Wir haben uns daran gewöhnt, daß mit Skistöcken bewehrte Frauen (viele) und Männer (nicht so viele) Freizeitparks und Naherholungsgebiete durchwalken, doch immer häufiger müssen wir sehen, daß Stöcke im Straßengraben liegen, Stöcke aus Abfallbehältern ragen, Stöcke im Unterholz dahingammeln. Offenbar verlassen in zunehmendem Maße Teilnehmer von Nordic Walking-Kursen Hals über Kopf diese Veranstaltungen. Gleichzeitig herrscht bei Vereinen und freiberuflichen Sportlehrern unvermindert Nachfrage: Deutschland, so möchte man meinen, wird erst wieder zur Ruhe kommen, wenn jeder Bürger Nordic Walking erlernt hat.
Hier konnte der Deutsche Sportbund (DSB) nicht länger untätig sein und hat nun beschlossen, daß vor dem Belegen einer Nordic Walking-Ausbildung ein Befähigungsnachweis erbracht werden muß, und zwar in Form einer dreiteiligen Prüfung. Für 50 Euro Startgebühr kann jeder geschäftsfähige Deutsche diese Prüfung absolvieren (über Ermäßigungen für Schüler, Studenten und Schwerbehinderte wird noch beraten). Die Teilprüfungen heißen Taillentest, Keulentest und Kältetest. Wer einen Test nicht besteht, darf sich gleich nach Hause verabschieden. Für die Übrigen gilt: nur wer zu jener Gruppenhälfte mit den besseren Testwerten gehört, darf auch Nordic Walken.
Zur Veranschaulichung der Teilprüfungen im Folgenden ein paar Schnappschüsse von der Pilotveranstaltung im Landkreis Oberhammelwarden.
Erste Teilprüfung: Taillentest
Die Kandidaten müssen eine Stunde lang, mit dem Rücken auf der Erde liegend, ihre Beine in der Luft umherschlenkern. Erfindungsreichtum in den Bewegungen wird bewertet.
Zweite Teilprüfung: Keulentest
Die Kandidaten müssen 15 Minuten lang mit einer Keule in jeder Hand ihre Arme ausgestreckt vor sich halten. Hierbei muß die vorgeschriebene Haltung exakt ausgeführt werden.
Dritte Teilprüfung: Kältetest
Die Teilnehmer müssen bei Temperaturen von max. 10 Grad Celsius zehn Minuten unbekleidet leichte Gymnastik darbieten. Hier sind Harmonie und Rhythmus gefordert.
Wie man sieht, ist die Prüfung ausgesprochen selektiv. Damit aber jeder Bürger doch noch zu seinem Nordic Walken kommt, bieten Vereine und Kommunen Vorbereitungskurse an, in denen man sich für die Prüfung fit machen kann. Und dann heißt es bald landauf, landab: Heute schon gewalkt?
Steh ich da an der Kasse, ein Lulatsch vor mir, davor einer vom Supermarkt, davor ein Pärchen Vierziger. Die Waren flutschen übers Band, die Beträge in die Kasse, die Card steckt bereits im Lesegerät - ach, die Bananen sind nicht abgewogen. Die Frau eilt davon in Richtung Obst und Gemüse. Wir stehen und warten, warten und stehen, stehen und warten. Der Mann flegelt sich vor lauter Warten und Stehen schon beinahe auf den Tresen. "Vielleicht", sagt er zur wartenden - und sitzenden - Kassiererin, "vielleicht hat sie noch etwas einzukaufen gefunden." Die Kassierein lacht, der Lulatsch ebenfalls, und sogar ich. Aber es wird uns doch ein bißchen lang, dies Stehen und Warten.
