Wie an jedem Morgen betrat Herr L. das Büro, die Kapuze überm Kopf und darunter die modisch silberglänzenden Kopfhörer seines iPod. Er winkte zur Begrüßung, wie er es immer tat (manchmal fügte er ein "Ahoi" hinzu) begab sich an seinen Arbeitsplatz, streifte die Kapuze ab und entledigte sich der Kopfhörer. Da er nun die Geräusche im Büro hören konnte - das Sirren der PC-Lüfter, das Klappern der Tastaturen und die Laute, welche seine Kollegen von sich gaben -, nahm er an, daß umgekehrt man ihn auch hören können müßte und erzählte in den Raum hinein, welchen Zug er heute morgen verpaßt habe (er konnte sich aber auch nach einem Song oder Film erkundigen oder jene Gedanken äußern, die er sich auf der Herfahrt über die Implementierung eines bestimmten Algorithmus in das aktuelle Projekt gemacht hatte). Kurz, um ihn als Zentrum breitete sich Kommunikation aus.
Nachdem er seinen PC eingeschaltet und die Jacke ausgezogen hatte, begann er mit der Arbeit unter Absonderung eines kontinuierlichen Stroms von "shit"s und "fuck"s (wegen der internationalen Zusammensetzung der Belegschaft wurde im Büro Englisch gesprochen). Als angehender Spezialist für Datenanalyse - er hatte wenige Jahre zuvor erfolgreich einen Studiengang "computer science" an einer internationalen Universität beendet und ging auf die Dreißig zu - und Kenner verschiedener Betriebssysteme und der für seine Arbeit typischen Software konnte es nicht ausbleiben, daß er mißglückte Neuerungen, unsinnige Programmierungen und auch sonst ziemlich alles als "fucking retarded" kommentierte. Nach diesem Einstieg setzte er die Diskussion über die nächsten Schritte am Projekt mit dem zuständigen Kollegen fort, quer über die Schreibtische anderer Kollegen, die an anderen Projekten arbeiteten. Er versäumte nicht, kleine Gags einzuflechten, die ihm aus dem Fernsehen geläufig waren, nicht ohne zu fragen, ob man die auch kenne, woraus sich für gewöhnlich Gespräche über bestimmte kulturelle Erscheinungen der Neuzeit entwickelten, beispielsweise über "The Simpsons", gespickt mit weitern "fuck"s und "shit"s. Mit dem Seufzer "Fuck ey, I think I'm gonna have a coffee" leitete er dann den nächsten Abschnitt des Arbeitstages ein.
Zurück am Arbeitsplatz, einen dampfenden Kaffee in einem seit Wochen benutzten Becher vor sich, ging er eine schwierige Stelle in seiner Programmierung an und setzte sich zur besseren Konzentration die Kopfhörer auf, das Gerede seiner Kollegen sollte ihn nicht stören. An weniger schwierigen Stellen, die er ohne "wall of sound" bewältigte, sagte er gerne vor sich hin, was er gerade tat. Inzwischen tickten die Uhren gen Mittag und es galt zu besprechen, zu welchem Restaurant oder welcher Fastfood-Bude man sich heute begeben würde. Das war schnell erledigt und während des Aufbruchs wurde noch mal eben über die aktuellen Entwicklungen im Projekt geredet, was einen längeren Aufenthalt vor der mit Formeln und Zeichnungen übersäten Tafel zur Folge haben konnte, in Hut und Mantel gewissermaßen.
Wenn dann Herr L. gemeinsam mit einem oder mehreren Kollegen den Hunger stillte, kümmerte sich der eine oder andere Mitarbeiter darum, in der Küche den Zucker zurück ins Regal zu stellen, die Spüle von Teelöffeln und Bechern freizuräumen und Kaffeeflecken oder auch Wasserlachen von der Anrichte zu wischen. Bei dem fleckengespickten Linoleum war aber mit dem Kümmern für gewöhnlich Schluß, und in der Toilette wurde nur im Notfall zugepackt.
Am frühen Nachmittag, als alle sich wieder im Büro eingefunden hatten, lugte die Sonne in den Hinterhof und schickte Strahlen blendender Helligkeit in den Raum. "Fucking sun, ey!" rief da Herr L. und eilte, die Jalousie zu schließen. Weitere Projektbesprechungen folgten, wobei der Mund schneller als die Gedanken und sowieso wendiger als die Ohren war, was zu vielen Unterbrechungen des Gegenüber und dem wiederkehrenden Ausspruch "no no no , what I'm saying is" führte, worauf der Kollege bald mit prinzipieller Opposition reagierte, manchmal aber zähneknirschend einräumen mußte, daß Herr L. Recht habe. Später kam der von einer Besprechung beim Kunden zurückgekehrte Chef in die Arbeitsräume und berichtete den neuesten Stand. Herr L. bestürmte ihn mit Fragen, die zusehends in andere Themengebiete abwanderten und der lautstark fortgesetzten Konversationen eine persönliche Note gaben.
