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Von der dreitägigen Fahrt nach Neapel nur ein kurzer Ausschnitt. Gleich am ersten Abend, in Velletri, hat Goethe das Kabinett eines Cavaliere Borgia besucht und sich an den ausgestellten Kunstschätzen erfreut. Als wir nach der Herberge gingen, riefen uns einige vor ihren Haustüren sitzende Weiber an, ob wir nicht auch Altertümer zu kaufen Lust hätten, und als wir uns darnach sehr begierig erwiesen, holten sie alte Kessel, Feuerzangen nebst anderem schlechten Hausgeräte und wollten sich zu Tode lachen, uns angeführt zu haben. Als wir uns deshalb entrüsteten, brachte unser Führer die Sache wieder ins gleiche; denn er versicherte, daß dieser Spaß hergebracht sei und daß alle Fremden denselben Tribut entrichten müßten.

Und nun, ungekürzt und O-Ton Goethe, die Ankunft in Neapel:
     Nachmittag tat sich ein schönes, flaches Feld vor uns auf. Die Chaussee geht breit zwischen grünen Weizenfeldern durch, der Weizen ist wie ein Teppich und wohl spannenhoch. So geht es bis Neapel hinein. Ein klarer, herrlich lockerer Boden und gut bearbeitet. Die Weinstöcke von ungewöhnlicher Stärke und Höhe, die Ranken wie Netzte von Pappel zu Pappel schwebend.
     Der Vesuv blieb uns immer zur linken Seite, gewaltsam dampfend, und ich war still für mich erfreut, daß ich diesen merkwürdigen Gegenstand endlich auch mit Augen sah. Der Himmel ward immer klärer, und zuletzt schien die Sonne recht heiß in unsere enge rollende Wohnung. Bei ganz rein heller Atmosphäre kamen wir Neapel näher; und nun fanden wir uns wirklich in einem andern Lande. Die Gebäude mit flachen Dächern deuten auf eine andere Himmelsgegend, inwendig mögen sie nicht sehr freundlich sein. Alles ist auf der Straße, sitzt in der Sonne, so lange sie scheinen will. Der Neapolitaner glaubt, im Besitz des Paradieses zu sein, und hat von den nördlichen Ländern einen sehr traurigen Begriff: "Sempre neve, case di legno, gran ignoranza, ma danari assai." Solch ein Bild machen sie sich von unserm Zustande. Zur Erbauung sämtlicher deutscher Völkerschaften heißt diese Charakteristik übersetzt: "Immer Schnee, hölzerne Häuser, große Unwissenheit; aber Geld genug."
     Neapel selbst kündigt sich froh, frei und lebhaft an, unzählige Menschen rennen durcheinander, der König ist auf der Jagd, die Königin guter Hoffnung, und so kann's nicht besser gehen.


Nein, ich glaube nicht, daß der König Jagd auf seine Untertanen macht. - Mit der Unwissenheit mögen sie recht haben, die Neapolitaner. Wenn ich an Luciano De Crescenzo und seine etwas eigenwillige Philosophia Napolitana denke ("Also sprach Bellavista") ... Für den Neapolitaner, das muß man allerdings bedenken, beginnen die nördlichen Länder ungefähr auf der Höhe Roms.
 

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