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Wie ist das mit Liedern und Songs. Lieder werden gesungen, gepfiffen, geträllert und gesummt bzw. vorgetragen und dargeboten, wenn sie in Konzerthäuser gelangen. Was werden Songs? Antwort: auf Tonträger gepresst. Diese Trickfrage hatte sich B. ausgedacht, um mich zu ärgern, weil er sich über mich geärgert hatte, und zwar wegen der folgenden Begebenheit.

Vor kurzem las ich B. eine meiner Geschichten vor in der Überzeugung, ein Kleinod geschaffen zu haben. Der Schlußsatz lautete: So trank ich, Friedens reich, an die hundert Wasser. Sofort rief B. empört, der heiße doch gar nicht Andi. Ah, erhob ich meinerseits die Stimme, du hast den Witz erkannt und lachst nicht? - Dummer Witz, dummer Witz! - Ob meine Witze dumm sind entscheide immer noch ich! - Das solltest du deinem Publikum überlassen! - Papperlapapp, meine Pointen gehören mir!

Ein Beispiel dafür, wie man Krach durch Freude bekommt, genauer gesagt, weil man Freude bereiten will. Freude bereiten mir Schauspieler und Darsteller, die ich mag. Heinz Bennent mag ich nicht, er spielt aber in "Die letzte Metro" eine der drei Hauptrollen, also muß ich ihn hinnehmen. Erste Szene: Gerard Depardieu baggert eine Frau auf der Straße an, die ihn schließlich mit der Telefonnummer der Zeitansage abblitzen läßt. Depardieu begibt sich ins Theater Montmartre, wo er einen Kontrakt als Hauptdarsteller unterschreibt. Man stellt sich vor, und siehe da! die Ausstatterin ist jene Frau von der Straße. Das bringt eine Menge Schwung und Stoff für einen running gag. Wo steckt der geflohene Theaterleiter Heinz Benennt? Wer ist der Mann, mit dem sich Depardieu konspirativ trifft? Weshalb schleicht Catherine Deneuve nachts in das Theater ihres Gatten? Der Fragen sind viele, von ihnen, vom Theaterleben, und vom Alltagsleben unter deutscher Besatzung lebt der Film, und er lebt gut davon. - Weshalb ist Heinz Bennent mir unsympathisch? Ich weiß es nicht; er ist es eben.

Schauspieler und Darsteller. Durch Silbentausch bekommen wir Schausteller und Darspieler (mit hartem "d"), letztere traditionell im Orient ansässig, auch Morgenland genannt. Nahost, Fernost - schnöde. Aber Orient, Morgenland, Arabien - da denke ich nicht an blutige Fehden, Krieg, Landraub, Haß und Terror, sondern an eine geheimnisvolle, nicht immer ungefährliche, aber immer interessante Fremde, wie sie uns aus Märchen und Legenden entgegenlacht. Ich meine, bei "Venedig" denkt doch auch keine Sau an im Brackwasser durch die Stadt gondelnde Köttel, bei "Venedig" schwebt der gesamte Glanz der ruhmreichen Geschichte mit, bis man die Scheiße mit eigenen Augen sieht. - Levante ist auch okay.

Jetzt noch ein Zuckerl: unkorrekt sage ich immer noch "Zigeuner", so wie Alexandra damals "Zigeunerjunge" sang, weiß aber, daß es p.c. "mobile ethnische Minderheit" tönt. Für die Einen ist es ein Zigeuner, für die Anderen die wahrscheinlich längste Formulierung der Welt.

Im Unland ist Wahlkampf, dort kann der radfahrende Zeitgenosse das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und sich während eines Ausflugs en passant politisch bilden. Von dieser Möglichkeit machte ich heute Gebrauch. Eingangs der Ortschaft "Ortschaft" [Name von der wahre Dicki geändert] erspähte ich ein kleingeratenes Plakat für NP. Ich sah nochmal hin, es stand ein längeres Wort darunter. Hatte ich richtig gelesen? Erst einmal weiter der Straße nach. Da lachte mir schon ein Plakat von Die Linke entgegen. Lachte ist zuviel gesagt, das Plakat zierte ein blühender Kaktus und der Slogan "die sticht" (Ob's glauben oder nicht, der fiel mir aufs Gesicht, nun weiß ich daß ihr kleiner grüner Kaktus sticht). Freundlicher die Grünen: "Damit sich im Land was dreht", darunter eine Sonnenblume. Es darf bezweifelt werden, daß die Stimmen der Landbevölkerung mit sich drehenden Sonnenblumen gewonnen werden können. Routiniert die SPD: "Gemeinsam für Ortschaft". Was genau gemeinsam, weiß man zwar nicht, aber Gemeinsamkeit kommt allemal besser an als Zerwürfnis. Vorbildlich die FDP. "Erst sparen, dann ausgeben", dazu ein fröhliches Sparschwein. So versteht auch Lieschen Müller Volkswirtschaft, und das Milchmädchen rechnet schon mal los. Couragiert die CDU: "Mut zur Verantwortung schafft Arbeitsplätze". Entscheidend ist nicht, ob das inhaltlich stimmt, sondern daß drei Schlüsselbegriffe zu einem Slogan vereint werden konnten. Wenn ich wahlberechtigt wäre in Ortschaft, ich würde der betreffenden Agentur meine Stimme geben. War's das? Nein, noch einmal fiel mir ein Plakat für NP auf. Darunter stand "Lebensmitteldiscount", und der war dann auch gleich nebenan. Fazit: So groß sind die Unterschiede zwischen den Parteien gar nicht.

