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In der vergangenen Saison lachten uns aus Supermarktregalen Fleischwaren mit dem Aufdruck nur 2% Fett und fettreduziert entgegen, der neue Trend aber heißt Feinschmecker-, Delikatess- und Spitzen-was-auch-immer; wer sich die Produkte näher ansieht, bemerkt beispielsweise Wassereinschlüsse und Knorpelmasse wie zuvor - aber in Spitzenqualität (aufgemerkt: Premium ist out). Wenn die Produkte aus Kostengründen schon nicht besser werden können, mögen sich die Hersteller sagen, dann soll wenigstens die Verpackung Besseres verheißen. Irgendwann landet die Lebensmittelindustrie dort, wo sie der fürchterliche Louis de Funes schon vor fünfunddreißig Jahren hinkarikierte (in dem Film "Brust oder Keule"): bei einer aus verschiedenerlei (und nicht bloß Lebensmittel-)Abfällen zusammengekochten Einheitspampe, der die gewünschte Form und Verpackung gegeben wird, um sie den Kunden als schmackhafte Nahrung anzudrehen; als Brathähnchen vielleicht, oder Eintopf oder oder oder, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, das gilt auch für Hersteller, Verpacker und Werber. Wer sich ekelt, greift dann eben zum Brottrunk und kauft Produkte, deren Markennamen mindestens einmal die Silbe Bio enthalten oder sonstwie auf Gesundheit anspielen, sofern das knapper werdende Geld es zuläßt.

Der Skeptiker mag darauf hinweisen, daß Massengesellschaft und Massentierhaltung gewissermaßen Zwillinge seien und das eine ohne das andere nicht zu haben. Doch seltsam ist es schon, daß die Bevölkerung in Deutschland seit Jahrzehnten nicht wesentlich zunimmt, es aber zumindest noch in den 60ern durchweg (wenn auch nicht ausschließlich) gute und schmackhafte Ware gab. Zugenommen hat die Zahl der Supermärkte und der landwirtschaftlichen Großbetriebe, abgenommen - wollte ich schreiben, aber falsch - praktisch verschwunden sind die kleinen Ladengeschäfte, die Schlachter, die Krauter und Höker, die schlichten Bauernhöfe. Daß es überhaupt noch welche gibt, mag daran liegen, daß noch nicht alle Menschen eine Einheitspampe im Hirn haben (oder durch materielle Not auf Billigprodukte angewiesen sind) und sich deshalb nicht mit Einheitspampe zufriedengeben. Aber das läßt sich ja ändern. Vor rund hundert Jahren erboste sich Karl Kraus über Österreichs Margarineproduzenten, die die Stirn hatten, Margarine als gesünder denn Butter anzupreisen. Seitdem sprengt das Markting alle Verstandesgrenzen - und jene des guten Geschmacks ohnehin. Brust oder Keule? Ist doch kein Unterschied mehr, alles Delikatessmurks.
 

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