1968
aus aller Welt
ballaballa
Beobachtungen in der Natur
charmsing
deutsche kenneweiss
Dicki TV
Dickimerone
Dickis Reisen
die kleine Anekdote
dirty old town
Empfehlung
Erwins Welt
Eugen
in eigener Sache
Java
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 

in eigener Sache

Vor genau 20 Jahren traten The Scarlet Letter im Union Pacific American Club auf und hatten ausnahmsweise mal einen amtlichen Sound, denn wir durften die Verstärker semi-professioneller Bands mitbenutzen und die Leute am Mischpult verstanden ihr Handwerk. Leider haben dieselben Leute voreilig die Aufnahmetaste gedrückt und unseren Soundcheck mitaufgenommen, wodurch das letzte Drittel unseres Konzerts nicht auf dem Mitschnitt ist.

Sehr schade, denn wir waren gut drauf, alle miteinander: Hella - Schlagzeug, Thomas Beling - Bass, Andrea Schrör - Gesang, Dicki - Gitarre. Obwohl ich mich dauernd verspielt habe und obwohl der Gesang nie den Liedern gerecht wurde. Und dann war da noch dieses prekäre Solo in Gloria in excelsis deo, da mußte man um jeden Ton zittern, so prekär war das.

Nach diesem Auftritt - als Teil eines Rhythm 'n' Blues-Festivals in einem vornehmlich von US-Soldaten besuchten Club, kurzfristig engagierter Ersatz - meinte ich, wir seien Exoten gewesen, Affen im Käfig, aber sei's drum. Der Mitschnitt hingegen dokumentiert Begeisterung nach unserem dritten Song ("Tanz der Vampire II"), juchzendes Tanzen bei "Blaue Ballerina", stürmischen Beifall nach "our most depressing song", und und und, und spätestens nach der Hälte unseres Sets war das Publikum mehrheitlich gespannt darauf, was wir noch Interessantes zu bieten hätten, und da wäre noch Einiges gekommen, wenn der Mitschnitt nicht mitten in "Psychedelischer Sommer", auf dem Höhepunkt des Songs, endete -

Ende des Tapes, Koitus interruptus, absolut nichts für Suizidgefährdete: das letzte Drittel unseres Auftritts ist unwiderruflich verhallt, damals, am 30. Januar 1988, 55 Jahre nach der Machtergreifung, und weiß Gott, wir hätten alles wieder gutgemacht ...

war die Luft in unserem Büro am Jahresanfang: gerade mal fünfundzwanzig Prozent Luftfeuchtigkeit (dank etlicher Pflanzen und mehrerer Wasserschüsseln auf den Heizkörpern nähern wir uns jetzt fünfzig Prozent). Weil das für die Atemwege ungesund ist, aber auch die Haut darunter leidet, sagte Carmen: "ich will mit 35 nicht aussehen wie 37".

Meine Eltern waren vernünftige Leute, im Sinne von wohlerzogen, redlich, maßvoll; sie konnten sich freuen, dankbar sein, sich ärgern, auch bis zur Wut empören und manchmal weinen: normale Menschen eben mit Macken wie du und ich. Weihnachten gab es keinen Streit, keine tränentriefende Sentimentalität, und es gab Geschenke, um uns allen eine Freude zu bereiten: das Fest wurde festlich begangen und der Alltag hatte draußen zu bleiben - man hatte sich dem Anlaß gemäß gefälligst zu benehmen. Natürlich gärte Manches unter der Oberfläche, aber: Benimm, nicht wahr?

Als ich vier Jahre alt war, nahm Muddi mich zum ersten Mal mit in die Christmesse, am späten Nachmittag, es dunkelte bereits (Vaddi kochte derweil unser Festessen: Hühnerfrikassee, die ich aus schierer Aufregung noch vor der Bescherung erbrechen mußte). Im Eingang wurden die Gemeindemitglieder willkommen geheißen, wir betraten das Kirchenschiff, riesig und hallend, erfüllt von Stimmengemurmel, Stoffgeraschel und Bänkeknarren. Der Küster entzündete die letzten Kerzen, den Adventskranz hatte er bereits unter das Gewölbe gehievt. Ich weiß es nicht mehr, aber mit dem Eintritt des Pastors wird die Orgel ertönt sein; ein Klang und eine Musik, die mich trafen und berührten, in meinem tiefsten, tiefsten Element.

