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What Can the Social Sciences Contribute to Peace? [in einer neuen Weltordnung, mit Weltgesetzen, einer Weltpolizei und einer Weltregierung] fragte Henry A. Murray 1951 im Titel seiner Buchveröffentlichung, auf deren Titelblatt der Hinweis steht: including America's Mission. "Die Vereinigten Staaten sind die Abstraktion der One World, die jetzt ihrer Erschaffung entgegensieht. Das Los ist auf die USA gefallen, die Führerschaft bei der Durchführung dieses letzten und schwierigsten Experiments zu übernehmen; einem globalen Feldzug des Guten gegen das Böse. Indem wir uns völlig einer Weltregierung verpflichten, erquicken wir die Herzen aller Menschen auf der Erde mit der Aussicht auf Sicherheit, die dem Zauber jedweder Art von Totalitarismus entgegenwirken kann. Der nationale Mensch ist obsolet und muß in einen Weltmenschen verwandelt werden."

Da frag ich mal ganz naiv: wollten nicht auch die Nazis einen neuen Menschen schaffen, eine Weltregierung errichten, meinten sie nicht auch die Führerschaft in einem letzten und schwierigsten Experiment antreten zu müssen, unternahmen nicht auch sie einen globalen Feldzug des Guten gegen das Böse (Überlebenskampf des deutschen Volkes, Vernichtung der jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung)?

Wie aber kann er, der nationale, als obsolet apostrophierte Mensch in einen Weltmenschen verwandelt werden. Nun, the answer my friend is blowin' in the wind; also beginnt das Heer der Sozio- und Psycho-, nein, nicht -pathen, sondern -logen, fröhlich mit den Menschen alter Machart zu experimentieren. Die CIA fördert und begleitet diverse Programme, beispielsweise die Erforschung von Techniken zur Zerstörung und Auslöschung einer Persönlichkeit, um auf einer tabula rasa das gewünschte neue Bewußtsein zu implementieren (beschrieben in Naomi Kleins Buch "Die Schockstrategie"); Murray verabreicht seinen Versuchspersonen LSD und beobachtet deren Verhalten unter Stress (unter seiner Anleitung wird Timothy Leary, mit freundlicher Unterstützung der CIA, zum LSD-Professor).

Immer wieder lebt ein von den Erkenntnissen der Naturforscher längst überholtes und dem gesunden Menschenverstand nicht vermittelbares mechanistisches Menschenbild auf, und immer kommt es Hand in Hand mit einer bipolaren Weltauffassung daher: das Gute kämpft gegen das Böse; das Böse ist außerhalb der Guten, es ist personifizierbar, und es muß ausgelöscht werden, ob
Menschen dazu umprogrammiert oder umgebracht werden müssen. Daran mußte ich heute morgen schon einmal denken, als ich las, es werde das öffentliche Aufhängen des Massenmörders Breivik gefordert. Das ist spektakulär, macht ein gutes Gewissen, und vertreibt für den Augenblick das Böse in uns selbst, das wir nicht in unsere Perönlichkeit integriert haben. Kehrt es zurück, müssen wir eben wieder ein personifiziertes Böses vernichten.

Die Menschheit, die geistige, kultivierte Menschheit, hat dieses und viele andere Übel längst erkannt, doch alle Konzepte zur Veränbderung, menschenfreundliche wie -feindliche sind gescheitert, beginnend (um irgendwo einen Anfang zu finden, der uns heute noch nahe ist) mit der Aufklärung, die den Menschen (vulgär jeden Menschen) für dem Wesen nach gut hielt; da war die katholische Kirche weiser und aus Weisheit pragmatisch (ich rede von ihrer Lehre, nicht von Pfründen, Pfaffen und Machtanspruch; von den zehn Geboten, der Messe, der Beichte, der Caritas und dem Evangelium). Die französische Revolution rief ein Zeitalter der Vernunft aus, und richtete vom Sturm auf die Bastille 1789 bis zum Sturz der Jakobiner 1795 ein Blutbad an, das sich dennoch harmlos ausnimmt verglichen mit dem Blutzoll der napoleonischen Kriege. Wirtschaftsliberalimus, Marxismus, Faschismus, Kommunismus, Psychotherapie - alles Kinder der Aufklärung einerseits und der Industrialisierung andererseits, haben uns immer tiefer in die Scheiße geritten, die europäische Kultur ist längst in das Stadium der Dekadenz und des Verfalls eingetreten. Die Industrialisierung hat ein menschenfeindliches Umfeld geschaffen, an das sich der neue Mensch anpassen kann und anpaßt, der althergebrachte, beseelte Mensch kann es nicht und wird als Betriebsstörung beseitigt; das ist die Gesetzmäßigkeit der Evolution, ob es uns gefällt oder nicht, wir sind in diesem Sinne die Neandertaler der Moderne.

Alles Geistige ist vom Leben hervorgebracht worden, ist Teil des Lebendigen, irdisches Abbild einer Eigenschaft dieser Welt (oder des Göttlichen, je nachdem, wie man es betrachtet). Maschinen sind leb-, also auch geistlos. Solange sie funktionieren, sind sie nützlich. Dieser Maßstab gilt seit Beginn der Industrialisierung zunehmend für Menschen, und es zerbrechen Viele daran. Manche zerstören sich selbst, viele werden aufgerieben, manche laufen Amok. Wie auch immer, eine Zukunft haben wir nicht; die Menschheit ist passé.

{Henry A. Murray zitiert nach "Das Netz", ein Film von Lutz Dammbeck. Den Hinweis darauf verdanke ich - mit Verbeugung - quirinus]
 

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