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(Straßenszene, zwei Männer Ende dreißig im Gespräch)

1.Mann: Hast du das auch gehört vom Papst, daß der ein Holocaust-Leugner ist?
2.Mann: Der jetzt auch!
1.Mann: Jaja.
2.Mann: Ausgerechnet der Papst. Ich mein, wo der doch Deutscher ist. So unsensibel.
1.Mann: Das ist diese Generation: erst Jungvolk, dann Hitlerjugend, schließlich Volk ans Gewehr, und hinterher ist es dann keiner gewesen.
2.Mann: Ja, typisch.
1.Mann: Der Papst, tz tz.
2.Mann: E-kel-haft.
1.Mann: Weißt du, ich hätte fast überhaupt nichts davon mitbekommen - bin gestern erst von Teleriffa zurück, seeehr schön - aber ich hab den TeVau angemacht, weil ich "Gnadenlos gerecht" sehen wollte, und vorher waren Nachrichten.
2.Mann: Ha, ja, die Sozialermittler. Hast du gesehen wie der äh Dings ..
1.Mann: Wie diese Typen abräumen, diese Sozialschmarotzer, so dreist! Ich finde, das reicht nicht, denen die Gelder zu kürzen, da lachen die doch bloß drüber.
2.Mann: Nee, solche Scheißer sollte man ins "Dschungelcamp" stecken und die zwingen, lauter so fiese Sachen zu essen und die in Ameisenhaufen einbuddeln und so Zeugs.
1.Mann: Bis die wieder klar sind in der Birne und sich zur Demokratie bekennen. Wissen wir doch, wer den Hitler gemacht hat: die Arbeitslosen.
2.Mann: Eben. Und den Papst?!
1.Mann: Die Arbeitslosen.
2.Mann: Aber darf man ja nicht laut sagen, kommen gleich die linken Soziallutscher und labern rum.
1.Mann: In Wahrheit ... pssst (winkt ihn heran, flüstert) ... In Wahrheit ist das eine katholisch-kommunistische Weltverschwörung von Holocaust-Leugnern!
2.Mann: (ebenfalls flüsternd) Voll krass!

viele Maßnahmen nicht zu rechtfertigen. Was aber hat man von den Rechtfertigungen zu halten, wenn man dies erfährt? Ist das Al Quaida?

"Ich mag Zweifler," schreibt der Chefredakteur von National Geographic Deutschland im Vorwort der jüngsten Ausgabe, " .. Denn Skepsis ist schließlich die Mutter aller Wissenschaft." Er fährt fort:" .. Aber gilt das auch für Holocaust-Leugner, für Klimaskeptiker, für Evolutionsgegner?" Und schließt mit den Worten: " ... Zweifel, pardon, sind da nun wirklich nicht mehr erlaubt."

Hoppla, sage ich, Zweifeln und Leugnen ist nun wahrhaftig nicht dasselbe, und ein Evolutionsgegner ist sicherlich keiner, der einfach nur Zweifel an der Evolutionshypothese hat. Zweifel ist immer erlaubt, muß immer erlaubt sein, denn nur aus Zweifel entsteht neues Wissen und nur Zweifel hält altes Wissen lebendig, wenn (oder: falls) Zweifel mit Auseinandersetzung, Überprüfung gleichgesetzt wird.

Zweifel ist eine Voraussetzung geistigen Lebens; im Großen wie im Kleinen, in der Wissenschaft wie im alltäglichen Leben, für das Individuum wie für die Gesellschaft. Es ist erlaubt, die Tatsache der Realität unserer Welt zu bezweifeln; es ist erlaubt, die Tatsache der Vernichtungslager zu bezweifeln; es ist erlaubt, die Tatsache des Wirkens einer Schöpfung zu bezweifeln; und es ist erlaubt, Mutter und Vater nicht zu glauben. Zweifel ist immer erlaubt, muß immer erlaubt sein, weil sonst alles Geistige in Dogmen und Anpassung erstarrt.