denn der ist mir gründlich mißlungen. Stattdessen ein Interview, das mehr sagt, als - äh - über den Menschen als Komiker - äh - als der Komiker - als man denkt.

An einem der letzten Kalendersommertage des Jahres 1990 saß ich in einer Kneipe, die mittlerweile auf drei Jahrzehnte feucht-fröhlichen Stadtteilmittelpunktdaseins zurückblicken kann, immer noch weitgehend als unhippes Lokal in einem unhippen Viertel betrachtet von den Einwohnern des subkulturellen Zentrums Bremens, und blätterte in der Titanic, bis ich auf eine "Aus Onkel Max' Kulturtagebuch" überschriebene Kolumne stieß. Titel der kurzen, aber aufschlußreichen Betrachtung: "Schränke, Sex, Selbstmord: ein Blick zurück". Der Autor wagte einen Blick in die Zukunft und schrieb, vor ihm lägen "die schweren Jahre von 33 bis 45" - und eroberte mein Herz im Blitzkrieg; fortan war Max Goldt für mich Pflichtlektüre. Eine selbstauferlegte, also freiwillige Pflicht; eine Pflicht wie Honig mit nur gelegentlichem Bitter. Selbstverständlich erwarb ich sein Frühwerk bzw. ließ es mir schenken, erfreute mich an "Die Radiotrinkerin" und dem ersten Band der Titanic-Kolumnenaufsätze "Quitten für die Menschen zwischen Emden und Zittau".

Sein Sprachwitz, der nicht aus dem Nichts kam, sondern Vorbilder hat, ist zu einem meiner Vorbilder geworden, besagter Inspirator (ich lasse das so stehen, obwohl es etwas Anderes zu bedeuten scheint, als ich meine) verlor aber mit der Zeit an Würze. Als Goldt zu erlahmen begann, erlahmte auch mein Interesse, ohne jedoch zu versiegen: ich verdanke dem seltsamen Herrn zahlreiche Momente guter Laune; das bleibt, mag er auch gedanklich stehengeblieben sein (beim Dauerumgang mit den Arrivierten des komischen Gewerbes vielleicht unausweichlich) - schön, schön war die Zeit, ob ich nun die legendäre letzte Zigarette gereicht bekam oder alles über die EFTA und über Sitzsäcke erfuhr. Onkel Max, wir danken dir!

{Nachtrag] Der verlinkte Text ist nicht nur schluderig mit dem Original umgegangen, sondern hat es auch verstümmelt; man erfährt nicht, wer die hingerichtete Frau ist, und das ist doch Teil des Witzes! Also: Original lesen (z.B. in "Die Radiotrinkerin").

Als ich damals las, unsere Stadthalle, der man einen "AWD-Dome" übergestülpt hatte, der nun verfallen war, solle auf keinen Fall wieder "Stadthalle" heißen (diese Zeiten sind ein für allemal vorbei, mögen da Entscheider gerufen haben), reichte ich ganz offiziell einen Namensvorschlag ein, und bekam darauf folgende Antwort:

Sehr geehrter Herr Wahrer Dicki,

wir danken Ihnen für die mit Posteingang vom xxxx bei uns eingereichte "name suggestion". Im Prinzip gefiel uns der von Ihnen angedachte Name gut, aber für Umbenennungen ist die eigens eingerichtete Kommission "cityplaces" zuständig, an welche wir Ihren Vorschlag weiterleiteten. Nach schwierigen und zeitintensiven Recherchen teilt uns die Kommission mit, daß eine Umbenennung der früher als "Stadthalle" bekannten Immobilie in "townhall" irreführend und damit unzweckmäßig wäre, denn dieser Begriff steht im Englischen für "Rathaus" und keinesfalls für "Stadthalle".

Schade, dachte ich, besonders als ich gestern erfuhr, die "früher als Stadthalle bekannte Immobilie" werde zukünftig den Namen "ÖVB-Arena" ertragen müssen. Ein bißchen originäre Blödheit hätte vielleicht geholfen, die Entscheider zur Besinnung zu zwingen.

 

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