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Sehen Sie nun einen Werbespot der DBDDHKP - die Blauen.

(Aus einer TV-Attrappe auf einem Schreibtisch ertönt Das Lied der Deutschen in der Interpretation von Nico. Ein seriös wirkender Sprecher Anfang vierzig sieht in die Kamera)
   "Meine Damen und Herren! Die Experten sind sich einig: Deutschland geht den Bach runter."
(Die Bachtrompetenstelle aus Penny Lane wird kurz aufgeblendet)
   "Es ist kein Geld mehr da. Die neureichen Profijammerer sitzen darauf und wollen aus lauter Angst, daß man ihnen was wegnehmen könnte, nichts herausrücken. Deshalb sind wir am Ende."
(Der Anfang von The End erklingt)
   "Und was können wir dagegen tun?"
(Aus dem falschen Fernseher dröhnt nun Kill the Poor; der Sprecher öffnet eine Schublade und hat plötzlich einen mittelschweren Hammer in der Hand, mit dem er auf und in das Gerät schlägt. Ruhe. Er setzt sich wieder, rückt seine Kleidung zurecht)
   "Ja, das überlegen Sie sich mal gut. Warum helfen Sie nicht einfach Ihren Mitmenschen, falls Sie noch Geld übrig haben? Geben Sie ein gutes Beispiel. - Und wählen Sie am achtzehnten September DBDDHKP - die Blauen."
(Hinter ihm geht ein kleiner Chor durchs Bild und singt währenddessen den Kanon Blau zu sein bedarf es wenig und wer blau ist, ist ein König. Der Sprecher zwinkert in die Kamera)
   "Und nun zu einem kleinen Rätsel. Was ist blau und sahnig - wissen Sie's?"
(Überblendung zu einem makellosen Blau. Ende)

Sie sahen: Parteien zur Wahl. Heute ein Werbespot der DBDDHKP - die Blauen.

Unter diesem Titel wird im nächsten WISO-Magazin folgender Beitrag gesendet, der mir von einer nicht genannt werden wollenden Quelle zugespielt wurde. Vorab und exklusiv der vollständige Wortlaut:

