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heißt es in einem Song von X-Ray Spex und das fiel mir sofort ein, als ich vorhin The Essential The Stranglers hörte, eine bei Capitol erschienene CD zu Marketingzwecken, eher willkürlich zusammengestellt denn essentiell, die aber einige wichtige Songs enthält. Die Power der Stranglers ist unüberhörbar, doch dachte ich fast die ganze Zeit, ich hätte Watte in den Ohren: alle Instrumente fein säuberlich voneinander getrennt, kein Rauschen, kein Knacken, keine Schärfe - clean!

Wenn mein Plattenspieler nicht gerade auf einem Ohr krank wäre, hätte ich sofort die beiden Live-Tracks aus dem Hope&Anchor von Ende 1977 gehört; "Straighten out" und "Hangin' around", danach die LP "No more Heroes" und dann "La Folie" - obwohl gesagt werden muß, daß The Stranglers auch viel Dutzendware aufgenommen haben. Aber der Sound, der Sound! Das Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug einerseits (dieser unerhörte, unerträglich gute Bass!) sowie Gitarre und Keyboards andererseits und wie das einen einheitlichen, unverwechselbaren und bisweilen unwiderstehlich gemeinen Ensembleklang ergab: auf dieser CD ist es nur zu erahnen. Schade. Punk war nicht clean, wollte im Gegenteil dreckig sein, und The Stranglers waren genau das, selbst als sie sich in den 80ern zum Pop bekannten.

Um sie aber auch heute verkaufen zu können (one of the most influential blah ...), müssen sie dem "modernen" Sound angepasst werden. Fuck you Jack, who needs ya. - Bei Nice 'n' sleazy mußte ich lachen: denn The Stranglers wurden immer mit The Doors verglichen - hier aber klingen die keyboards verdammt nach Keith Emerson in der Zeit von Brain Salad Surgery. Nice n sleazy, nice n sleazy, does it, does it, does it everytime.

und selbst das Lesen einer großen Illustrierten trägt dazu bei. Worum geht es? Um nichts Geringerres als die Inflation und die Inflationsrate. Letztere liegt aktuell bei 3,1% und jeder normale, seinen täglichen Bedarf selbst einkaufende Mensch wundert sich: sooo niedrig? Ja, besagte Illustrierte, in der außer Hofberichterstattung und Propaganda (zweimal seit Oktober Müntes Schicksal! Oh, dieser wackere Mann! Und Angela Merkels bemerkelnswerte Jackettfarben!) auch immer wieder Interesanntes steht. Z.B. über die Preiserhöhungen in jüngster Zeit; Milchprodukte generell, Lebensmittel, Öl, Gas, Strom und mancherlei mehr.

Ein schweizer Statistiker bestätigt: das Volk hat recht, denn der Inflationsrate liegt ein Querschnitt durch sämtliche Produkte zugrunde, also auch verbilligte Computer etc., während die Mehrheit der Bevölkerung doch einen Großteil des Haushaltsgeldes auf Artikel des täglichen Bedarfs verwende, und da ergebe sich eine - ja, nun hätte der Begriff Teuerung fallen müssen - ergebe sich also eine gefühlte Inflation von über acht Prozent. Einerseits wird also eingestanden, daß für die Armen und Ärmsten das Leben erheblich (und wer weiß, manchmal schon unerträglich) teurer geworden ist, auf der anderen Seite sei dies aber eine gefühlte Inflation.

Es mag eine gefühlte oder auch nicht gefühlte Inflation sein, auf jeden Fall erhöhen sich die Lebenskosten drastisch, was eine Tatsache ist, und nicht vom Gefühl des Einzelnen abhängt. Aber es ist bezeichnend für unsere Zeit, daß Not auf persönliche Gefühle reduziert und diese Gefühle mit Begriffen wie gefühlte Inflation bespöttelt werden. Ja, wer selbst nichts fühlt ...

Meine Eltern waren vernünftige Leute, im Sinne von wohlerzogen, redlich, maßvoll; sie konnten sich freuen, dankbar sein, sich ärgern, auch bis zur Wut empören und manchmal weinen: normale Menschen eben mit Macken wie du und ich. Weihnachten gab es keinen Streit, keine tränentriefende Sentimentalität, und es gab Geschenke, um uns allen eine Freude zu bereiten: das Fest wurde festlich begangen und der Alltag hatte draußen zu bleiben - man hatte sich dem Anlaß gemäß gefälligst zu benehmen. Natürlich gärte Manches unter der Oberfläche, aber: Benimm, nicht wahr?

Als ich vier Jahre alt war, nahm Muddi mich zum ersten Mal mit in die Christmesse, am späten Nachmittag, es dunkelte bereits (Vaddi kochte derweil unser Festessen: Hühnerfrikassee, die ich aus schierer Aufregung noch vor der Bescherung erbrechen mußte). Im Eingang wurden die Gemeindemitglieder willkommen geheißen, wir betraten das Kirchenschiff, riesig und hallend, erfüllt von Stimmengemurmel, Stoffgeraschel und Bänkeknarren. Der Küster entzündete die letzten Kerzen, den Adventskranz hatte er bereits unter das Gewölbe gehievt. Ich weiß es nicht mehr, aber mit dem Eintritt des Pastors wird die Orgel ertönt sein; ein Klang und eine Musik, die mich trafen und berührten, in meinem tiefsten, tiefsten Element.