Die Orgel war an der Rückseite, vorne Chor und Altar, rechts davon, auf halber Höhe einer Säule, die Kanzel. Der Pastor durchmaß den Gang und stieg die Wendeltreppe hinauf. Oben angekommen ließ er Ruhe einkehren, mucks - ein letzter Muckser - mäuschen - Knarren, Rascheln, Hüsteln - still - prrrtscha! - mußte es erst sein.

Dann las er aus der Weihnachtsgeschichte: "Es begab sich aber zu der Zeit ...". Und da alle Welt geschätzt werden sollte, begaben sich Joseph und Maria an ihren Heimatort Bethlehem; Joseph, der Tischler und Maria, sein Weib, die schwangere Jungfrau; und sie fanden Unterkunft in einem Stall, da ihnen Ochs und Esel Gesellschaft leisteten; und Maria gebar einen Knaben, und siehe: ein Stern stand über dem Stall. "Fürchtet euch nicht" erschien den Hirten auf dem Felde ein Engel, und "Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen"; die heiligen drei Könige - Kaspar, Melchior und Balthasar - , die irgendwie durch die Straßensperren der israelischen Besatzungs - äh nein, halt, stop, damals war Palästina unter der Herrschaft Roms - die also, nun, wie auch immer, sie huldigtem dem Jesuskind mit Myrrhe, Weihrauch und was weiß ich -

"Wir singen nun ..." verkündete der Pastor das Lied und gab die Seitenzahl im Kirchenliederbuch an. Die Orgel erscholl, auf ihrem Fundament baute die Gemeinde ihren Gesang, vielkehlig, mehrstimmig auch, teils gekonnt, teils unfreiwillig. Und die Gemeinde verschmolz in der Musik und wurde Eines, ich spürte es wohl; die Gemeinsamkeit, die Kraft und die Herrlichkeit (ich war klein, mein Herz war rein, und ich wußte noch nichts von der Schäbigkeit, die hinter mancher Fassade wohnt).

So wechselten sich Pastor und Gemeinde ab, und schließlich sprachen wir das Vaterunser, "der du bist im Himmel", und "dein Reich komme, wie im Himmel, also auch auf Erden", und "vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern", und "in Ewigkeit", und so sicher wie das Amen in der Kirche: "Amen".

Denn es war Weihnachten, und wir gingen beeindruckt und erhoben nach Hause, wo das gemeinsame Essen in der nur von Kerzen erleuchteten Küche, Gesang beim Lichterschein des Christbaums und die Bescherung unserer harrten, der eigentliche Höhepunkt des Abends, selbstverständlich, erst die Besinnung und dann die ungetrübte(?) Freude.

Schokoladenadventskalender, Weihnachtsmanngehampel, Kaufrausch, sentimentale Ausbrüche, Lichterkettengetue, was ist das schon? Doch nur Eitelkeit und ein großes Übel unter der Sonne. Sela.

Postskriptum: Ich weiß nicht, ob das Fernsehen in diesem Jahr auch "Fanny und Alexander" gebracht hat, das letzte Filmwerk von Ingmar Bergman (die Kinofassung drei Stunden, für's Fernsehen ein Vierteiler von insgesamt sechs Stunden); der erste Teil zeigt die Weihnachtsfeier einer schwedischen Bürgerfamilie um ca. 1900 und ist ganz wunderbar. Und ein Blick hinter die Kulissen, na klar, Ingmar Bergman.



verleih




Gerne, um mit dem Guten zu beginnen, sieht man Rauhreif (und spricht es gern aus und liest es auch gern, wenn es mit dem Hauch-h geschrieben wird), wie er heute bis in die obersten Wipfel hing, bei Sonnenschein und klarem Himmel, so schön, so wunderschön, ein solches Wunder der Natur: die ganze Welt wie mit Puderzucker überstäubt; festlich, majestätisch und bar jeder Banalität.

Womit das Stichwort für das Plastiktannenbäumchen im Fenster gegenüber gefallen ist: lustig blinken da die Lichtlein, in gelb, rot und grün, in genau festgelegter Abfolge von einer Farbe zur anderen wechselnd und auch ein bißchen durcheinander. Ein hübscher Effekt, wenn man es einmal sieht, und beim zweiten Hinschauen noch nicht uninteressant, aber wenn es über Stunden geht - eine Sequenz dauert ca. 8 Sekunden, das macht 15 Wiederholungen in 2 Minuten, in einer Stunde sind es ... und so weiter. Witzlos.