Brunztopf: Herr Pinkewitz, das Jahr ist kaum zwei Monate alt, schon gelten Sie bei Insidern als heißer Anwärter auf den Unternehmer des Jahres 2005.
Pinkewitz: Mein neues Konzept hat mich so richtig nach vorne gebracht.
Brunztopf: Das kann man wohl sagen. Doch bevor wir über Ihre aktuellen Unternehmungen reden, eine Frage - dies ist nicht Ihre erste Firma, nicht wahr?
Pinkewitz: Nein nein. Angefangen habe ich schon 2003, als start-up, gleich nach dem Studium. Aber das ging nicht richtig los, wissen Sie, qualifizierte Fachkräfte waren nicht bereit, erstmal ein Praktikum bei mir zu machen, da habe ich diese typische Besitzstandswahrermentalität kennengelernt. Also ich hatte nur studentische Kräfte, die waren zwar motiviert, aber da fehlten doch oft Kenntnisse. Das hat sich letzten Endes nicht gerechnet.
Brunztopf: Sie haben dann Insolvenz angemeldet ...
Pinkewitz: Bevor nichts mehr geht, gehst du in Insolvenz. Das ist Schadensbegrenzung, und ich bin mit einigermaßen Plus rausgekommen.
Brunztopf: Dann kam Ihr neues Konzept, das man durchaus als revolutionär bezeichnen kann. Erzählen Sie mal.
Pinkewitz: Ja gut, mit Hartz IV sollten ja die Ein-Euro-Jobs kommen. Da habe ich gesagt - also mit zwei Freunden haben wir das geplant - ich gründe Niederlassungen in allen größeren Städten und beschäftige jeweils bis zu 10 Langzeitarbeitslose aus dem IT-Bereich. Damit konnte ich Dienstleistungen in den Segmenten Internet, Services, Communications anbieten. Die Gemeinden müssen bekanntlich sparen, und da waren sofort gute Aufträge in trockenen Tüchern - weil wir so günstig anbieten können.
Brunztopf: Nochmal einen Schritt zurück. Diese Integrationsjobs, wie man auch sagt, unterliegen gewissen Regeln. Die Arbeit muß gemeinnützig sein und es dürfen keine regulären Stellen dafür wegfallen.
Pinkewitz: Ich schaffe ja erst die Stellen, da können keine wegfallen. Punkt eins. Punkt zwei: natürlich ist das gemeinnützig, wenn sie die Websites der Kommunen betreuen.
Brunztopf: Schon. Aber Sie verdienen dabei auch nicht schlecht, oder?
Pinkewitz: Ohne Preis kein Fleiß, hehe. Wir bieten günstiger an als all diese superschicken Agenturen und
Brunztopf: Ja, wie erreichen Sie das eigentlich? Sicher, Sie bekommen pro Arbeitsplatz und Monat 500 Euro - wovon der Beschäftigte 1 Euro je Stunde erhält, ein ganz hübsches Zubrot, das der Gesetzgeber da ermöglicht hat -, aber dafür müssen Sie auch die Arbeitsplätze einrichten. konkret heißt das, Büromöbel, Computernetzwerk, Server anschaffen, um nur einige Posten zu nennen.
Pinkewitz: Das kann natürlich nur auf der Basis von Heimarbeitsplätzen mit Internetzugang funktionieren. Und die Kommunen verpflichten sich vertraglich, die notwendige Hard- und Software für die Server bereitzustellen, dabei sparen die immer noch gewaltige Summen, langfristig gesehen im sechsstelligen Bereich.
Brunztopf: Nun findet Ihr Konzept auch in der Wirtschaft großen Anklang. Manch angesehener Agentur brechen regelrecht die Aufträge weg und es gibt bereits erste Entlassungen. Was sagen Sie dazu?
Pinkewitz: Die Arrivierten müssen sich umstellen, die Zeiten der Bequemlichkeit sind vorbei. Aber die Entlassenen müssen sich keine Sorgen um ihre Zukunft machen, wir stellen jede fähige Kraft ein, sobald sie im ALG II -Bereich ist. Es ist wirklich erstaunlich, in welchem Maße die Firma expandiert. Das haben wir uns bei den strategischen Planungen nicht träumen lassen. Unsere Erwartungen werden schon jetzt um eine Mehrfaches übertroffen. Offenbar ist die Zeit reif für uns.
Brunztopf: Vielleicht ein wenig naiv gefragt - aber unsere Zuschauer wird das interessieren - ist denn die Gemeinnützigkeit noch gegeben, wenn Sie mehr und mehr Kunden aus der Wirtschaft bekommen?
Pinkewitz: Selbstverständlich, weil wir hören ja nicht plötzlich auf, für die Kommunen tätig zu sein. Übrigens, unsere neuesten Planungen gehen davon aus, daß wir bis zum Jahresende rund 1000 Fachkräfte beschäftigen werden. Wenn das nicht gut ist für die Allgemeinheit, dann stimmt etwas nicht mit unseren Wertmaßstäben.
Brunztopf: Ich danke für dies Gespräch.

Titel: Deutschland am Scheideweg - ist unsere Verfassung noch zukunftstauglich?

Binsen: Ich begrüße im Studio die Herren Schwesterle - FDP -, Glosse - CDU/CSU -, Klaun - SPD -, Patscherkofel - Grüne -, Rigorawski vom Bund deutscher Industrieller und Kusche vom Bund unabhängiger Wähler.

Einleitender Film: Bilder von Industriebrachen und Abrissen sowie Menschenansammlungen vor Arbeitsämtern werden gezeigt und kommentiert - "Deutschland im Jahr 2005 ähnelt mehr dem Deutschland nach der Katastrophe von 1945 als einem modernen Leistungsstaat. Überall zerstörte beziehungsweise stillgelegte Industrieanlagen, Menschen ohne Wohnung, ohne Arbeit. Ist die Krise noch mit den Mitteln der alten Verfassung zu bewältigen?"

