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Meinetwegen soll die SPD ihre Neuwahlen haben; gerne kann der Schröder vors Wahlvolk treten und sein mehrfach erprobtes und bewährtes Ultimatum stellen: Wenn ihr mir nicht geschlossen zustimmt, trete ich ab. Warum denn nicht, nicht? Aber mit der Verfassung gibt's da Probleme irgendwie. Zuletzt hat 1983 die Regierung Kohl mit einem nicht ganz astreinen Mißtrauensvotum (na klar: getürkt aus Machtkalkül, weiß doch jeder) vorzeitige Neuwahlen herbeigeführt. Damals drückte das Bundesverfassungsgericht alle Augen zu, legte aber Bedingungen fest, unter denen es künftige Neuwahlbeschaffungsaktionen als verfassungswidrig ansehen werde.

Und da knallt die SPD voll rein. Aber ausgerechnet ein Verfassungsrechtler erklärt, mit welchem Dreh die Verfassung umdribbelt und das Bundesverfassungsgericht ausgetrickst werden soll, nicht zufällig* auf Spiegel Online. Rein formal: es wird jetzt also öffentlich diskutiert, wie man den Verfassungsbruch bewerkstelligt. Das wissen dann natürlich eventuelle Kläger und auch das Bundesverfassungsgericht, aber es wird dennoch juristisch nicht mit ausreichender Gewißheit zu beweisen sein, also formaljuristisch. Obwohl selbstverständlich jeder weiß: das ist Verfassungsbruch mit Vorankündigung, also nicht mal aus Versehen oder aus Fahrlässigkeit.

So, nu aber inhaltlich. Der Verfassungsbruch sei gerechtfertigt, rechtfertigt der Verfassungsrechtler, weil die Verfassungsväter (Mütter gab's da aber auch, Herr SpOn) eine Lücke gelassen, aber nicht gewollt hätten. Die waren eben weniger klug als der rechtfertigende Verfassungsrechtler, der das alles ganz klar sieht: die Blockadesituation - Bundestag mit Regierungsmehrheit, Bundesrat mit Oppositionsmehrheit - habe niemand gewollt, und deshalb sei das eigentlich verfassungswidrige Neuwahlbeschaffungsmißtrauensvotum gerechtfertigt, so der Verfassungsrechtler.

Erstens jedoch haben die Verfassungsverfasser (also die Mütter und Väter des Grundgesetzes) eine solche Möglichkeit ganz sicher in Betracht gezogen, einfach weil es eine Moglichkeit ist und sie in ihrer Gesamtheit weniger dummdreist waren als die heutigen Verfassungsbruchplaner und -rechtfertiger, zweitens glaubten sie daran, daß eine solche Situation zu einem Interessenausgleich, zu Kompromissen im Interesse des Staates Bundesrepublik Deutschland und seiner Bevölkerung führen werde. Wenn die Regierung Gesetze nicht ohne Zustimmung der Opposition verabschieden kann, muß sie sich eben mit der Opposition einigen, wo ist da eigentlich das Problem - unter Demokraten?

Das tolldreiste an dieser Geschichte aber ist, daß hier erstmals die Nation in die Planung eines Verfassungsbruchs einbezogen und de facto zu Komplizen gemacht wird. Und wenn sie damit durchkommen, die Herren Verfassungsbruchplaner, dann haben sie ganz schnell eine Wunschliste bei der Hand voller angeblich gerechtfertigter verfassungswidriger Änderungen, die geltendes Recht zu Makkulatur machen und ein neoliberales Unrecht installieren. - Mann, ich werd noch zum Verfassungsschützer!

*Wie es der Zufall so will, wird im Artikel für ein Buch des Herrn Verfassungsrechtlers geworben - mit Abbildung. Allerdings fehlt der Link zu amazon.de .
 

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