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Es gehört zu den Unarten der Linken, einen regulierten Antirassismus einzufordern; ich weiß nicht, was diese Leute für ein Problem haben. Es liegt in der Natur des Menschen, Fremden gegenüber reserviert und vorsichtig zu sein, es gibt aber auch eine Kultur der Gastfreundschaft, die dieser Distanz Rechnung trägt, ohne irgendwen auszugrenzen.

Zunächst die italienischen, dann die jugoslawischen und türkischen Gastarbeiter hatten keinen guten Ruf. Aber in den großen Streiks der 60er und frühen 70er Jahre haben die deutschen Arbeiter gemerkt, was sie an ihren ausländischen Kollegen hatten, nämlich gleichrangige Mitstreiter, und die gemeinsamen Aktionen haben manches Vorurteil hinweggefegt, ohne die Unterschiede vergessen zu lassen: das ist praktische und praktizierte Solidarität. Es ist nun einmal so, daß hinter dem Gemeinsamen das Trennende an Gewicht verliert. Anstatt also starren Rassismus zu fordern - oft eine Chiffre für Kritkverbot -, sollte man das Gemeinsame fördern. Wie das?

Sieht man sich Neubauviertel in den Städten und auf dem Lande an, sucht man vergeblich nach Begegnungsstätten. Das waren früher, ich habe es noch vor Augen, die kleinen Läden und die Eckkneipen, wo man sich alltäglich begegnete; man würde das heute als soziales Umfeld bezeichnen, es war aber vor dem Siegeszug der Supermärkte und Einkaufscenter die natürliche Struktur der Wohnviertel. Man kann das Rad nicht zurückdrehen? Man sollte aber tun, was vernünftig ist, und das Business appeliert ganz unvernünftig immer an niedere Instinkte.

Fernsehen gab es auch nicht rund um die Uhr (sofern sich die Menschen überhaupt schon ein Fernsehgerät leisten konnten), sondern spätestens um ein Uhr war Sendeschluß. Langweilig? Keineswegs, das Programm hatte für jeden etwas in petto, vom Konsumenten bis zum Künstler wurden alle Geschmäcker zu irgendeiner Zeit bedient (wir liebten "Sport, Spiel, Spannung" mit Klaus Havenstein). Nachtarbeit war die Ausnahme, Arbeitsbeginn in der Industrie war sieben Uhr (von Schichtarbeit abgesehen) und der Einzelhandel hatte um sechs oder sieben Uhr Feierabend. Die Sonntage und später auch die Sonnabende waren frei. Man fuhr mit Straßenbahn und Bus zur Arbeit statt allein im Auto. Aus alldem ergab sich ein Zusammenhalt, ein gemeinsames Erleben.

Ein türkischer Mitschüler auf der Grundschule, der einzige in der Klasse, lud mich zu sich ein, die Wohnung kärglich, der Vater konnte nur wenig Deutsch, die Mutter kaum, was ihm zu schaffen machte; er war ein verträumter Junge, der mir gleichwohl nach meiner Niederlage gegen den Straßenrabauken ein paar Ringkampftricks zeigen konnte, und mit dem ich vom Geflügelschlachter Hühnerfedern besorgte, die wir uns als Kopfschmuck ins Haar steckten (das war einfach) und aus denen wir Gänsekiele zum Schreiben zu schneiden versuchten (das gelang nicht so ganz).

Ich meine damit: laßt uns zusammenleben, etwas gemeinsam tun (wie segensreich ist die Arbeit von Daniel Barenboim), dann brauchen wir uns keine Sorgen wegen irgendeinem Rassismus zu machen. Wir lernen Fremde und das Fremde respektieren (meiner Meinung nach ist uns die Fähigkeit dazu von Natur aus gegeben), und wir benötigen keinen reglementierten Antirassismus. Zumal: wenn dieser Antirassismus uns aus übertriebener Besorgnis (da wäre mal nach den Motiven zu fragen) Kritik verbieten will, wird er das Gegenteil dessen erreichen, was er als Ziel zu haben vorgibt.

Nee, Linke, laßt uns reden wie uns der Schnabel gewachsen ist. Das mag nicht immer korrekt sein, aber: dat treckt sick allens nach'n Liev.
 

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