Was überhaupt los ist, erfuhr ich heute auf den zwei Veranstaltungsseiten unserer Zeitung, und da schrie mir ein Inserat entgegen: 4. Handball Night of Emotion. Wie spricht man das eigentlich aus? Sagt man "Fourth" und "Händboll"? Und um was geht es da eigentlich? Ach, ein Spiel der Regionalliga oder wie das bei den Händbollern heißt, dieses zweitklassige Dings. Nein, das sieht man wirklich nicht gern. Wie überhaupt Hallenhandball. Auch nicht, wenn er in der Stadthalle im AWD-Dome dargeboten wird.

war alles drin. Nachtfröste, Montagmorgen ein paar hingehauchte Schneeflocken, eilig herausgekramter Weihnachtsputz (Lichterketten in die Bäume der Innenstadt geworfen, Sterne an die Geschäftsfassaden geschraubt), zwei Chinesen im Bus ("... ha ha ha ha ..." - "... hallapawalla ... " - "... ha ha ... " - "... hallapawalla ..."), eine Erkältung, ein Sieg in der Championsleague und eine verlorene (dann wiedergefundene!) Mütze.

Doch erst die nächste Woche ist die letzte Woche in dieser Stadt (etc.), die Wolfsburg heißt, es sei nun endlich verraten. Vorhin - schon in Vorfreude auf die dann folgende, normale Zeit mit einem richtigen Zuhause (wie wird das guttun!) - schnell ein Zweiglein an die Wand gehängt, eines auf dem Tisch drapiert, ein bißchen Gehänge aus der Blechdose gezogen - eine Marschtrommel, ein Schneemann, ein Pinguin und ein Püschel - und eine Kerze auf den Tisch gestellt: nun kann der Advent kommen, eine der schönsten Zeiten unter den vielen schönen Zeiten des Jahres. Jeden Morgen werde ich ein Türchen des Adventskalenders öffnen, den ich vor allem deshalb aufhänge, um mich in Erinnerungen zu ergehen an die Festlichkeit, die in den Wintern meiner Kindheit noch mit dem Advent einherging. O du fröhliche, oh du selige ...

Und war es manchmal auch eine Plage, es war doch eine Zeit der Vorfreude, des Bastelns und Musizierens, des Innehaltens und der Ruhe. Bei uns zuhause wurde jedenfalls nicht dem Mammon gehuldigt und keine Liebe mit Geschenken erkauft. Daran liegt es vielleicht, daß mir Advent und Weihnacht nach wie vor lieb und teuer sind und ich den Weihnachtsabend wie jedes Jahr mit Muddi zusammen begehen werde.

hat seinem Namen alle Ehre gemacht. Nicht nur, daß er an der gestrigen Lesung nicht teilnehmen wollte, gleichwohl munter Texte aus seinem blog offerierte, die wir anderen doch vorlesen könnten, nein, damit nicht genug mischte er sich unters Publikum, beglückwünschte uns nach der Lesung zu dem gelungenen Abend, und, als ob das der Frechheiten nicht reichlich wären, schrieb er auch noch eine Besprechung unserer Bild- und Toncollage. Quirinus, alter Spielverderber, dennoch sei dir Dank!

ist nicht neu, sondern gebraucht, dafür konnte ich ihn aber gleich mitnehmen. Denn - aber der Reihe nach. Zunächst suchte ich ein Kaufhaus mit großer Elektronikabteilung auf, irgendein Planet im Namen, komm ich gerade nicht drauf. Dort wurden eben jene Regale, in denen Plattenspieler präsentiert werden sollten, umgebaut. Was nun? Ach, da gibt es doch XXX in meinem Stadtteil, fahre ich da mal eben hin.

"Führen Sie auch Plattenspieler?" - "Im Prinzip ja, aber wir haben keine hier; wir müßten bestellen", sagte der Verkaüfer von "Radio Eriwan" oder so ähnlich, klickte am Computer rum und sagte, daß es in der Filiale derzeit auch keine Geräte gebe. Aber bestellen wäre möglich. Allerdings nur von der Marke Dual, zwischen 199 und 450 Euro. Ah ja, danke, tschüß.