Doch da fiept es nebenan. Ein Mann mit Karohemd und Jeans wird von der aufgeschreckten Kassierein angerufen, er möge doch bitte herkommen. Bereitwillig zückt er dann auch sein Tabakspäckchen aus der Brusttasche ("Die Marke führen Sie gar nicht, die hab ich im Tabakladen gekauft") und bewegt es am Detektor entlang. Kein Fiepen. Dann geht er selbst am Detektor entlang, und sofort fiept das Ding los. Ein Blick in seine Plastiktüte enthüllt nichts Verbotenes. Er führt sie am Detektor entlang: fiep! fiep! fiep! - "Das ist bestimmt das Hemd", sage ich zum Lulatsch. - "Das ist die Plastiktüte", sagt er zu mir, und wir lachen. Der Supermarkttyp inspiziert ihn nun genauer (läßt sich die Schuhsohlen zeigen, also, auf was die so kommen), findet aber kein Diebesgut und läßt den Mann gehen, der - ich bewundere ihn dafür - seine gute Laune nicht einen Augenblick verloren hat.
Wo ist aber jetzt die Frau mit den Bananen? Alle halten Ausschau, alle halten es kaum noch aus, und hinter mir halten ein paar Brillbärte offen zur Schau getragenen Mißmut für salonfähig. "Da!" Ja, da - "da kommt sie", und außer den Bananen hat sie ein Stück Butter und noch etwas - ist das Quark? - dabei. Dann geht ihr auf, daß die Kasse blockiert war, weil sie die Codenummer für die Card nicht eingegeben hatte, und freundlich bittet sie um Entschuldigung. Der Lulatsch und ich lachen sie ebensofreundlich an. War immerhin unterhaltsam. Sie dreht sich noch einmal um: "Dafür wird der Sonntag umso schöner, das verspreche ich Ihnen." Besser kann man sich kaum entschuldigen.
Das Krokodil tut seine Absicht kund
voll spitzer Zähne klafft der Mund
Das Nilpferd seinerseits jedoch
beißt in das Krokodil ein Loch
"a) Die Zigeunertonleiter"
"b) Die Negertonleiter"
Wunderbar, denke ich, da hört man geradezu, was gemeint ist. Aber - Politisch korrekt ist das mal eben nicht, denke ich. Wie müßte man also sagen - Romatonleiter? Dann werden einem die Sinti womöglich was husten. Sintitonleiter? Die Roma wären nicht gut auf einen zu sprechen, vermute ich. Und was ist mit Afrikanertonleiter? Aber die Afrikaner haben doch den Blues und Jazz nicht erfunden! Also Afroamerikanertonleiter? Puh! Dass' jetz echt too much. Sollen sich die politisch Korrekten den Kopf darüber zerbrechen ...
Was meint er, wenn er dies sagt: "Die Privatisierungsgegner beschleunigen durch ihr Verhalten die Privatisierung." Oder - zum Thema Outsourcing (Reinigung, Küche): er sei kein Anhänger solcher Auslagerungen, aber sie seien anderswo längst an der Tagesordnung - "und wir können dies nicht verhindern." Nicht verhindern, daß sie anderswo auf der Tagesordnung stehen? Oder daß sie in diesem Falle durchgeführt werden? Wer ist "wir" - diejenigen, die solche Entscheidungen treffen (obwohl sie, wie es das Wesen von Entscheidungen ist, auch andersgerichtete Entscheidungen erwägen könnten)?
Dieser Herr bringt dann noch einen Personalbinnenmarkt ins Spiel - werden da Pfleger und Schwestern verhökert? Wie auch immer, die Reformen müssen selbstverständlich schnell angepackt werden. "Wenn alles so weitergeht, kommt die Privatisierung schneller als sich einige das vorstellen." Ja wie, ist die Privatisierung denn nicht längst an der Tagesordnung und beschlossene Sache?
Ich stelle mir allerdings ein Gesundheitswesen vor, daß zum Wohle aller Bürger über Kassenbeiträge und Steuergelder finanziert wird und nicht dem Wirtschaftlichkeitsprinzip unterworfen ist. Wenn dies politisch gewollt würde, könnten die notwendigen Schritte eingeleitet werden, um dahin zurückzugelangen. Sonst kommt tatsächlich die Privatisierung schneller, als mancher glaubt - weil sie der eigentliche Sinn und Zweck des ganzen Traras ist. Und für arme Menschen heißt es dann: "Wir müssen leider draußen bleiben."
Gleich leg ich mal Dead Kennedys auf: "Kill the poor". Da gibt's kein Wischi-Waschi und kein Sprachgehunze, die sind konsequent.