Binsen: Ja, Her Schwesterle, beginnen wir bei Ihnen. Die Probleme sind augenfällig. Muß jetzt nicht ein Ruck durch das Land gehen?

Schwesterle: Jetzt muß ein rechter, äh, ein gerechter Ruck, ein recht deutlicher Ruck hier zu Lande erfolgen. Wenn wir unsere Wirtschaft nicht schnellstens auf die Beine bringen, werden die kleinen Leute die Zeche bezahlen müssen. Das müssen wir mit allen Mitteln verhindern, da sind wir als Demokraten gefordert.

Binsen: Ja, Herr Klaun?

Klaun: Also, grundsätzlich stimme ich Herrn Schwesterle zu, ich glaube, da sind wir uns alle einig, in unserer Funktion als Demokraten. Wir müssen jetzt die Fesseln lösen, die die Väter des Grundgesetzes - in bester Absicht, wie ich hier ausdrücklich ausdrücken möchte (alle nicken beflissen) - der Wirtschaft angelegt haben. Es gab damals aber keine Alternative, so wie es heute keine Alternative zum Alt-, zum Ab-, zum Umbau unserer Gesellschaft gibt, das ist einfach eine soziale Notwendigkeit, und deshalb sage ich, wir müssen das sozial verträglich machen, also die Einschnitte, die einfach gemacht werden müssen, klein halten und auf viele Schultern verteilen, als einigen Wenigen ganz große Lasten -

Glosse: Das sind doch wieder diese sozialistischen Parolen. Es muß endlich das gemacht werden, was wir übrigens schon seit Jahren fordern, was einfach unumgänglich ist, und da soll man den Wähler nicht unterschätzen, der weiß besser als manch einer aus Ihrer Partei, was die Uhr geschlagen hat -

Klaun: Sie haben doch -

Binsen: Immer der Reihe nach. Was sagt denn Herr Patscherkofel von den Grünen zu der ganzen Problematik?

Patscherkofel: Man muß einfach sehen, daß wir uns in den guten Jahren einen Lebensstandard angewöhnt haben, das geht auf keine Kuhhaut. Wenn ich heute einem europäischen Kollegen in Brüssel erkläre, weshalb wir nicht mehr für die Wirtschaft tun können, da tippt der sich an die Stirn. Ich meine, da lachen doch die Hühner! Wie man in den deutschen Wald hineinruft, so schallt es auch heraus, denn, was wir brauchen, was wir jetzt machen müssen, mit aller Kraft, das ist ein großer Befreiunungsschlag, das ist die Quadratur des Zirkels, wenn wir jetzt nicht gegensteuern und umbauen, muß am Ende der kleine Mann die Zeche zahlen, und das darf nicht sein. Sonnenblumen in Deutschland immer, aber nicht flächendeckend, wenn Sie mir den kleinen Scherz erlauben. Was wir brauchen sind gewaltige Einschnitte, gewaltige Anstrengungen der Gesamtgesellschaft -

Rigorawski: Das freut mich, daß Ihre Partei auch mal zur Vernunft kommt; hoffentlich nicht bloß ein Strohfeuer. Die Lage ist außerordentlich ernst. Die Aktienkurse fallen, die Beschäftigung sinkt, das Job-Wunder bleibt aus. Was wir deshalb dringend brauchen, ist eine Arbeitsverpflichtung für alle, sind Volksspeisungen und Zeltstädte vom Roten Kreuz, ist eine umfassende Entlastung der Wirtschaft. Ich bitte Sie: die staatlichen Zwangsversicherungen sind einfach nicht mehr aufrechtzuerhalten, das war doch der reine Sozialismus, das konnte man sich doch damals in den 70ern im Grunde schon gar nicht leisten. Also weg damit. Jeder Bürger soll die Freiheit haben, sich gegen Arbeitslosigkeit, Krankheit und Rente zu versichern, bei freier Wahl der Versicherung, da soll der Markt entscheiden. Natürlich kann solch eine Reform nur funktionieren, wenn jeder Bürger einen gesetzlich geregelten Mindestbeitrag zahlt. Und was wir brauchen: eine Bundesregierung muß jederzeit - und nicht nach jahrelangem Gerede - die geeigneten Maßnahmen ergreifen und durchsetzen können, die im Einzelfall auch mal schmerzlich sein können, aber am Ende allen zugute kommen, und dazu sollten wir sie ermächtigen, per Gesetz, per Verfassungsänderung.

Binsen: Damit haben Sie schon beinahe ein Schlußwort gesprochen, lieber Herr Rigorawski, aber wir wollen auch Herrn Kusche vom Bund unabhängiger Wähler hören. Herr Kusche, sie haben ja die Problematik mitbekommen, und im übrigen auch fleißig mitgeschrieben -

Kusche: Ach, ich habe bloß ein paar Aufzeichnungen gemacht. Vielleicht kann die Kamera das einmal zeigen. (hält ein Blatt Papier vor sich hin)

Kamera: (zoomt auf das Blatt. Man erkennt ungelenke Zeichnungen, die sich mit etwas gutem Willen als Schweine in verschiedenen Ansichten interpretieren lassen. Der Regisseur hat offenbar noch nicht interpretiert und die Kamera hat das Blatt nun in Großaufnahme)

Publikum: (Vereinzeltes Gelächter und Gekicher, dann Gepruste)

Regisseur: (ahnt etwas und schaltet auf Kamera 2 um, die auf Frau Binsen hält)

Binsen: (macht mit einer markanten Geste deutlich, daß Herr Kusche ein Arschloch ist und nie wieder eingeladen werden wird)

Regisseur: (schaltet schnell auf Kamera 3 - hohnlachendes Publikum - und startet dann den Abspann, blendet alle Kameras aus)

Binsen: (aus dem Off) Ich danke allen Anwesenden für dieses informative Gespräch. Machen Sie's gut und bis nächsten Sonntag.

TV-Gerät: (empfängt)
Titel: Fracksausen (unterlegte Musik: "Tuxedo Junction")
Stimme aus dem Off: Diese Sendung wird Ihnen präsentiert von (Einblendung Logo, Wolken gedeckten Blaus vor kremweißem Hintergrund) (emphathisch) Erbarmer Sitzkissen.
Moderator: (zupft an seiner Fliege, guckt sehr ernst) Auch das neue Jahr wird uns Geburtenrückgang, Vergreisung, steigende Lohnkosten und andere Standortnachteile bringen, wie unabhängige Wissenschaftler übereinstimmend in einer aufsehenerregenden Studie feststellten.
Szene: Vier Herren mit glatten, ausdruckslosen Gesichtern und grauem Haar bzw. Glatze sitzen um einen Tisch und schneiden einzelne Wörter aus Zeitungen, Illustrierten und Prospekten aus, im Hintergrund eine Stelltafel, an die - in der Manier von Erpresserbriefen - bereits ein Satz geheftet ist: "Im Interesse der deutsche Bevölkerung wenden wir uns hiermit an die Öffentlichkeit." Ab und zu kichert der eine oder andere albern vor sich hin.
Agitator: (hinter einem Schreibtisch, auf dem ein mechanischer Anspitzer steht, ein Knallbonbon liegt, eine Papierschlange sich ringelt) (liest leiernd) Die Partei der permanenten Reform als Speerspitze der arbeitenden Bevölkerung wehrt sich entschieden gegen die Bevormundung des deutschen Volkes durch eine Minderheit selbstsüchtiger Elemente, die hinter der vorgeblichen Besorgnis ...
Krokodil (Kasperl-Figur): (erscheint über dem Schreibtischrand und bewegt sich ruckelnd auf den Agitator zu)
Agitator: ... um die soziale Gerechtigkeit in Wahrheit eine Ideologie der Besitzstandswahrung
Krokodil (Kasperl-Figur): (entreißt ihm mit einem Biss das Manuskript)
Agitator: ein Terroranschlag der Natur!
Silvesterkarpfen: (steckt seinen Kopf von oben ins Bild, direkt über dem Agitator, blickt kurz in die Kamera und verschwindet)
Äffchen (in Tutu): (springt von rechts oben auf den Schreibtisch und verstreut hüpfend Konfetti aus einem Füllhorn, nach links ab)
Agitator: (hysterisch) Die Partei der permanenten Reform - Kapitaldeckung - aufrechter Gang - fit für 2050 - expert texpert -
Zwei Blesshühner: (staksen von rechts und links kommend über den Schreibtisch und zanken zerrend um den Knallbonbon: Peng!)
Pinguin: (balanciert auf einem Tablett Sekt heran und schenkt fachgerecht ein)
Agitator: (trinkt begierig) Die Partei - börps!
Zwei Gorillas: (treten hinter ihn und führen ihn nach rechts ab) Umpf. Grumpf. Gnuff.
Stimme aus dem Off: Oh mein Gott! Jetzt kann nur noch Erbarmer-Man helfen!
Blitz: (huscht grell durchs Bild)
Erbarmer-Man: (sähe einem mittelalterlichen Fallbeil-Henker täuschend ähnlich, wäre nicht das blinkende "E" auf seiner Brust und das angenähte Sitzkissen am Hintern) Im Namen der Agenda!
Meisen-Chor: (mehrstimmig, bedrohlich) Spitzt ihn an! Spitzt ihn an! Spitzt ihn an!
Ameisen: (wimmeln plötzlich überall, nehmen den strampelden Erbarmer-Man auf die Schultern und tragen ihn auf den Anspitzer zu)
Einblendung: Bayern 3 hat sich ausgeblendet.
Mann mit Horst-Köhler-Maske: (springt ins Bild und sprüht wie wild E605 um sich)
Erbarmer-Man: (läuft gelb-blau an und stirbt zuckend)
Espe: (neigt sich ins Bild und wispert mit den Blättern) Das Leben läßt sich nicht besiegen.
Einblendung: Alle Anstalten im Sendebereich der ARD haben sich ausgeblendet.
TV-Gerät: (implodiert)

