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Daß Der Untertan von Heinrich Mann im Kaiserreich spielt und Leben und Aufstieg eines Unternehmers schildert, wird wohl noch bekannt sein. Daß diese Schilderung aber examplarisch ist und mehr über 'die Deutschen' erzählt, als ihnen auch heute noch lieb sein kann, macht seine Aktualität aus. Kurt Tucholsky bezog sich auf die Weimarer Republik, doch erkenne ich in seinen Worten - aus einer Literaturkritik über den Roman Der Untertan - eine erschreckende Allgemeingültigkeit:

Denn diese beiden Charaktereigenschaften [...] sind am Deutschen auf das subtilste ausgebildet: sklavisches Unterordnungsgefühl und sklavisches Herrschaftsgelüst. Er braucht Gewalten, Gewalten, denen er sich beugt, wie der Naturmensch vor dem Gewitter, Gewalten, die er selbst zu erringen sucht, um andere zu ducken. Er weiß: sie ducken sich, hat er erst einmal das 'Amt' verliehen bekommen und den Erfolg für sich. [...]

Die alte Ordnung, die heute noch genauso besteht wie damals, nahm und gab dem Deutschen: sie nahm ihm die persönliche Freiheit, und sie gab ihm Gewalt über andere. Und sie ließen sich alle so willig beherrschen, wenn sie nur herrschen durften! Sie durften.
[...] Und jeder strebte nur immer danach, so ein Amt, so eine Stellung zu bekommen - hatte er die, ergab sich das Übrige von selbst. Das Übrige war: sich ducken und regieren und herrschen und befehlen.

Die vollkommene Unfähigkeit, anders zu denken als in solchem Apparat, der weit wichtiger war denn alles Leben
[...]

Es ist ja nicht wahr, daß versipptes Cliquentum und gehorsame Lügner ewig und untrennbar mit unserem Lande verknüpft sein müssen. Beschimpfen wir die, loben wir doch das andre Deutschland; lästern wir die, beseelt uns doch die Liebe zum Deutschen. Allerdings: nicht zu diesem Deutschen da. Nicht zu dem Burschen, der untertänig und respektvoll nach oben himmelt und niederträchtig und geschwollen nach unten tritt, der Radfahrer des lieben Gottes, eine entartete species der gens humana.
quirinus meinte am 21. Nov, 06:41:
So isses wohl, so mags wohl sein. Aber zu alledem gehört auch, daß Tucholsky zu Beginn des 1. Weltkriegs Feuer & Flamme war, sein Herausgeber Raddatz das jahrelang verschwiegen hat und viele es bis heute noch nicht wissen. 
Dicki antwortete am 21. Nov, 16:20:
Zu den vielen gehörte bis eben auch ich. Au, Kurt! 
 

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