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eigentlich, Ajax Amsterdam zu Gast in Bremen. Überall Polizei, so beschäftigt, daß sie mich trotz meines ausen Lichts nicht behelligten. - Muddi hätte ein Junge werden sollen, und so schleppte Großvater sie manches Mal mit zu den "Ajaxiden" - und sie interessierte sich gar nicht für Fußball. Erst später, als Borussia Mönchengladbach seine große Zeit hatte. Muddi erinnert sich: "Das ging so Hopp - Hopp - Hopp - und dann war der Ball im Tor." Genau so war das, mit dem Heynckes, dem Jensen, dem Wimmer, dem Rupp und dem Netzer. Zu der Zeit sammelte Ajax internationale Titel wie Andere Unterhosen von Rockstars. - Oder das Länderspiel Niederlande - Deutschland irgendwo in den Siebzigern. Muddi: "Ich gewinn auf jeden Fall."

Und heute also Werder gegen Ajax. War verdächtig ruhig, die zweite Halbzeit. Ich hör das alles durchs Küchenfenster mit. Kein Getröte, kein Stöhnen, kein Jubeln. Hätte ich deshalb doch nicht gedacht, daß unsere Werderaner Ajax mit 3:0 abschießen. Sagte aber schon zu Schulzeiten Joachim M.: "Das Leben ist hart, aber ungerecht. " Und Hellmut H.: "Das Leben ist eins der schwersten." Und Manfred Schmidt(chen): "Das Leben ist eine gefährliche Sache; es ist noch niemand lebend herausgekommen." Und damit ist glaube ich wirklich alles gesagt. - Ach so, und Muddi hat gewonnen.

Die Untertanen in Waterkant, gewarnt durch gewisse Vorkommnisse und Verheerungen einer Bande, die sich König Abgus' Tafelrunde nannte, griffen zu Maßnahmen der Notwehr: Auf Veranlassung eines Montague Python gründeten sie eine Truppe Freiwilliger, die jener Bande von Halunken, Raufbolden und Tunichtguts ihr Treiben sauer werden lassen wollte. Weil sie Ritterlichkeit auf ihr Panier schrieben, wiewohl sie keine Ritter waren, nannten sie sich Die wahre Tafelrunde. Kunde davon drang auch an König Abgus' Hof.

Die Ritter, Unheil ahnend und des Müßiggangs überdrüssig, überzeugten den König, daß es sich hier um eben jene Bande handeln müsse, deren Raubzug im vergangenen Sommer und Herbst soviel Leid über die Untertanen gebracht hatte. "Auf Männer!" rief der König, "wir wollen ihnen das Handwerk legen."

Es kam wie es kommen mußte: die beiden Gruppen, König Abgus' Tafelrunde und Die wahre Tafelrunde, begegneten sich eines Tages auf freiem Felde und stürmten sogleich aufeinander ein. Da mähte der Bihänder und der Morgenstern fiel auf manches Haupt. Stunden wogte der erbitterte Kampf hin und wider, und als die Sonne sich dem Horizont zuneigte, lagen die Recken beider Seiten im Staub und bluteten ihr Leben aus. Anderntags fand man die übel zugerichteten Leiber, konnte nicht unterscheiden, wer die gute und wer die schlechte Tafelrunde war und verscharrte sie allesamt im Erdreich.

Und wie erging es den übrigen Helden? Ahwein, der Ritter mit den Möwen starb an einer Fischvergiftung und wurde zusammen mit seinen Möwen, die ebenfalls an Fischvergiftung verschieden waren, feierlich zu Grabe getragen. Ritter Pansefahl hingegen saß zufrieden in seinem Kral, lobte den Herrn und wunderte sich hin und wieder, daß die Schmetterlinge jeden Tag eine andere Frau umschwebten.

Bifurkation ist ein Begriff, der nicht mehr ausdrücken will, als daß eine Linie sich gabelt. Kennengelernt habe ich dieses Wort im Zusammenhang mit Chaostheorien und frage mich seitdem, weshalb die Fachsprache in Deutschland nicht einfach "Gabelung" verwendet. Das ist anschaulicher, aber natürlich auch weniger geheimnisvoll. Gabelung; das klingt so, als könnte es jeder sehen. Das darf aber nicht sein, wozu hat man sonst studiert?