Und schon ging es auf Feierabend zu. Ein letztes "fuck" und Herr L. begab sich heim, um dort noch ein wenig am Computer zu arbeiten, ungestört vor sich hinredend, da er, wie er gelegentlich sagte, einfach den Mund nicht halten könne. - Ganz offensichtlich leidet er am Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom.
Nachdem er seinen PC eingeschaltet und die Jacke ausgezogen hatte, begann er mit der Arbeit unter Absonderung eines kontinuierlichen Stroms von "shit"s und "fuck"s (wegen der internationalen Zusammensetzung der Belegschaft wurde im Büro Englisch gesprochen). Als angehender Spezialist für Datenanalyse - er hatte wenige Jahre zuvor erfolgreich einen Studiengang "computer science" an einer internationalen Universität beendet und ging auf die Dreißig zu - und Kenner verschiedener Betriebssysteme und der für seine Arbeit typischen Software konnte es nicht ausbleiben, daß er mißglückte Neuerungen, unsinnige Programmierungen und auch sonst ziemlich alles als "fucking retarded" kommentierte. Nach diesem Einstieg setzte er die Diskussion über die nächsten Schritte am Projekt mit dem zuständigen Kollegen fort, quer über die Schreibtische anderer Kollegen, die an anderen Projekten arbeiteten. Er versäumte nicht, kleine Gags einzuflechten, die ihm aus dem Fernsehen geläufig waren, nicht ohne zu fragen, ob man die auch kenne, woraus sich für gewöhnlich Gespräche über bestimmte kulturelle Erscheinungen der Neuzeit entwickelten, beispielsweise über "The Simpsons", gespickt mit weitern "fuck"s und "shit"s. Mit dem Seufzer "Fuck ey, I think I'm gonna have a coffee" leitete er dann den nächsten Abschnitt des Arbeitstages ein.
Zurück am Arbeitsplatz, einen dampfenden Kaffee in einem seit Wochen benutzten Becher vor sich, ging er eine schwierige Stelle in seiner Programmierung an und setzte sich zur besseren Konzentration die Kopfhörer auf, das Gerede seiner Kollegen sollte ihn nicht stören. An weniger schwierigen Stellen, die er ohne "wall of sound" bewältigte, sagte er gerne vor sich hin, was er gerade tat. Inzwischen tickten die Uhren gen Mittag und es galt zu besprechen, zu welchem Restaurant oder welcher Fastfood-Bude man sich heute begeben würde. Das war schnell erledigt und während des Aufbruchs wurde noch mal eben über die aktuellen Entwicklungen im Projekt geredet, was einen längeren Aufenthalt vor der mit Formeln und Zeichnungen übersäten Tafel zur Folge haben konnte, in Hut und Mantel gewissermaßen.
Wenn dann Herr L. gemeinsam mit einem oder mehreren Kollegen den Hunger stillte, kümmerte sich der eine oder andere Mitarbeiter darum, in der Küche den Zucker zurück ins Regal zu stellen, die Spüle von Teelöffeln und Bechern freizuräumen und Kaffeeflecken oder auch Wasserlachen von der Anrichte zu wischen. Bei dem fleckengespickten Linoleum war aber mit dem Kümmern für gewöhnlich Schluß, und in der Toilette wurde nur im Notfall zugepackt.
Am frühen Nachmittag, als alle sich wieder im Büro eingefunden hatten, lugte die Sonne in den Hinterhof und schickte Strahlen blendender Helligkeit in den Raum. "Fucking sun, ey!" rief da Herr L. und eilte, die Jalousie zu schließen. Weitere Projektbesprechungen folgten, wobei der Mund schneller als die Gedanken und sowieso wendiger als die Ohren war, was zu vielen Unterbrechungen des Gegenüber und dem wiederkehrenden Ausspruch "no no no , what I'm saying is" führte, worauf der Kollege bald mit prinzipieller Opposition reagierte, manchmal aber zähneknirschend einräumen mußte, daß Herr L. Recht habe. Später kam der von einer Besprechung beim Kunden zurückgekehrte Chef in die Arbeitsräume und berichtete den neuesten Stand. Herr L. bestürmte ihn mit Fragen, die zusehends in andere Themengebiete abwanderten und der lautstark fortgesetzten Konversationen eine persönliche Note gaben.