Nochmals in die Innenstadt, da gibts doch bestimmt - und so war es auch. Apple-Computer, Hifi-Anlagen, Televisionsgeräte (in so einem HiTech-Laden sagt man nicht einfach Fernseher) und "haben Sie auch Plattenspieler?" Tatsächlich. In Ramsch, in außen-Traditionsmarke-innen-Tigerstaaten, in teuer für High-End-Kunden. Und in gebraucht für Leute wie mich, die erstens sofort und zweitens in bewährter Qualität ein Gerät kaufen wollen. Und weil das Gerät ein bißchen verschmutzt war, ließ der Verkäufer sogar zwanzig Euro nach - von sich aus!

Zuhause angekommen gleich den Plattenspieler angeschlossen und getestet - funktioniert. Am Abend dann, ich hätte alles Mögliche auflegen können, Schlager, Beat, Pop, Reggae, Jazz, Rock, Punk, Orchestermusik, Folk; was höre ich mir an? Isnimisnibandibasdumottoplatteee. Doch, ist wahr.

in Deutschland und die Finanzwirtschaft ("Finanzdienstleister", haha!) will sich ein ganz eigenes Weihnachtsgeschäft bescheren. Da finde ich heute morgen auf Spiegel online (in Wahrheit ein Insert des Manager Magazins) das "Altersvorsorge-Quiz". Das hat natürlich gar nichts mit versteckter Werbung zu tun, denn so etwas wäre ja unfein. Vermutlich handelt es sich um Infotainment. Und als mich vor zwei Tagen ein junger Versicherungskaufmann telefonisch anzuriestern versuchte, handelte es sich auch nicht um ein Marketinggespräch, denn das ist ja nicht erlaubt. "Wenn Sie Interesse haben, möchte ich mit Ihnen in fünf Minuten durchrechnen, welche Vorteile sie von einer Zusatzversicherung haben." ("Wir wissen ja, uns wird immer wieder etwas weggenommen und wir müssen versuchen, uns das irgendwie zurückzuholen.") Ich hatte aber kein Interesse. Mich interessiert weder eine ausgesprochen magere Rendite noch die Chance, nach langjährigen Einzahlungen wegen einer Pleite gar nichts zu bekommen. Mich interessiert der Sozialstaat und seine Wiederherstellung, die Solidarität der Gesellschaft, die in den Sozialversicherungen zum Ausdruck kommt und die uns nach und nach immer mehr ausgetrieben wird, bis irgendwann nur noch diejenigen sozial abgesichert sein können, die das nötige Geld haben (die Absicherung also auch nicht unbedingt bräuchten) und die übrigen mit Dreck abgespeist werden. Man sollte nicht vergessen, daß Banken und Versicherungen sich auf immer riskantere Spekulationsgeschäfte einlassen, um für die Aktionäre eine noch höhere Rendite zu erwirtschaften. Ist ja nicht deren Risiko, sondern das der Versicherten. Walter Riester übrigens hat heute viele hübsche Beraterpöstchen. Wo? Na, wo wohl (siehe "Veröffentlichungspflichtige Angaben"). - Dank an die Nachdenkseiten, die hiermit wieder einmal empfohlen seien.

Es war am Dienstag, als ich alle Hoffnung auf noch ein paar echte Sommertage fahren ließ und konstatierte: "Jetzt ist Herbst." Donnerstag abend dann richtig durchgeregnet, erst mal heiß geduscht. Freitag abend waren Hemd und Hose noch nicht richtig trocken. Freitag, davon wollte ich erzählen. Ich brauchte noch Gemüse für mein Abendessen und steuerte im Supermarkt zielstrebig die Zucchini an. Davor stand raumgreifend eine füllige Frau, Mitte 50 etwa, nahm sich eine Zucchini, beschaute sie, legte sie zurück, nahm die nächste, die ihr auch nicht gefiel, behielt die dritte in der Hand, beäugte und betastete eine vierte, legte nach einigem Zaudern beide zurück in die Kiste, schaufelte dann einige Teile von links nach rechts, griff sich wieder eine - kurzum, sie war drauf und dran das komplette Zucchinikontingent durchzuforsten. Unterdessen war ich herangepirscht und griff mir schnell eine Zucchini, die sie nach meinem Dafürhalten noch nicht betatscht hatte. Beinahe hätte ich ihr noch vorgeschlagen, statt des Befingerns hineinzubeißen, um sich ein endgültiges Urteil von der Qualität zu machen. Aber dafür war meine Laune weder gut noch schlecht genug.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma