsystementwickler/in"). In meinen eigenen Worten: doofe Berufsbezeichnungen von den heutigen Doofen für die morgigen Doofen. Deutschland hat demzufolge das geistige Niveau von Werbeeinblendungen (Advertisement Fade-Ins). Oder Weihnachtsblinklichterketten (X-Mas Blinking Strings). Oder WC-Geruchsverbesserern (Toilet Smell Optimizers).

Während eine empörte Doktorin in einem Leserbrief an meine Zeitung - meine Ex-Zeitung, um präzise zu sein - gegen die ungeheure Anmaßung der Langzeitarbeitslosen anschreibt, von ihren, der Frau Doktor, Steuergeldern Kino- und Theaterbesuche finanzieren zu wollen, verrät ein Herr Schreckenberg (der heißt wirklich so!), wofür die Steuergelder tatsächlich verwendet werden sollen: die Schaffung intelligenter Straßen. Frau Doktor, dagegen dürfte doch nichts einzuwenden sein?

Da die Menschen, autofahrende Individuen zumeist, immer dümmer werden, müssen eben die Straßen intelligent werden. Und eines Tages gründen sie dann wohl Parteien und stellen sich zur Wahl. Ich wähle dann immer so ein hübsches Gässlein mit buckligem Pflaster und verworfenem Trottoir, wo Moos und Gräser aus den Ritzen quellen und an dem kein aufgeklärter Staatsbürger etwas finden kann.

Unbezähmbare Angelique hat mich daran erinnert, daß in meiner Mutter Bücherregal ein halbes Dutzend Bände Angélique standen, des großen Bucherfolges Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre, im Laufe der Zeit in viele Sprachen übersetzt und in zahlreichen Pracht- und Sonderausgaben veröffentlicht. Ich erinnerte mich, wie ich als Kind mit Neugier diesen fremden Namen entziffert hatte, und mit neuerwachter Neugier erstand ich in einem Ramschladen vor wenigen Wochen zwei Bände, die ich mittlerweile geradezu verschlungen habe.

Man muß Angélique einfach lieben, die echte Angélique; oder nicht eigentlich die echte, vielmehr die originale, von Anne Golon erschaffene. Oder nicht eigentlich sie, sondern ihre und ihrer Abenteuer Schilderung: vorausgesetzt, man hat einen guten Humor. Dann können die in blumigsten Worten beschriebenen Banalitäten, kann die in großartige Schauplätze hineinversetzte enge Erlebniswelt durchaus entzücken. Der von quirinus gelegentlich angeführte Tobi würde beim Lesen ein ums andere Mal aufjuchzen. Leute, das ist Edelkitsch, das müßt ihr gelesen haben!

Außerdem, so glaube ich, lehrt einen Mann die Lektüre dieser Bücher (eingedenk der Tatsache, daß Millionen Frauen die Romane als Wortwerdung ihrer Träume gelesen haben) mehr über das Wesen der Majorität der Frauen als zwanzig Ehejahre, auch heute noch, fast fünfzig Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes der Angélique-Saga (Frauen ihrerseits sollten Jerry Cotton, Perry Rhodan oder am besten gleich Karl May, wegen der geschliffenen Dialoge vielleicht sogar Raymond Chandler, lesen, um das Wesen der Männer zu erfassen).

Der Marquis de Contenance zitiert beinahe wörtlich die allerersten Sätze, die einen Vorgeschmack auf das geben, was den Leser als volle Wucht des Angélique-Universums packen, verschlingen und vernichten wird. Einmal, ein einziges Mal, will ich es aussprechen: Angélique ist eine dumme Gans. Aber dermaßen grandios!

Das ist ein schönes Wort, das ich erst lieben gelernt habe, als es von dem laschen, zu weichem 'Albtraum' abgelöst zu werden begann. Eben las ich es wieder, natürlich in einem älteren Buch. Die Schrecken eines Alptraums überragen die eines Albtraums so wie die Alpen die Alb.

 

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