1968
aus aller Welt
ballaballa
Beobachtungen in der Natur
charmsing
deutsche kenneweiss
Dicki TV
Dickimerone
Dickis Reisen
die kleine Anekdote
dirty old town
Empfehlung
Erwins Welt
Eugen
in eigener Sache
Java
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 
Damit ich ja zur bestimmten Zeit heute bei dem wunderlichen Prinzeßchen wäre und das Haus nicht verfehlte, berief ich einen Lohnbediensteten. Er brachte mich vor das Hoftor eines großen Palastes, und da ich ihr keine so prächtige Wohnung zutraute, buchstabierte ich ihm noch einmal aufs deutlichste den Namen; er versicherte, daß ich recht sei.

Er wird anstandslos eingelassen, tritt in eine Gesellschaft völlig Unbekannter, weder die Prinzessin noch die Filangieris sind zu sehen. Er wird unruhig. Ist er doch im falschen Hause; ein Irrtum, hat man ihm einen Streich gespielt?

     Schon wurden die Speisen aufgetragen, und ich hielt mich in der Nähe der geistlichen Herren, um mit ihnen in das Paradies des Tafelzimmers zu schlüpfen, als auf einmal Filangieri mit seiner Gemahlin hereintrat, sich entschuldigend, daß er verspätet habe. Kurz darauf sprang Prinzeßchen auch in den Saal, fuhr unter Knicksen, Beugungen, Kopfnicken an allen vorbei auf mich los. "Es ist recht schön, daß Sie Wort halten!" rief sie, "setzen Sie sich bei Tafel zu mir, Sie sollen die besten Bissen haben. Warten Sie nur! ich muß mir erst den rechten Platz aussuchen, dann setzen Sie sich gleich an mich." So aufgefordert, folgte ich den verschiedenen Winkelzügen, die sie machte, und wir gelangten endlich zum Sitze, die Benediktiner gerade gegen uns über, Filangieri an meiner andern Seite. - "Das Essen ist durchaus gut", sagte sie, "alles Fastenspeisen, aber ausgesucht, das Beste will ich Ihnen andeuten. Jetzt muß ich aber die Pfaffen scheren. Die Kerls kann ich nicht ausstehen; sie hucken unserm Hause täglich etwas ab. Was wir haben, sollten wir selbst mit Freunden verzehren!" - Die Suppe war herumgegeben, der Benediktiner aß mit Anstand. - "Bitte, sich nicht zu genieren, Hochwürden", rief sie aus, "ist etwa der Löffel zu klein? Ich will einen größern holen lassen, die Herren sind ein tüchtiges Maulvoll gewohnt." - Der Pater versetzte, es sei in ihrem fürstlichen Hause alles so vortrefflich eingerichtet, daß ganz andere Gäste als er eine vollkommene Zufriedenheit empfinden würden.
     Von den Pastetchen nahm sich der Pater nur eins, sie rief ihm zu, er möge doch ein halb Dutzen nehmen! Blätterteig, wisse er ja, verdaue sich leicht genug. Der verständige Mann nahm noch ein Pastetchen, für die gnädige Attention dankend, als habe er den lästerlichen Scherz nicht vernommen. Und so mußte ihr auch bei dem derbern Backwerk Gelegenheit werden, ihre Bosheit auszulassen; denn als der Pater ein Stück anstach und es auf seinen Teller zog, rollte ein zweites nach. - "Ein drittes", rief sie, "Herr Pater, Sie scheinen einen guten Grund legen zu wollen!" - "Wenn so vortreffliche Materialien gegeben sind, hat der Baumeister leicht arbeiten!" versetzte der Pater. - Und so ging es immer fort, ohne daß sie eine andere Pause gemacht hätte, als mir gewissenhaft die besten Bissen zuzuteilen. [...]
     Die ganze Zeit war den geistlichen Herren von dem Mutwillen meiner Nachbarin keine Ruhe gegönnt, besonders gaben ihr die zur Fastenzeit in Fleischgestalt verwandelten Fische unerschöpflichen Anlaß, gott- und sittenlose Bemerkungen anzubringen, besonders aber auch die Fleischeslust hervorzuheben und zu billigen, daß man sich wenigstens an der Form ergötze, wenn auch das Wesen verboten sei.
     Ich habe mir noch mehr solcher Scherze gemerkt, die ich jedoch mitzuteilen nicht Mut habe. Dergleichen mag sich im Leben und aus einem schönen Munde noch ganz erträglich ausnehmen, schwarz auf weiß dagegen wollen sie mir selbst nicht mehr gefallen. Und dann hat freche Verwegenheit das Eigene, daß sie in der Gegenwart erfreut, weil sie in Erstaunen setzt, erzählt aber erscheint sie uns beleidigend und widerlich. [Jetzt will ich es gerade wissen, was sie noch an Scherzen trieb - dwD]
     Das Dessert war aufgetragen, und ich fürchtete, nun gehe es immer so fort; unerwartet aber wandte sich meine Nachbarin ganz beruhigt zu mir und sagte: "Den Syrakuser sollen die Pfaffen in Ruhe verschlucken, es gelingt mir doch nicht, einen zu Tode zu ärgern, nicht einmal,daß ich ihnen den Appetit verderben könnte. Nun lassen Sie uns ein vernünftiges Wort reden! Denn was war das wieder für ein Gespräch mit Filangieri! Der gute Mann! er macht sich viel zu schaffen. Schon oft hab ich ihm gesagt: 'Wenn ihr neue Gesetze macht, so müssen wir uns wieder neue Mühe geben, um auszusinnen, wie wir auch die zunächst übertreten können; bei den alten haben wir es schon weg.' Sehen Sie nur einmal, wie schön Neapel ist; die Menschen leben seit so vielen Jahren sorglos und vergnügt, und wenn von Zeit zu Zeit einmal einer gehängt wird, so geht alles übrige seinen herrlichen Gang." Sie tat mit hierauf den Vorschlag, ich solle nach Sorrent gehen, wo sie ein großes Gut habe, ihr Haushofmeister werde mich mit den besten Fischen und dem köstlichsten Milchkalbfleisch (mungana) herausfüttern. Die Bergluft und die himmlische Aussicht sollten mich von aller Philosophie kurieren, dann wolle sie selbst kommen, und von den sämtlichen Runzeln, die ich ohnehin zu früh einreißen lasse, solle keine Spur übrigbleiben, wir wollten zusammen ein recht lustiges Leben führen.


O - ha!
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma