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Herrenabend. Gelehrte mit geleerten und zu leerenden Flaschen.

"Gartenzwerg. Eins zwei drei los!"

"Die muß man an die schönsten Stellen stellen."
"Die müssen auf den weichsten Liegen liegen."
"Äh, die müssen auf den besten Sitzen sitzen."
"Die müssen an den schroffsten Wänden wenden."
"Einspruch!"
"Stattgegeben. Du bist raus."
"Doofes Spiel."

"Schule. Eins zwei drei los!"

"Da muß man Lernen lernen."
"Oder auf verschnarchten Pennen pennen."
"Oder selbst an Schulen schulen."
"An Schulen schulen? Einspruch."
"Genau, du bist auch raus."
"Äh bahdibims!"

"Fliege. Eins zwei drei los!"

"Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen Fliegen hinter Fliegen her."
"Nee nee nee nee nee!"
"Jawohl!"

"Mal ne ernsthafte Frage. Ich wollte heute über Literaturverfilmungen schreiben, und da gab's doch so Zweiteiler über drei Romane."
"Drei Romane, ich weiß schon. Das waren aber zwei Zweiteiler."
"Ja, eben. Zwei Zweiteiler, wie das klingt, scheußlich. Doppelt gemoppelt und gestottert."
"Wiederholung ist doof, aber dreifach ist unangreifbar: zwei zweigeteilte Zweiteiler."
"Kreuzweise gekreuzte Kreuze!"
"Punktuell gepunktete Punkte!"
"Verschlagen verschlungene Schlangen!"
"Du bist raus!"
"Hört auf! Hört auf! Gib mir noch n Schnaps."
"N doppelten?"
"Dreifach. Und zwar dalli-dalli."
"Hully Gully."
"Walla Walla."
"Hoppla Hopp."
"Schnauze. Prost."

Mein Jodie-Foster-Filmbuch ist erstens alt und zweitens ein bißchen meschugge (so wie wir alle schon sind oder noch werden), aber es stehen auch ein paar hübsche Sätze darin. Dazu gleich. Zunächst ein Zitat von Jodie herself, über ihre Besuche bei einem "Seelenklempner", bevor sie die Rolle der Iris, einer dreizehnjährigen Nutte nämlich, in dem Film Taxi Driver spielen durfte. "Er fragte mich nach meinen Lieblingsspeisen und ob ich einmal heiraten wolle. Ich sagte, nicht mit dreizehn." Dazu paßt ein Satz des Jodie-Foster-Filmbuchautors: "Der Film beginnt mit einer alles Lebendige bedrohenden giftigen Abgaswolke, die aus Gullys und Autoauspuffrohren austritt - Symbol für die reale, aber auch psychologische Umweltverschmutzung unserer Gegenwart." Wer wollte ihm da widersprechen. Richtig blumig wird er aber, sobald es um Jodie herself geht: "Sie glänzte in der Figur einer hinreißenden Kindfrau, die kein Kind mehr ist und auch noch keine vollerblühte Frau."

Zwischen Hochhäusern ein Stahlnetz aufspannen, auf dem Flugzeuge landen können - ist das eine gute Idee? Joel McCrea ist davon überzeugt und bietet seiner anspruchsvollen Frau Claudette Colbert ein Luxusleben in einem Luxusappartement, nur leider bevor er einen Geldgeber für seine Erfindung an Land gezogen hat. Der Vermieter zeigt - etwas realistischer als Joel eingestellt - einem Ehepaar als zukünftige Mieter die Wohnung. Der schwerhörige Alte, ganz nebenbei Millionär, tapert herum, besieht Schlafzimmer, Bad und schließlich auch Claudette, die ihn beeindruckt. Sie solle sich von der momentanen Notlage nicht unterkriegen lassen, meint er, und drückt ihr einen Stapel Geldscheine in die Hand.

Joel ist nicht nur erfolglos, sondern auch eifersüchtig, versteht an ihrer Schilderung der Begegnung, die ihr das schöne Geld beschert hat, alles falsch, und Claudette, die das Geld zur Tilgung von Schulden ausgegeben hat, begibt sich zum Bahnhof um von New York nach Miami zu fahren zwecks Scheidung. Das wird mit viel Komik erzählt, ist aber erst der Anfang. Auch das Ende verläuft komisch bis es happy wird, aber der Höhepunkt ist die Bahnfahrt. Denn: neuer Absatz.

Denn: Claudette ist völlig blank und schafft es mit Trick siebzehn, von einem Jagdclub (ausschließlich aus älteren Millionären bestehend) in den Zug eingeladen zu werden. Die alten Jungs sind begeistert von diesem Fang und bringen ihr, gnadenlos in ihr Schlafabteil eindringend, ein Gute-Nacht-Ständchen, das von den Jagdhunden mit Geheul begleitet wird.