Und schon ging es auf Feierabend zu. Ein letztes "fuck" und Herr L. begab sich heim, um dort noch ein wenig am Computer zu arbeiten, ungestört vor sich hinredend, da er, wie er gelegentlich sagte, einfach den Mund nicht halten könne. - Ganz offensichtlich leidet er am Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom.
Dicki - am Fr, 06. März 2009, 22:17 - Rubrik: Beobachtungen in der Natur
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ist eine große Sache und zurecht eine Erfolgsstory. Es begann mit dem iMac, der durch bonschenfarbene Plastikgehäuse zu gefallen wußte, gefolgt von iPod und iTunes. Längst gibt es auch iWork und iLife. Was macht aber den Erfolg aus?
Natürlich das "i". Fühlt sich der Mensch in der englischsprachigen Welt als Individuum angesprochen, so vermittelt es speziell im deutschsprachigen Raum das ultimative Geborgenheitsgefühl, läßt obendrein an Nahrung denken und hat - man bedenke wie wichtig dies für die größte Kundengruppe ist - eine ausgesprochen männliche Komponente, jedoch ohne das weibliche Element unberücksichtigt zu lassen. Weshalb wohl kennt in Deutschland jeder den Eiffelturm? Na eben.
Wir gehen aber mit der Zeit und die verlangt von uns ein "i". Eine Uhr, alt-modern Chronometer genannt, wird zu iTime. Jawohl, so einfach ist das. Ortschaften, die nicht einmal im Straßenatlas verzeichnet sind, erwachen aus ihrem Dornröschenschlaf und schmücken sich mit einem "i".
Wer aber hat's erfunden ?-| --- Falsch !-( Künstler waren es, namentlich eine erfolglose Band namens Cicle Works, die einfach nicht zu Potte kam. Kaum hießen sie iCicle Works, hatten sie einen Hit mit Evangeline. I der Daus!
Natürlich das "i". Fühlt sich der Mensch in der englischsprachigen Welt als Individuum angesprochen, so vermittelt es speziell im deutschsprachigen Raum das ultimative Geborgenheitsgefühl, läßt obendrein an Nahrung denken und hat - man bedenke wie wichtig dies für die größte Kundengruppe ist - eine ausgesprochen männliche Komponente, jedoch ohne das weibliche Element unberücksichtigt zu lassen. Weshalb wohl kennt in Deutschland jeder den Eiffelturm? Na eben.
Wir gehen aber mit der Zeit und die verlangt von uns ein "i". Eine Uhr, alt-modern Chronometer genannt, wird zu iTime. Jawohl, so einfach ist das. Ortschaften, die nicht einmal im Straßenatlas verzeichnet sind, erwachen aus ihrem Dornröschenschlaf und schmücken sich mit einem "i".
Wer aber hat's erfunden ?-| --- Falsch !-( Künstler waren es, namentlich eine erfolglose Band namens Cicle Works, die einfach nicht zu Potte kam. Kaum hießen sie iCicle Works, hatten sie einen Hit mit Evangeline. I der Daus!
Dicki - am Do, 26. Februar 2009, 11:25 - Rubrik: zickezacke
nicht entsetzlich langweilig? Wo bleibt eigentlich der überfällige Aufstand?
Dicki - am Mi, 25. Februar 2009, 10:14 - Rubrik: zickezacke
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Volkszahnbürste, sponsored by Bild. Wir sind ein Volk ...
Dicki - am Mo, 16. Februar 2009, 13:06 - Rubrik: deutsche kenneweiss
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Im Anfang war das Wort, und das Wort war mächtig, und siehe, es verbreitete sich gedankenschnell in der bewohnten Welt. Entstanden aus einer Laune der Natur, einer Mutation, die den Hominiden die Möglichkeit bescherte, Laute differenzierter zu formen und zu artikulieren, trieb die Schöpfung, begeisterungsfähig wie stets, die Weiterentwicklung dieser neuen Eigenschaft rasch voran: voilá, das Wort.
Und das Wort war mächtig: es sprach von Einzelnem wie von der Idee, dessen Ausformung das Einzelne darstellt, von Anwesendem wie von Abwesendem, von Gewesenem wie von Seiendem wie von Kommendem, von Ursache wie von Wirkung, von Erlebtem wie von Gedachtem, von Mangel wie von Überfluß, von Wachen wie von Traum, von Geburt wie von Tod, von Licht und Schatten, Tag und Nacht, Wald und Feld, Busch und Tal, Flora und Fauna, Sonne, Mond und Sterne, von Sichtbarem wie von Unsichtbarem.
