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Man muß die Bomben feiern wie sie fallen, und da sie nun zufällig auf Libyen fallen und helfen sollen - ja, was eigentlich? Wenn es um die Einhaltung eines Waffenstillstandes ginge, müßte man doch alle Bürgerkriegsparteien ... aber nein, es soll zum Sturz Gaddafis beigetragen werden, war ja auch Zeit, daß wieder ein neuer Hitler auftaucht. Nun fallen also hochpräzise, menschenschonende Bomben auf Stadt und Land und explodieren auch dann, wenn sie das falsche Ziel treffen, aber das ist die Schuld des Oberst, der Zivilisten als Geiseln nimmt. Das beweist nur, wie richtig der Bombeneinsatz ist.

Wie mag sich das anfühlen, zu wissen, daß wieder und wieder Bomben und Cruise Missiles kommen: man flüchtet in den Keller (selbst Bunker sind keine Garantie auf Unversehrtheit) und hört die Einschläge, fühlt die Erde erzittern, der Herzschlag rast, man möchte davonlaufen, doch man kann nirgends hin - diesmal, diese Nacht überlebt zu haben, heißt nicht, daß man den nächsten Angriff überlebt. Ja, das ist Terror.

Und dann? Es wird eine neue oder die alte Regierung geben, egal, diese Regierung muß das von friedensbewegten Bomben getroffene Gemeinwesen wiederaufbauen. Dafür benötigt sie viel Geld, das eine Koalition der Willigen auf einer internationalen Geberkonferenz gerne anbieten wird, zu relativ günstigen Konditionen: freier markt und freier Finanztransfer, Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, Abbau der sozialen Sicherung, soweit vorhanden. Da die Libyer noch unter Schock stehen werden, läßt sich das gut durchsetzen, wenn man rasch und energisch (ver)handelt. Kurz, es spielt überhaupt keine Rolle, wer in Zukunft die Macht in Libyen hat - die Hochfinanz wird siegen. Außerdem ist da noch das schöne Öl, das man bei der Gelegenheit vielleicht auch ... - Sehr geehrte neue/alte Regierung, wir nehmen das Öl, machen Sie uns mal nen guten Preis.

[Update] Alles reiner Zynismus, in Wahrheit geht es um die Würde des Menschen: link

"Nenne einen berühmten Dichter der Zarenzeit."
"Tolstoiewski!"

"Du bist nun seit sieben Jahren Der wahre Dicki ..."
"Falsch! Das bin ich schon länger, von Dicki ganz zu schweigen."
"Dennoch, sieben jahre Blog ..."
"Echt wahr? Sieben Jahre erst? Mir kommt das viel länger vor."
"Doch, die Sieben hat schon ihre Richtigkeit."
"Ja dann."
"Was ich aber eigentlich gern wüßte .."
"Ä-hemm."
"Wie?"
"Ä-hä. Ä-hä."
"Ach so, ja, also Gratulation zum Jubiläum, wenn auch mit ein paar Tagen Verspätung. Mögest du in interessanten Zeiten leben."
"Jajaja, ich weiß, was das bedeutet."
"Was ich gern - also die Frage ist: du fängst eine neue Rubrik an, und gerade wenn man sich auf noch mehr Unfug ..."
"Auf was?"
"Auf neuen Blödsinn ..."
"Wie bitte?"
"Sich auf weitere Geschichten ..."
"Ach so."
" ... freut, kommt nichts mehr. Dann wieder eine neue Rubrik, und wieder eine neue."
"Ja gut, das hängt mit der Inspriration zusammen, mentaltechnisch gesehen; ich kann ja schlecht sagen, heute mache ich Dicki TV oder Notizen oder weiß der Kuckuck was ich da inzwischen alles ..."
"Dicki, verlierst du vielleicht manchmal einfach den Überblick?"
"Moment mal. Erstens: ich habe den Überblick erfunden."
"Und zweitens?"
"Hm."
"Aha. - Was fällt dir ein, wenn dir mal gar nichts einfällt?"
"Da fällt mir ein, daß man in meiner Heimat ohne weiteres einen Satz bilden kann, in dem fünfmal hintereinander 'sachte' vorkommt."
"Sachte sachte!"
"Das war nur zweimal."
"Wie nun."
"Geht natürlich nur in Umgangssprache, so phonetisch oder wie, also nix geschrieben."
"Und?"
"Ich sagte sachte: sachte sachte, sagte ich."
"Fällt dir sonst noch was ein?"
"Brothelhood of men."
"Das reicht jetzt, ich gehe."
"Das tu denn man. Tschüssing!"