Derweil zwei Jäger im Salonwagen - schwer angeduselt bereits - über die Sangeslust ihrer Kollegen spotten und mal probehalber imaginäre Tontauben (oder sind es ebenso imaginäre Wachteln?) anvisieren, was zu einer Wette führt, die einen der beiden verleitet, sein Gewehr zu laden, und beide dazu bringt, vom schwarzhäutigen Kellner zu verlangen, Cracker durch den Wagen zu schleudern, die sie mehr oder weniger zur Strecke bringen, zumindest treffen sie die Fenster. Der Klang der Schüsse bringt die Sangesbrüder zur Räson, alle stürzen zu ihren Gewehren und ballern den Salonwagen zusammen. Claudette versucht in einen anderen Waggon zu fliehen, wird aber bemerkt, und der Jagdclub hetzt mit den Hunden hinter ihr her.

Sie flüchtet in eine Schlafkoje, na und so weiter, unverheirateter Millionär mit zigmal geschiedener Schwester, Joel ist hinterher gereist, alle treffen aufeinander (außer dem Jagdclub, dessen Waggon vom Zug abgehängt worden ist), aber es bleibt alles ein bißchen verhalten nach dem Wahnsinn der volltrunkenen Jagdgesellschaft.

Bleibt festzustellen, daß Fortbewegungsmittel Bewegung in Komödien bringen, ob Eisenbahn (Manche mögen's heiß) oder Bus (Es geschah in einer Nacht). Richtig eingesetzt sind sie Brausepulver, das für aufschäumendes Vergnügen sorgt, und in "Atemlos nach Florida" schäumt es gewaltig. Mein lieber Herr Gesangsverein Jagdclub!

Die Ouvertüre nimmt das Ende der Welt als planetaren Liebesakt vorweg. Zu 'Tristan und Isolde' verschluckt der riesige Planet die Erde so lustvoll, dass es Stanley Kubrick gefallen hätte. "Lustvoll"? Ich krieg n Schluckauf!

Die Macherinnen der EMMA haben dieselben Probleme wie die 68er und deren Erben: erstens sind sie Kulturbanausen, und zweitens legen sie eine Schablone an die Welt an, die von ihren eigenen Familienproblemen geprägt ist. Weiter will ich darauf nicht eingehen; ich füge aber hinzu, daß ein Kunstwerk nur von jenen verstanden wird, die "etwas dazu zu tun" haben, keinesfalls von Konsumenten; denn die sehen nur mit den Augen, hören nur mit den Ohren und nehmen überall nur die Oberfläche wahr.

Der Vorspann - Ouverture - von "Melancholia" enthält schon die meisten phantastischen Bilder und stellt sofort klar, daß es sich nicht um Unterhaltungskino handelt. Ich werde an die experimentellen deutschen Filme der frühen 70er erinnert, deren Geschichten ich nie richtig verstand, die aber eindrucksvolle Bilder zeigten.

Die EMMA läßt eine Kritikerin Lars von Triers zu Wort kommen, welche allerlei über die Frauen in von Triers Filmen behauptet. Und die beiden Schwestern in Melancholia? Die eine begegnet der Wirklichkeit tieftraurig, die andere voller Angst. Der Mann hingegen sagt, die Wissenschaft irre nicht, also die wahre Wissenschaft, und der Planet Melancholia werde die Erde passieren, ohne Schaden anzurichten.

Wie es sich für Zwangsoptimisten gehört, wählt er den Tod, als seine Welt zusammenbricht. Die miesepetrige Frau, die nicht einmal der Hochzeit mit dem geliebten Mann Glücklichkeit abgewinnen konnte, hat die Kraft, ihrer verängstigten Schwester und deren Kind in den letzten Minuten Trost zu spenden.

Seltsam, daß eine Kulturkritikerin solch simple Aussage nicht erkennen kann und stattdessen von Trier alle Frauenverachtung der Welt andichtet. Liebe Kulturkritikerin, sage doch einmal, welche Verachtung du erleiden mußtest; bestimmt wird es dich erleichtern, für die wirklichen Übel in deinem Leben bedauert zu werden. Und beantworte mir bitte eine Frage: woher nimmst du die Gewißheit, daß die Kollision von Erde und Melancholia als "lustvolles Verschlucken" gezeigt wird? Das klingt nach einem Blowjob; den gibt es aber nur in deiner Wahrnehmung.

Was wirst du tun, was wirst du fühlen, wenn Melancholia kommt?

Gestern schickte mir eine Bekannte den Link zu einem ihrer Lieblingssongs. Der solle dereinst auf ihrer Beerdigung gespielt werden. Woran erinnerte mich der Anfang nur? Ach nee, etwa daran? Das werde ich der guten Frau natürlich vorenthalten, sonst hat sie keinen Spaß mehr am Sterben und wird - na, undead.

 

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