Und das Wort war mächtig: es konnte als Wahrheit helfen und als Lüge verderben, konnte beruhigen und aufrühren; es konnte die Welt verändern, indem es die Menschen veränderte. Und die Menschen erkannten die Welt und sich darin und verloren ihre Unschuld.
Und das Wort war mächtig: es konnte Alles und Jedes benennen, sogar das Nichts, es konnte Ehrfurcht vor den äußeren Erscheinungen wie vor den inneren Triebkräften der Natur bekennen, es wußte um alles Gefühlte und es konnte alles Geschaffene, alles Gedachte, alles Erkannte in sich bewahren. Und es sprach in so vielen Zungen, wie es Völker in der Welt gab. Wer hat sie gezählet: über 8000 Sprachen kennt die heutige Welt, aber 6000 werden in wenigen Generationen ausgestorben sein; mit ihnen verliert die Menschheit 6000 Varianten der Weltsicht, des Verständnis und der Erkenntnis.
Die überlebenden Zungen aber werden in Zwiesprech, also Lüge transformiert, denn das Wort wird benutzt um eines Vorteils willen, wird der endlich entdeckten Weltformel Kosten-Nutzen-Rechnung gemäß angewandt. Da bedarf es keiner Vielfalt, da braucht es Effizienz. Da muß ein Versprechen ein Maximum an Verführung bewirken, da muß das Gewinnbringende vom Kostenfaktor geschieden werden: muß das Wort seiner Seele beraubt werden. Das Wort von einst, es stört die Grabesruhe einer entgeistigten Automatenwelt.
Die Natur kann nur aus dem schöpfen, was sie bereits erschaffen hat. Begeisterungsfähig wie stets passt sie den Menschen an eine kältere, grausamere, todbringendere, maschinenhaftere Welt an - und mit ihm und durch ihn das Wort.
Und das Wort war mächtig: es sprach von Einzelnem wie von der Idee, dessen Ausformung das Einzelne darstellt, von Anwesendem wie von Abwesendem, von Gewesenem wie von Seiendem wie von Kommendem, von Ursache wie von Wirkung, von Erlebtem wie von Gedachtem, von Mangel wie von Überfluß, von Wachen wie von Traum, von Geburt wie von Tod, von Licht und Schatten, Tag und Nacht, Wald und Feld, Busch und Tal, Flora und Fauna, Sonne, Mond und Sterne, von Sichtbarem wie von Unsichtbarem.
Und das Wort war mächtig: es konnte als Wahrheit helfen und als Lüge verderben, konnte beruhigen und aufrühren; es konnte die Welt verändern, indem es die Menschen veränderte. Und die Menschen erkannten die Welt und sich darin und verloren ihre Unschuld.
Und das Wort war mächtig: es konnte Alles und Jedes benennen, sogar das Nichts, es konnte Ehrfurcht vor den äußeren Erscheinungen wie vor den inneren Triebkräften der Natur bekennen, es wußte um alles Gefühlte und es konnte alles Geschaffene, alles Gedachte, alles Erkannte in sich bewahren. Und es sprach in so vielen Zungen, wie es Völker in der Welt gab. Wer hat sie gezählet: über 8000 Sprachen kennt die heutige Welt, aber 6000 werden in wenigen Generationen ausgestorben sein; mit ihnen verliert die Menschheit 6000 Varianten der Weltsicht, des Verständnis und der Erkenntnis.
Die überlebenden Zungen aber werden in Zwiesprech, also Lüge transformiert, denn das Wort wird benutzt um eines Vorteils willen, wird der endlich entdeckten Weltformel Kosten-Nutzen-Rechnung gemäß angewandt. Da bedarf es keiner Vielfalt, da braucht es Effizienz. Da muß ein Versprechen ein Maximum an Verführung bewirken, da muß das Gewinnbringende vom Kostenfaktor geschieden werden: muß das Wort seiner Seele beraubt werden. Das Wort von einst, es stört die Grabesruhe einer entgeistigten Automatenwelt.
Die Natur kann nur aus dem schöpfen, was sie bereits erschaffen hat. Begeisterungsfähig wie stets passt sie den Menschen an eine kältere, grausamere, todbringendere, maschinenhaftere Welt an - und mit ihm und durch ihn das Wort.
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