Guido Westerwelle, erwachend, zerzaust: "Heiliges Kanonenrohr!"

Das folgende Fernseh-Interview ist gestellt. Ähnlichkeiten mit lebenden oder untoten Personen sind rein zufällig und entbehren jeden - jeden - äh - naja, das tun sie nun mal.

Interviewer: Herr Nutzlast, ihre Innenbehörde beabsichtigt, alle Meldeämter auf drei Standorte zu konzentrieren. Nun hagelt es Proteste aus Stadtteilen, in denen das Serviceangebot verringert werden soll.
Nutzlast: Ich nehme die Kritik nicht als so massiv wahr. Im Übrigen wollen wir dorthin, wo viel los ist. Für die anderen Standorte gilt: Service ja, aber an den Bürgerwillen angepasst. Beispielsweise in Huchburg wollen wir einen Servicepoint im Einkaufszentrum einrichten, der dann geöffnet ist, wenn es den Huchburgern am besten paßt.
Interviewer: Wie wollen Sie denn 30.000 Huchburger fragen, wann ihre Meldestelle geöffnet haben soll?
Nutzlast: Es gibt ein repräsentatives Gutachten, daß die bisherigen Erfahrungen mit dem Servicepoint Mitte auswertet.
Interviewer: Nun ist Mitte nicht Huchburg, und ob ein - wie Sie es nennen - repräsentatives Gutachten zuverlässig über den Willen der Huchburger Auskunft gibt, scheint mir doch eher fraglich.
Nutzlast: (ungeduldig) Aber ganz und gar nicht. Natürlich können wir es nicht Jedem recht machen, der Rest muß sich eben anpassen, so ist das nun einmal in einer Demokratie. Gutachten - darüber liegt mir eine zuverlässige Expertise vor - können sehr wohl verläßlich den Bürgerwillen wiedergeben, oftmals sogar präziser als Befragungen, wie es hier heißt.
(ein unterdrücktes Schnauben ist zu hören, das Bild wackelt kurz)
Interviewer: (mit ungehaltenem Seitenblick zur Kamera) Moment, verstehe ich das richtig - Sie beschäftigen Gutachter, die Gutachten begutachten. Haben Sie keine Fachleute mehr in den Behörden? Können Sie sich diese Ausgaben überhaupt leisten?
Nutzlast: (leicht mitleidig lächelnd) Nein, also, wenn man Neues probieren muß, weil die alten Mittel nicht mehr tauglich sind, dann muß man auch Meinungen einholen, die nicht aus den Behörden kommen, sonst werden sie verkrustete Strukturen niemals aufbrechen können. Und letztlich ist dies auch billiger. Schauen Sie, früher hat man einfach aufgrund von Erfahrungswerten Neues eingeführt, das hat natürlich gekostet, das ist ja heute gar nicht mehr finanzierbar.
Interviewer: Aber wenn ein Gutachter die Arbeit des anderen begutachtet, besteht dann nicht die Gefahr, daß hier und da und vielleicht sogar erheblich geschönt wird?
Nutzlast: Grundsätzlich verstehe ich ihre Besorgnis. (triumphierend) Aber im angesprochenen Fall verbürge ich mich für die Redlichkeit des Experten. Mit dem bin ich immerhin schon gemeinsam zur Schule gegangen!