Daß ich davon überhaupt erzähle, liegt an einer heute bewußt gemachten Beobachtung. Händeringend suchte ich nach anschaulichen Erklärungen für die cumulative distribution function in der Wahrscheinlichkeitsrechnung oder am besten gleich deren Programmierung, die ich so oder so einsetzen muß. Dabei stieß ich auf unterschiedliche Formeln, die auch durch Umstellung nicht identisch werden. Mir fiel der berühmte Verschreiber beim Eisengehalt von Spinat ein, weshalb dann allen Babys Spinat aufgedrängt wurde, der in Wahrheit aber nur ein Zehntel des - falsch abgeschriebenen - Eisengehalts hatte, den die Nährwerttabellen versprachen.

Und mir war klar: jawohl, hier liegt eine Bifurkation vor, eine Gabelung, auf derem einen Zweig weiterhin die korrekte Formel abgeschrieben wird, auf derem anderen Zweig man sich des Abschreibens einer falschen Formel befleißigt. Nun darf man gespannt sein, wann sich diese Zweige wieder gabeln, und ob der zweite Abzweig der richtigen Linie - die korrekte Formel falsch abgeschrieben - sich mit der Linie des ersten Abzweigs - die falsche Formel korrekt abgeschrieben - wieder vereinen kann.

Noch interessanter aber wird die Beobachtung der Ergebnisse, die aus der Anwendung der in ihrer Richtigkeit weiter und weiter auseinanderdriftenden verschiedenen Versionen der Formel erwachsen. Was aber mag erst aus der Anwendung dieser so unterschiedlichen Ergebnisse entstehen? Völlig unverherseh- und -sagbare Zustände, Regellosigkeit, Chaos, also: Hitzewellen, Nebelkerzen, Miasmen, schwere Fälle von Venus Anadyomene. So ist das. Mit einer harmlosen kleinen Bifurkation, die keiner richtig ernst nimmt, ja, über die wir lachen und spotten, beginnt es. Doch wisse: die Wahrscheinlichkeit, daß auif eine Bifurkation weitere folgen, ist groß.

Deshalb gibt es leider keine Garantie dafür, daß eine der beiden von mir gefundenen Versionen richtig ist. Das Chaos wächst wie nichts Gutes.

Muddis Ersparnisse neigen sich dem Ende zu. Müßte sie von ihrer Rente leben, blieben ihr nach Abzug aller Fixkosten 75 Euro im Monat. Also Antrag auf Grundsicherung gestellt. Grundsicherung, das klingt doch ganz gut, nicht? Da werden Miete und Heizung bis zu einer gewissen Quadratmeterzahl, Versícherungen und Behinderungen berücksichtigt. Wieviel denn zu erwarten sei, fragte ich die Sachbearbeiterin. Na, das ist ja einheitlich geregelt, Miete, Heizung und 345 Euro zum Leben. Schlimm genug, daß die Alten nun auch auf das Niveau von HartzIV (oder sagt man jetzt Hartz-Bewährung?) gedrückt werden, aber als der Bescheid kam, war ich erstmal sprachlos: 85 Euro werden bewilligt, das heißt, mit den eigenen 75 kommt Muddi auf 160 Euro monatlich. Ja sicher, Rundfunkgebührenbefreiung und dieses und jenes, aber in Summe übersteigt das 200 Euro nicht.

"Sehen Sie", sagt der erste Experte triumphierend, "wenn Ihre Mutter Vorsorge getroffen hätte!" - Hat sie doch. Nur reicht das Geld nicht ewig, wenn man älter und älter wird und zudem wohl auch den Überblick verliert.
"Mit Einsparungen", sagt der zweite Experte überlegen, "ist da doch sicher etwas zu machen. Wieviel Miete bezahlt Ihre Mutter denn? Ach, so viel? Dann suchen Sie mal schleunigst eine angemessene Wohnung!" - Bedaure, für alte Menschen - Ausnahmen bestätigen die Regel - bedeutet Umzug den Tod, weil sie sich in einer neuen, fremden Umgebung nicht mehr zurechtfinden können.Und viel billiger als jetzt könnte sie bei den heutigen Mieten doch kaum wohnen, es sei denn in einem Kellerloch.
"Und wie hatte Ihre Mutter denn", fragt der dritte Experte vorwurfsvoll, "das Geld angelegt und weshalb ist es aufgebraucht? - Aha, ach so, ich verstehe, hm hm, dann ist Ihre Mutter aber auch selbst schuld." - Und wenn sie tausendmal selbst schuld wäre, sie ist ein bedürftiger Mensch und braucht Hilfe.