Beim Mittagessen hatte ich Kurt Kusenbergs "Gespräche ins Blaue" vor mir liegen, konnte mich aber nicht recht zum Lesen entschließen und beäugte ein wenig lustlos das Vorwort. Was für ein Wort! Ein neues "Karthaginem delendae" oder "J'accuse"; kraftvoll, streitbar, von eherner Wahrheit getragen: "Eigentlich waren die Handwerker schuld". Ja, da herrscht sofort ehrfürchtige Stille. Bis die unvermeidliche Frage kommt: "Hätte er das 'eigentlich' nicht mit Fug und Recht wegfallen lassen können?"

Durchaus. Doch waren das schwierige Zeiten, Ende der '60er, in der sich über den Globus verbreitenden Kulturrevolution; da brauchte es ein gerüttelt Maß Mutes, auch nur anzudeuten, daß die heilige Kuh "Werktätiger" gelegentlich ein Ärgernis ersten Ranges ist. Für gewöhnlich wurden derlei Äußerungen als kleinbürgerlich abgekanzelt, gefolgt von Massendemonstration und Exorzismus. Dem will man sich nicht unbedingt aussetzen, so auch Herr Kusenberg, weshalb er sich gezwungen sah, seine - eigentlich unmittelbar einleuchtende - Aussage mit detaillierten Beobachtungen zu untermauern:

"Handwerker machen punkt 7 Uhr morgens einen höllischen Lärm, um zu zeigen, daß sie da sind und daß sie langen Schlaf mißbiligen. Ihr Getöse dauert nicht lang, doch lang genug; man kann hinterher nicht weiterschlafen. Später, wenn man sich mit ihnen abgefunden hat, werden die Handwerker stiller; sie frühstücken." Und weitere typische Einzelheiten, die wir alle kennen und die zum Handwerker gehören wie der Zement zur Kelle. - Vergnügt nahm ich das Essen zu mir und genoß den Nachhall des erlesenen Gelesenen.

Gibt es irgendeine Rechtfertigung, ja, ist es überhaupt erlaubt, zu schreiben: "Ich würde es nicht wissen" für "I wouldn't know"? Das ist das Niveau von "Please take place", also unter aller Sau. Das bringen nur Leute fertig, die sich für Sprache nicht interessieren, und sich im vorliegenden Fall (Ruth Rendell, "Ein Ende mit Tränen") auch für Anderes nicht zu interessieren scheinen. Wie sonst läßt sich der folgende Satz erklären. "Deshalb gab Diana Ross das Geld, mit dem er Rick bezahlte". "Er" bekam also von Diana Ross Geld? Natürlich nicht, es handelt sich um Diana (Marshalson), Ross (Samphire) und dessen Bruder Rick. - Upside down, and in, and out ...

Karma ist Karma, neh? Ja, sie ist weise. Aber er ist auch weise, der Navigator Blackthorne in James Clavells Shogun; er ist ein Held nach Karl Mays Geschmack, und, wenn er noch Sachse wäre statt Angelsachse, perfekt. Was noch? Der Weg ist das Ziel, das Ziel ist das Buch, das Buch war ein Erfolg, auch als Fernseh-Vierteiler. Übrigens mit diesem Chamberlain, der zwischen '75 und '85 sämtliche Heldenrollen spielen durfte. Er war Der Graf von Monte Christo, Der Mann mit der eisernen Maske, Die Dornenvögel und der Shogun, obwohl er nur der Navigator sein durfte und der Standard-Oberjapaner Toshiro Mifune der Shogun.
Über 900 und mehr Seiten verfolgt den Leser die Weisheit "Sie ist weise" - "Nein, er ist weise" - "Nein, sie ist weise" - "Aber er ist auch weise" - "Aber sie ist besonders weise". Außerdem schwirrt mir der Kopf von hai, gomen nasai, karimasu, domo, dozo und ah, so desu, den ständig wiederholten Floskeln eines rudimentären Japanisch, die uns gemeinsam mit Zen-Buddhismus, "freiem" (nicht-puritanischem) Sex und dem Leben in einer durchregulierten Gesellschaft auf eine Welt ohne Moral einstimmen sollen. Und damit war Clavell 1976 (oder wann) am Puls der Zeit; deshalb ist Shogun noch heute aktuell. Gegen die durch Verlogenheit diskreditierte Moral des Christentums (anno 1600) setzt er die Funktionalität des absoluten Gehorsams und den Glauben an die Nichtigkeit des Seins. Und siehe, das damals in mancher Beziehung Europa vorausseiende Japan wird zu einem Ideal für die Zukunft, die Zukunft der Suchenden, der in Moral und Freiheit sich nicht zurecht Findenden und deshalb in esoterischen Gefilden Wildernden. Shogun ist ein abscheuliches Buch, aber clever gemacht. So macht man ein Buch, so macht ein Buch zu Geld, so macht man den Underground zum Mainstream. Und da es ein gutes Geschäft war, kann es nicht schlecht gewesen sein, neh?

 

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