Sie (US-TV-Star): Hallo John! [Gelächter]
Er (US-TV-Star): Hallo Susan! [Gelächter]
Sie: Wie war dein Tag? [Prusten]
Er: (Grimasse) War ganz okay. [Schenkelklopfen]
Sie: (Grimasse) Okay. [Lachkrämpfe]
Er: Ich meine - okay. [Schreie]
Sie: Das freut mich. [Vandalismus]
Er: Okay okay. [Explosionen]
Sie: (liest Cosmopolitan) John? [Weltuntergang]
Er: (öffnet den Kühlschrank) Ja? [Urknall]

Sie sahen aus der Serie 'Die Langweiler' die Folge 'Feierabend'. Verpassen Sie nicht die nächste Folge 'Das Abendessen'. Und gleich nach der Werbung präsentiert SatTLF7 'Total verrückte Langweiler' mit Loo Harms und Zee Paine. Bleiben Sie dran, haben Sie fun!
[Werbung]

Musik: dissonante Fanfarenstöße, synkopische Paukenschläge.
Sprecher: Diese hart arbeitenden Familienväter wurden von Sozialneid und Besitzstandswahrungsdenken um ihr Lebensglück gebracht.
Bild: ältere Männer in erkennbar teurer Kleidung sitzen in einer Einkaufsstraße auf Luxusbürostühlen, vor sich einen umgedrehten Hut, in der Hand Schilder wie "Ohne Arbeit" - "Opel war mein Ruin" - "Vernichtet durch herzlose Arbeitnehmer", Passanten eilen achtlos vorüber, Nieselregen, wehendes Herbstlaub.
Sprecher: So könnten die Folgen des verantwortungslosen Streiks in den Opel-Werken aussehen. Dazu darf es nicht kommen. Deutsche, wehrt euch!
Musik: eine Militärkapelle spielt das Deutschlandlied.
Bild: Lange Schlangen von Arbeitswilligen drängen in ein Opel-Werk. Beim Pförtner gibt jeder seine Geldbörse ab.
Sprecher: Bildet Freiwilligenverbände gegen die Ewiggestrigen. Unterstützt unsere fortschrittliche Wirtschaft. Damit auch unsere Kinder noch eine Zukunft haben.
Bild: Horst Köhler schreitet die Ehrenformation des Deutschen Industrie- und Handelstages ab.
Sprecher: Deutschland ist ein großartiger Standort mit großartigen Vorständen. Das lassen wir uns nicht zerneiden. (stimmt in die Musik ein) ... ü-ber a-hal-les, ü-hü-ber a-ha-le-hes in de-her Welt.
(Abblende)

Dieser Informationsfilm wurde finanziert aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit, der Kranken- und der Rentenversicherung.

Um einen erhöhten Tisch stehen vier Männer im Halbkreis, der Kamera zugewandt. Einer von ihnen, mit Sportsakko und Wellenfrisur, spricht gestikulierend. Der Ton wird eingeblendet, als alle vier ziemlich dreckig lachen. Sportsakko (offenbar der Moderator) zuckt zusammen, blickt in die Kamera ...
Moderator: Wir sind bereits auf Sendung. Hrr-rrrmmhh, Guten Abend, meine Damen und Herren, willkommen zur Auslosung des Jesus-Polls des Monats Oktober (blickt irritiert auf einen Zettel in seiner Hand). - Oh. Ähh, zu meiner Rechten Herr Budel, Vize-Sprecher der deutschen Abteilung der Jesus-Leute, guten Abend ...
Budel: Guten Abend.
Moderator: ... und zu meiner Linken Herr Sonderverlosung als Glücksfee, guten Abend (blickt wieder auf seinen Zettel, schüttelt den Kopf) ...
Sonderverlosung: A-bent!
Moderator: ... und ganz außen Herr Sparbier, der als Notar die rechtmäßige - der die legit - die korrekte und regelkonforme Durchführung als Notar überwachen wird, guten Abend.
Sparbier: Da bin ich.
Moderator: Herr Budel. Jesus, der ja bekanntlich vom Jahr seiner Geburt bis zu seinem frühenTod lebte, ist heute nicht mehr das Idol der Massen, das er einst gewesen seinte - äh, das er war. Ihre Organisation hat deshalb den Jesus-Poll initiert, um seinem Image ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Ist das so richtig?
Budel: Nun, das Bild des postmodernen Jesus leidet an gewissen Inkongruenzen, an einer, wie soll ich sagen, marketingmäßig unterrepräsentierten Servicequalität. Unsere strategische Offensive sieht daher eine Anhebung der Publikumsakzeptanz in mehreren Stufen vor, die ...
Moderator: Sehr interessant, wir müssen es leider bei diesem ersten Einblick belassen, haben aber vielleicht später noch Zeit für vertiefende Erläuterungen. Ja, die Zeit rast, deshalb schnell die Frage an Herrn Sparbier - sind alle Antworten ordnungsgemäß eingesandt und ausgewertet worden?
Sparbier: Unbedingt.
Moderator: Wie hoch war denn die Wahlbeteiligung?
Sparbier: Über 99 % ...
Moderator: Was? Das ist ja fantastisch!
Sparbier: Leider. Über 99% der Wahlberechtigten sind dem Poll ferngeblieben.
Moderator: Tja. Wieviele haben sich denn absolut beteiligt?
Sparbier: Mindestens drei.
Moderator: Ah, gut, das signalisiert doch ein gewisses Interesse. - Herr Sonderverlosung (verzieht das Gesicht), würden sie nun bitte das Ergebnis ziehen?
Sonderverlosung: (greift in einen Korb und zieht einen Umschlag heraus, öffnet ihn umständlich unter Gemurmel des Moderators) So.
Moderator: (hastig) Die Frage lautetete, ob Jesus gelacht hat.
(Einblendung: HAT JESUS GELACHT? Konservengelächter ertönt)
Sonderverlosung: Die Hälfte aller Poller antwortete mit "selbstverständlich" (Konservenapplaus, Budel guckt etwas unglücklich). Eine andere Hälfte antwortete mit - äh, das ist aber eine verdammt lange Antwort. Also, ehmm, mit "nur heimlich". Noch eine Hälfte fand schon die Art der Fragestellung diskriminierend. (stockt, blickt auf) Äh?
Moderator: Und damit ist es amtlich, Jesus hat selbstverständlich heimlich gelacht, wenn die Fragestellung nicht diskriminierend war. Danke für Ihr Interesse, bleiben Sie gesund und denken Sie auch mal an Jesus. Auf Wiedersehen. (Konservenapplaus, Sparbier sieht auf die Uhr, Budel winkt, Abblende)

Den Abspann senden wir zu einem späteren Zeitpunkt. Bitte beachten Sie die Hinweise in Ihren Programmzeitschriften.