Die Experten zucken die Achseln. Da kann man nichts machen. Wer keine Beziehungen hat, muß sehen wo er bleibt. Wer keine Beziehungen und kein Geld hat, ist nichts wert. - Eine Reform des unseligen Begriffes 'unwertes Leben'.

Dies aber widerfuhr Pansefahl: Einst war er zur See gefahren und hatte mancherlei von abgelegenen Weltgegenden vernommen. Als er König Abgus vom heiligen Gral berichten hörte, erstand vor seinem inneren Auge sogleich ein Negerdorf, dessen Hütten goldene Kuppeln trugen und das allen Reichtum der Welt und ewiges Leben verhieß. Zwar wunderte er sich, daß Neger damals in der Nähe Jerusalems eine Wohnstatt errichtet haben sollten - wie sonst hätte Joseph von Arimathia das Blut Jesu in dem Kral auffangen können -, doch sagte er sich, daß Legenden eine Menge Wortgeklingel mit einem Körnchen Wahrheit seien, und dieses Körnchen, so dünkte ihm, war wohl aus Gold und weit größer als ein Körnchen. So nahm auch er seinen Abschied von der Tafelrunde.

König Abgus, voller Stolz auf Pansefahl, wünschte ihm Glück und Erfolg, er hoffe, rief König Abgus, er werde ihn dereinst als Kralsritter (mit weichem 'k') begrüßen können; das liege ganz in der Tradition der Vorbilder, jenem Bunde alter und edler Haudegen, welche einst - und da er wieder in einen seiner Vorträge verfiel, gab Pansefahl vor, sein Gaul drohe durchzugehen und beendete die Abschiedszeremonie mit ein paar wilden Galoppsprüngen, die ihn rasch vom Hof der Burg und vom Hof des Königs entfernten. Frohgemut trabte er dann des Wegs. Nach vielen Monden und noch mehr Abenteuern erreichte Pansefahl glücklich das Land der Neger, und wirklich, er erblickte den heiligen Kral.

Das heißt, zunächst erblickte er eine dunkelhäutige Frau, die ihm ohne Scham gegenübertrat, wie der Herrgott sie geschaffen hatte und Pansefahl sich dessen überzeugen konnte, daß sie an allen wichtigen und auch an den weniger wichtigen Stellen wonnigliche Pölsterchen trug - dann erst fiel ihm der Kral auf, und siehe: die Hütten trugen goldenene Kuppeln, in den Sträuchern blitzten Diamanten und der Boden war mit Edelsteinen übersät, die im Sonnenlicht glitzerten. Um die Negerin aber segelten Hunderte und Aberhunderte der zierlichsten Schmetterlinge.

Pansefahl sprang vom Pferd, rieb sich erst die Augen, dann den Staub von seiner Rüstung, und als er nun in schimmernder Wehr vor den herzugeeilten Dorfbewohnern stand, fielen diese auf die Kniee und verehrten ihn sehr. Die Männer hatten runde, freundliche Gesichter und bei den Frauen war überhaupt alles rund. Leichten Herzens bezog er die für ihn flugs verschönte Hütte und ließ es sich gutgehen. Was tat es, daß die goldenen Kuppeln, die diamantbesetzten Sträucher, der edelsteinübersäte Boden sich als Trugbilder erwiesen - es genügte, daß Pansefahl alle Jubeljahre einen Zauberer vertrieb, einen Löwen aufspießte oder einen Elefanten erschreckte, um ihm die Gunst seines Krals zu erhalten und die schmetterlingsumflatterten Frauen zum Zwiegespräch empfangen zu können.

Als endlich die Nachricht von Pansefahls glücklichem Abenteuer auch das Reich Waterkant erreichte, pries König Abgus seinen Getreuen als Zierde des Ritterums, als seinen Kralsritter (mit weichem 'k'), und er hub sogleich an, eine seiner langen Geschichten über die alten Helden und ihre Ideale vorzutragen. Da hatten aber die Ritter plötzlich ihr Schwert zu reinigen oder ihren Gaul zu striegeln oder dringend einen Minnedienst zu verrichten. Und deutlicher denn je stand ihnen vor Augen, daß sie nun selbst in die Lande ziehen und Abenteuer finden mußten.

 

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