Nicht erlaubt ist, nicht erlaubt sein darf, auf seine Ansichten einen Ausschließlichkeitsanspruch zu gründen, also Dogmen zu schaffen, abweichende Ansichten zu verbieten, Unterordnung und Anpassung absolut zu fordern. Erst die Auseinandersetzung mit ihren Zweifeln an den vorherrschenden Ansichten verhilft einer neuen Generation zu echter, lebendiger Erkenntnis; zur Bestätigung des von alters her für gut Befundenen ebenso wie zur Veränderung des Irrigen.

Aus dem kompletten Vorwort ist ersichtlich, daß der angesprochene Chefredakteur es gut meint, und ich bin ihm nicht gram. Aber gutgemeinte Dogmen sind immer auch nur Dogmen.

Kein Bad ist das, sondern Amerikanisch, also bähd bänk. Die ist längst beschlossenä Sachä, und wie bei so vielen Reformen der jüngsten Zeit gäht es nur noch darum, wie man es dem Stimmvieh vercowft. Denn nominäll sind wir immer noch eine Demoskopiekratie, wenn auch nicht mehr nach Inhalt und Wirklichkeit.

Die bähd bänk ist ein dolles Ding: das Volk gibt durch Steuerzahlungen das Geld für eine Lotterie, an der es selbst nicht teilnehmen darf, aber es sorgt auf diese Weise dafür, daß keiner der Spieler verlieren kann. So macht das Mitspielen erst richtig Spaß; wir sehen hier eine der großen sozialen Errungenschaften des 21. Jahrhunderts am Werk.

Inzwischen habe ich mein Monopolygeld wiedergefunden und werde im großen Maßstab einsteigen. Ich sage nur: Badstraße. Damit ist nicht bähd strässi gemeint!

Und wir sind mitten drin. Was mag es bringen, fragen wir uns. Ganz sicher leere Versprechungen, düstere Drohungen und den Wahlsieg der Nichtwählerpartei. Den Rest warten wir mal ab. Anstatt zu orakeln, werfen wir lieber einen Blick zurück in das letzte Superwahljahr. Wir erinnern uns: die Wahlslogans der Parteien waren recht unterhaltsam.

Nehmen wir die SPD. Weniger Gier war ihr Anliegen unter dem Motto "Dumm statt Dreist". Die CDU setzte mehr auf Cleverness und die Parole "Dreist statt Dumm". Die FDP wollte nur das Beste: "Dumm-Dreist" (eben immer noch die Bindestrichpartei). Die Grünen wollten jedermann glücklich machen: "Dreist-Dumm für Alle", womit sie den Vogel ab nee einen Bock sch ach was den Bock zum G Unsinn tierisch äh ans Eingemachte ah ja: in die Vollen gingen. Immer wenn von Die Linke die Rede war, hieß es "dreist wie Oskar" oder "dumm wie Oskar" - dabei heißt es doch korrekt "frech wie Oskar". Wir sehen, mit der Volkstümlichkeit hat es da auch schon nicht gestimmt, machen wir uns also besser mal keine falschen Hoffnungen.

Seit Jahren muß man in der Berichterstattung nach der Wahlbeteiligung suchen, die genant nicht genannt bzw. versteckt wird. Es ist aber auch peinlich: wenn Demokratie - insbesondere die Demokratie der permanenten Reform - die ultima ratio der Staatsform ist, dann muß das Volk doch jubelnd in die Wahllokale drängen und dadurch Quoten von nahezu 100% erreichen. Gerade auch dann, wenn die heutigen Nichtwähler tatsächlich zu extremistischen Haltungen neigten: da hätten sie links wie rechts die Wahl. Aber sie gehen eben nicht hin; in Hessen aktuell gerade noch 61% der Wahlberechtigten. Bald muß man von der schweigenden Mehrheit sprechen, denn leider schweigen die Nichtwähler in ihrer Mehrheit, antstatt sich außerparlamentarisch zu engagieren. Man könnte diese Situation als Krise begreifen - aber auch als Chance.

 

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