Volker Michel: Und Sie wollen tatsächlich demonstrieren gehen?
Kai-Uwe Puller: Ach, i wo! Dafür haben wir arbeitslose Schauspieler engagiert. Mit diesen Ein-Euro-Jobs, wissen Sie. Die Arbeitsagentur zahlt uns 500 Euro pro Arbeitsplatz. Aber die Leute müssen erst ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen, bevor sie Geld von uns bekommen. Ja-haaa, jammern nützt nichts, clever muß man sein!
Volker Michel: Wirklich clever. Aber wenn das rauskommt ...
Kai-Uwe Puller: Und wo soll das bitteschön veröffentlicht werden? Nee, keine Chance, DIE Zeiten sind vorbei.

Unser Reporter Volker Michel sprach mit Kai-Uwe Puller

V. Michel: Nachdem Ihr Fähnlein der Aufrechten - rund 60 Personen, mehrheitlich der verfemten wirtschaftlichen Elite zugehörig - rechtzeitig zum Tag der deutschen Einheit eine Anzeige in den größten deutschen Zeitungen geschaltet hatte, stellt sich die Frage, ob Sie nun auch Gegendemonstrationen organisieren werden.
K.-U. Puller: Oh ja. Ich sage nur: oh ja. Wir werden diesen aufgehetzten, irregeleiteten und von extremistischen Demagogen verführten Schmarotzern und Jammerern nicht das Feld überlassen.
V. Michel: Da ist nur zu verständlich, so kann es einfach auch nicht weitergehen. Doch was glauben Sie, wie groß wird der Zulauf sein, und was haben Sie den Teilnehmern auf der Event-Ebene zu bieten?
K.-U. Puller: Erstmal: die Bevölkering ist von schlimmen Demagogen jahrzehntelang systematisch durchseucht worden. Und da sind leider auch von verantwortlicher Seite unglaubliche Fehler gemacht worden, das konnte man schon in den 60ern sehen, daß das alles nicht zu bezahlen sein würde, rein ökonomisch-vernunftmäßig gesehen. Jetzt zahlen wir die Zeche für die Anbiederungen der früheren Jahre. Wer immer noch glaubt, sie säen nicht, sie ernten nicht, und der Herr ernährt sie doch, der handelt vollkommen verantwortungslos. Ich denke, die stillschweigende Mehrheit hat das auch begriffen. Wir rufen alle Experten, Wirtschaftsstudenten, Manager, Politiker, Publizisten und so weiter auf, gegen die Zustände in unserem so schönen Standortland und diese impertinente Meinungsmafia - äh -
V. Michel: Da bin ich völlig Ihrer Meinung. Was haben Sie aber nun auf Ihren Meetings zu bieten, und wann und wo sollen die stattfinden?
K.-U. Puller: Als Rahmenprogramm wird Marius Müller-Westernhagen mit Band auftreten und aus seiner neuen CD singen, die heißt "Kleiner Mann, was tun!", ferner wird Günter Grass aus seinem noch unveröffentlichtem Drama "Die Verweser planen den Aufstand" lesen, und als Hauptredner haben wir einen freiberuflichen Postkartenmaler gewinnen können, der über eine prägnante Stimme verfügt und dessen Begeisterungsfähigkeit ganz gewiß auf die Bevölkerung überspringen wird. Wir stehen für das neue Deutschland, für eine nachhaltige Erneuerung, für die radikale Umwertung aller Werte zum Wohle des Volkskörpers, und zwar zunächst in Berlin, Hamburg, Leipzig, Düsseldorf, Stuttgart und Nürnberg. Am 9. November soll es dann eine zentrale Veranstaltung in München geben.
V. Michel: Das ist ja ganz phantastisch; ich, und ganz sicher auch meine Zuschauer, wünsche Ihnen viel Erfolg in dieser schweren Zeit. Verraten Sie uns doch zum Schluß noch die wichtigste Parole Ihrer Proteste.
K.-U. Puller: Schluß mit dem zersetzenden Gejammer - die Sozialreformen sind der Hammer!
V. Michel: Vielen Dank für das Gespräch.
K.-U. Puller: Ja, gaha.

 

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