Die Orgel war an der Rückseite, vorne Chor und Altar, rechts davon, auf halber Höhe einer Säule, die Kanzel. Der Pastor durchmaß den Gang und stieg die Wendeltreppe hinauf. Oben angekommen ließ er Ruhe einkehren, mucks - ein letzter Muckser - mäuschen - Knarren, Rascheln, Hüsteln - still - prrrtscha! - mußte es erst sein.

Dann las er aus der Weihnachtsgeschichte: "Es begab sich aber zu der Zeit ...". Und da alle Welt geschätzt werden sollte, begaben sich Joseph und Maria an ihren Heimatort Bethlehem; Joseph, der Tischler und Maria, sein Weib, die schwangere Jungfrau; und sie fanden Unterkunft in einem Stall, da ihnen Ochs und Esel Gesellschaft leisteten; und Maria gebar einen Knaben, und siehe: ein Stern stand über dem Stall. "Fürchtet euch nicht" erschien den Hirten auf dem Felde ein Engel, und "Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen"; die heiligen drei Könige - Kaspar, Melchior und Balthasar - , die irgendwie durch die Straßensperren der israelischen Besatzungs - äh nein, halt, stop, damals war Palästina unter der Herrschaft Roms - die also, nun, wie auch immer, sie huldigtem dem Jesuskind mit Myrrhe, Weihrauch und was weiß ich -

"Wir singen nun ..." verkündete der Pastor das Lied und gab die Seitenzahl im Kirchenliederbuch an. Die Orgel erscholl, auf ihrem Fundament baute die Gemeinde ihren Gesang, vielkehlig, mehrstimmig auch, teils gekonnt, teils unfreiwillig. Und die Gemeinde verschmolz in der Musik und wurde Eines, ich spürte es wohl; die Gemeinsamkeit, die Kraft und die Herrlichkeit (ich war klein, mein Herz war rein, und ich wußte noch nichts von der Schäbigkeit, die hinter mancher Fassade wohnt).

So wechselten sich Pastor und Gemeinde ab, und schließlich sprachen wir das Vaterunser, "der du bist im Himmel", und "dein Reich komme, wie im Himmel, also auch auf Erden", und "vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern", und "in Ewigkeit", und so sicher wie das Amen in der Kirche: "Amen".

Denn es war Weihnachten, und wir gingen beeindruckt und erhoben nach Hause, wo das gemeinsame Essen in der nur von Kerzen erleuchteten Küche, Gesang beim Lichterschein des Christbaums und die Bescherung unserer harrten, der eigentliche Höhepunkt des Abends, selbstverständlich, erst die Besinnung und dann die ungetrübte(?) Freude.

Schokoladenadventskalender, Weihnachtsmanngehampel, Kaufrausch, sentimentale Ausbrüche, Lichterkettengetue, was ist das schon? Doch nur Eitelkeit und ein großes Übel unter der Sonne. Sela.

Postskriptum: Ich weiß nicht, ob das Fernsehen in diesem Jahr auch "Fanny und Alexander" gebracht hat, das letzte Filmwerk von Ingmar Bergman (die Kinofassung drei Stunden, für's Fernsehen ein Vierteiler von insgesamt sechs Stunden); der erste Teil zeigt die Weihnachtsfeier einer schwedischen Bürgerfamilie um ca. 1900 und ist ganz wunderbar. Und ein Blick hinter die Kulissen, na klar, Ingmar Bergman.



verleih




Gerne, um mit dem Guten zu beginnen, sieht man Rauhreif (und spricht es gern aus und liest es auch gern, wenn es mit dem Hauch-h geschrieben wird), wie er heute bis in die obersten Wipfel hing, bei Sonnenschein und klarem Himmel, so schön, so wunderschön, ein solches Wunder der Natur: die ganze Welt wie mit Puderzucker überstäubt; festlich, majestätisch und bar jeder Banalität.

Womit das Stichwort für das Plastiktannenbäumchen im Fenster gegenüber gefallen ist: lustig blinken da die Lichtlein, in gelb, rot und grün, in genau festgelegter Abfolge von einer Farbe zur anderen wechselnd und auch ein bißchen durcheinander. Ein hübscher Effekt, wenn man es einmal sieht, und beim zweiten Hinschauen noch nicht uninteressant, aber wenn es über Stunden geht - eine Sequenz dauert ca. 8 Sekunden, das macht 15 Wiederholungen in 2 Minuten, in einer Stunde sind es ... und so weiter. Witzlos.

Was überhaupt los ist, erfuhr ich heute auf den zwei Veranstaltungsseiten unserer Zeitung, und da schrie mir ein Inserat entgegen: 4. Handball Night of Emotion. Wie spricht man das eigentlich aus? Sagt man "Fourth" und "Händboll"? Und um was geht es da eigentlich? Ach, ein Spiel der Regionalliga oder wie das bei den Händbollern heißt, dieses zweitklassige Dings. Nein, das sieht man wirklich nicht gern. Wie überhaupt Hallenhandball. Auch nicht, wenn er in der Stadthalle im AWD-Dome dargeboten wird.

 

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